Niger Nomaden bitten per E-Mail um Hilfe

Die Nomaden im Niger leben wie in einem anderen Jahrhundert. Ohne festen Wohnsitz, ohne moderne Kommunikationsmittel. Doch seit die Hungernot ihr Leben bedroht, wagen sie sich an das Internet.

Die Nomaden vom Volk der Tuareg oder Fulani im Nordosten von Niger leben wie in einem anderen Jahrhundert. Sie ziehen wie ihre Vorfahren durch die weite Landschaft, um Futter für ihre Herden zu finden. Aber als die Hungersnot in Niger auch sie erreichte, wussten sie sehr wohl, wie man heutzutage um Hilfe ruft: Sie schickten eine E-Mail. Und das Geld der Spender tauschten sie gegen Futter, um ihre Tiere und Familien zu ernähren.

"Wir wussten, dass wie die Welt mit E-Mail erreichen können", sagt Amadou Doutchi, ein Fulani-Führer und Vorsitzender eines Rates der Herdenbesitzer in der Region Dakoro. Dabei haben die meisten Nomaden noch nie einen Computer gesehen, was aber auch nicht verwunderlich ist in einem armen Land wie Niger, in dem nur 17 Prozent der Erwachsenen lesen können.

Doutchi brachte alles mit

Aber Doutchi kennt sich mit Computern aus und gemeinsam mit anderen Mitglieder des Rates wandte er sich mit der Idee der E-Mail an die Provinzregierung. Er besaß auch schon einen Freemail-Account und brachte gleich eine Liste von Regierungen und Hilfsorganisationen mit zu dem Treffen. "Bitte helft!" schrieb Doutchi. "Hier im Nordosten von Niger droht eine Katastrophe unter den Nomaden, und wenn nicht etwas getan wird, dann kommt es zum Schlimmsten."

Der Hunger war schon immer ein Problem in Niger. Aber eine Heuschreckenplage und eine Trockenheit habe die Lage noch schlimmer als sonst gemacht. Fast ein Drittel der 11,3 Millionen Menschen in Niger sind bedroht, darunter viele Kinder. Die Krise traf die Nomaden an ihrer verwundbarsten Stelle, allein 3.000 Tiere starben im Juni. "Einige Hirten, die 30 oder 50 Tiere hatten, wachten ohne ein einziges auf", sagt Doutchi. Einige seien so verzweifelt gewesen, dass sie Selbstmord begangen hätten.

Nach einer Woche waren Antworten da

Doutchi fuhr Mitte Juni nach Maradi, um die E-Mail abzuschicken. Als er seinen E-Mail-Eingang eine Woche später wieder kontrollierte, fand er dort einige Anfragen von Hilfsorganisationen, die Näheres wissen wollten. Doutchi sagt, eine Spende von 125.000 Dollar der kanadischen Regierung sei auf seine E-Mail zurückzuführen. Dafür gibt es zwar keine offizielle Bestätigung, aber die Nomaden kauften davon 200 Tonnen Hirse und 100 Tonnen Viehfutter. Doutchis Organisation, die rund 55.000 Nomaden der Tuareg und Fulani vertritt, erhielt zudem rund 100 Tonnen vom Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen.

Die Krise trifft die Nomaden im Mark. "Natürlich sind wir froh über die Hilfe, aber wir verkaufen auch unsere Würde", sagt Doutchi. "Wir Fulani haben uns noch nie auf andere verlassen, nur auf Mutter Natur." Etliche Nomaden denken deshalb darüber nach, ihr Leben grundlegend zu verändern und die bisherige Lebensweise aufzugeben.

AP
Nafi Diouf/AP

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