Entgegen der landläufigen Meinung bin ich fest davon überzeugt, dass die Franzosen keine schlechten Autos bauen. Ach was, ich weiß es. Vor Jahren fuhr ich einen Ami 8, eine Art R4 von Citroen, nur noch »eigenwilliger«. Deshalb gefiel er mir wohl auch. So, wie er da stand auf dem Autohof, in der hintersten Ecke, mit Moos auf den Fenstern. Weil Golf-Fahrer Musik von Bon Jovi und Tina Turner hören, Versicherungskaufmann sind und ihre Tochter Jennifer nennen, konnte es sowieso kein VW sein. Also eben ein Ami 8. Wahrscheinlich sogar »der« Ami 8, weil er mutmaßlich der Einzige war, der den Weg aus Frankreich hierher gefunden hatte.
Statt Schlagzeug und E-Gitarre: 20.000 Bands
Was soll ich sagen - wir blieben lange Freunde. Und wären es wohl noch etwas länger gewesen, wenn ich ihm nicht bei einem blödsinnigen Überholmanöver beide Achsen gebrochen hätte. Die Reparatur wäre teurer gekommen als der Anschaffungspreis. Adieu, mon ami. Bei welchem Auto konnte man schon alle Sitze ausbauen und trotzdem fahren? In den Kofferraum passte zudem ein komplettes Schlagzeug und zwei E-Gitarren plus Verstärker.
Heutzutage spielen Musiker am Computer, können kein A-Dur von D-Moll unterscheiden, machen dafür aber dufte Sounds. Ähnlich sieht es bei manchem Autohersteller online aus. Bei Renault beispielsweise, die den möglicherweise gar nicht so üblen Scenic bauen, einen dieser Mini-Vans, in die man mehrere Zentner Festplatten mit Loops, Layern und Digi-Riffs packen kann, was umgerechnet etwa 20.000 Bands entspricht.
Außen top, innen Flop
Mit dem »Konfigurator« lässt sich die Wunschausstattung schnell zusammenstellen. »Modell, Version, Optionen, Farben« - das geht flugs und ganz ohne das penetrante Juckeln am Beinchen, das läufige Autoverkäufer für gewöhnlich an den Tag legen. Klar, PS soll der Wagen haben. Diesel muss nicht sein, dafür aber tintenblau der Lack. Bei der Innenausstattung gibt es allerdings nicht zu konfigurieren. Zu tintenblau passt nur grau, sagt der »Konfigurator« und bietet grau an. Gut, dann eben grau. Zubehör ist o.k., davon darf es einiges sein. Aber die Leichtmetallfelgen kann Renault behalten. Änderung bestätigen. Alles futsch.
Der »Konfigurator« zeigt nicht den tintenblauen Wunschwagen, sondern das Ausgangsmodell - in definitiv unerträglichem metallic-olivgrün. Was noch schlimmer ist: kein Zubehör mehr. Alles weg. Nicht einmal mehr »Intelligente Scheibenwischer vorne und hinten mit zwei Stufen und Intervallschaltung vorne«. Und das passiert auch beim zweiten Versuch. Leichtmetallfelgen raus, Rest ebenso. Tröstlich immerhin, dass ein Wagen ohne alles auch nichts kostet. Die seltsame Farbe berechnet Renault nicht. Wegen des schlechten Gewissens vermutlich.
Thomas Hirschbiegel