Es ist seine große Vision für den Kurznachrichtendienst X, besser bekannt unter seinem früheren Namen Twitter: Immer wieder betont Besitzer Elon Musk, er wolle aus X die wichtigste und schnellste Quelle für Nachrichten machen, während er gleichzeitig Attacken gegen die klassischen Medien fährt. Sein neuester Streich: X soll demnächst keine Schlagzeilen bei Nachrichtenlinks anzeigen.
Das bestätigte Musk nach anfänglichen Gerüchten. "Das kommt direkt von mir", schrieb er als Antwort auf einen X-Post. Zuerst hatte "Fortune" unter Berufung auf Insiderquellen darüber berichtet. Statt wie bisher sollen Verlinkungen auf Nachrichtenseiten dann nicht mehr eine Vorschau des Artikels mit Bild und Schlagzeile anzeigen. Stattdessen soll die intern als "Karte" bezeichnete Vorschau dann nur noch das Bild zeigen.
Ästhetik statt Nachrichtenwert
Es gehe ihm rein um die "Esthetik", behauptet Musk inklusive Schreibfehler in dem Post. Die würde durch das Weglassen der Schlagzeile deutlich verbessert. Dass der tatsächliche Mehrwert der Karte zerstört wird, dürfte aber kein Zufall sein. Schließlich geht es beim Teilen von Nachrichten eher selten darum, nur das zugehörige Bild zu zeigen. Der Hinweis auf den Nachrichteninhalt fehlt ohne die Schlagzeile komplett. Er muss von den teilenden Nutzern händisch ins weiter vorhandene Textfeld kopiert werden.
Dass es dadurch mühsamer und unattraktiver wird, Nachrichten von externen Quellen zu teilen, scheint Musk dabei mindestens in Kauf zu nehmen. "Er erhofft sich davon eine Abnahme von Clickbait", zitiert "Fortune" seine Quelle im Unternehmen. Einigen Werbekunden sei von der Idee bereits im Vorfeld erzählt worden. "Sie mochten es nicht. Aber es wird kommen", so die Quelle.
Es ist nicht die erste Maßnahme, mit der sich Musk gegen die klassischen Medien stellt. Im Frühjahr ersetzte er das Verifikations-System durch ein Abomodell, strafte reihenweise Medienunternehmen ab, die nicht für die teure Firmenverifikation zahlen wollten (Hier erfahren Sie mehr). Statt einer Presseabteilung zu beschäftigen, erhalten an die Presseadresse Mails als Antwort nur noch das Kothaufen-Emoji.
Elon Musk: Seine Firmen, seine Familie – der reichste Mensch der Welt in Bildern

Alte Begrenzung
Die Idee der Karten geht noch auf die alte Zeichenbeschränkung des Dienstes zurück. Jahrelang erlaubte Twitter nur Posts mit 140 Zeichen. Dass die Schlagzeilen mit Einführung der Newskacheln nicht mehr dazu zählten, war für Medien ein Segen. Trotzdem muss man sich kurz halten: Weil auf der Kachel wenig Platz ist, würde sie reißerischen Zeilen Vorschub leisten, argumentierten Kritiker schon länger.
Musk dürfte es aber auch um etwas anderes gehen: Statt auf Links klicken und dann X zu verlassen zu müssen, sollen die Nutzer die Artikel am besten direkt auf dem Dienst lesen. Dazu hatte er die Begrenzung der Textlänge für Abonnenten seines Premium-Angebotes auf bis zu 25.000 Zeichen angehoben.
Offenes Abwerben
In einem weiteren Post buhlte er auch entsprechend ganz offen um Journalisten. ""Wenn du als Journalist freier arbeiten und mehr verdienen willst, solltest du direkt auf dieser Plattform veröffentlichen", warb er in einem Tweet. Tatsächlich teilt X seit einigen Wochen die Werbegewinne auch mit Nutzern, solange diese genug Abrufe erreichen – und als Abonnenten selbst für das Premium-Angebot zahlen.
Realistisch dürfte das allerdings höchstens für englischsprachige Journalisten interessant sein und auch dann nur für einige wenige: X zahlt erst nach Millionen von Abrufen, die sich mit Nachrichten nur im Ausnahmefall erreichen lassen. Und: Während der Aufwand bei langen Texten erheblich steigt, wäre es aus Einnahmesicht deutlich rentabler, viele kurze Tweets abzusetzen, die dafür aber schneller verbreitet würden. Ein Anreiz gegen Clickbait wäre es also sicher nicht.
Quellen: Elon Musk, Fortune