Nach dem Putsch Afrikanische Staatengemeinschaft erwägt Militäreinsatz im Niger – Junta ernennen neuen Chef der Streitkräfte

Niger Demonstration
Anhänger der Junta im Niger demonstrieren für die Freiheit des Landes und gegen ausländische Einmischung
© Sam Mednick / AP / DPA
Noch einen Tag, dann läuft das Ultimatum der westafrikanischen Staatengemeinschaft an den Niger aus. Eine gewaltsame Auseinandersetzung droht. Im Niger bereiten sich die Putschiten bereits vor.

Nach dem Militärputsch im Niger blieb die Lage in der Nacht zum Samstag weiter angespannt. Die Militärchefs der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas wollen nach Angaben des französischen Senders RFI mit einer militärischen Intervention auf den Putsch im Niger reagieren. Dafür haben die Staaten bereits einen Plan entworfen.

Die Empfehlung enthalte "alle Elemente einer möglichen Intervention, einschließlich der benötigten Ressourcen, aber auch wie und wann wir die Truppe einsetzen werden", wurde Ecowas-Kommissar für politische Angelegenheiten, Frieden und Sicherheit, Abdel-Fatau Musah, am Ende eines dreitägigen Treffens der Militärchefs in Nigerias Hauptstadt Abuja zitiert. Die Ecowas-Staatschefs wollen anhand der Empfehlung über ihr weiteres Vorgehen im Niger entscheiden.

Wenige Stunden zuvor hatte Nigerias Präsident, Bola Tinubu, Medienberichten zufolge den Senat seines Landes um Zustimmung für ein militärisches Eingreifen im Niger gebeten. Tinubu, der auch der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas vorsitzt, habe für "die militärische Aufrüstung und den Einsatz von Personal für militärische Interventionen" plädiert, sollten sich die neuen Machthaber im Niger nicht auf Verhandlungen einlassen, hieß es.

Nigers Junta hat unterdessen eine wichtige Positionen bei den Streitkräften neu besetzt. Wie der Sprecher der Militärmachthaber am Freitagabend im Fernsehen mitteilte, wird Putschgeneral Moussa Salao Barmou neuer Stabschef der Streitkräfte. Zuvor war Barmou Chef der Spezialeinsatzkräfte und führender Kopf hinter dem Putsch in dem westafrikanischen Land vor gut einer Woche. Neben Barmou seien auch weitere wichtige Positionen im Heer und der Luftwaffe mit Getreuen der Putschisten besetzt worden, hieß es in der Mitteilung weiter.

Ecowas griff schon mehrfach militärisch ein – mit einem Unterschied

Nach dem Staatsstreich im Niger, bei dem der demokratisch gewählte Präsident Mohamed Bazoum von Offizieren der Präsidentengarde gestürzt wurde, hatte die westafrikanische Staatengemeinschaft Ecowas am vergangenen Sonntag die Freilassung von Präsident Bazoum gefordert. Sollte das Land nicht innerhalb einer Woche zur verfassungsmäßigen Ordnung zurückkehren, werde Ecowas Maßnahmen ergreifen, die auch Gewalt einschließen könnten, hieß es.

Es wäre nicht das erste Mal. In den 90er Jahren intervenierten die Ecowas beispielsweise in Bürgerkriegen in Liberia, Sierra Leone und Guinea-Bissau. Auch als die Elfenbeinküste 2002 durch einen Militärputsch destabilisiert wurde, stellte die Ecowas eine Eingreiftruppe zusammen. Militärische Ecowas-Operationen erfolgten bislang jedoch immer auf Einladung der betroffenen Regierung. Ein Militäreinsatz im Niger wäre die erste Operation, die von der Staatengemeinschaft gegen den Willen einer Regierung – oder in diesem Fall der neuen Militärmachthaber – entschieden würde.

Im Niger hatten Offiziere der Präsidialgarde am 26. Juli den demokratisch gewählten Bazoum für entmachtet erklärt. Der Kommandeur der Eliteeinheit, General Abdourahamane Tiani, ernannte sich im Anschluss zum neuen Machthaber. Kurz nach Tianis Machtübernahme setzten die Putschisten die Verfassung außer Kraft und lösten alle verfassungsmäßigen Institutionen auf.

Am Donnerstag hatte eine Ecowas-Vermittlermission laut Medienberichten bereits ohne ein Treffen mit Tiani aus Nigers Hauptstadt Niamey abreisen müssen.

Das Auswärtige Amt ging am Freitag davon aus, dass alle ausreisewilligen Deutschen die Möglichkeit hatten, das westafrikanische Land zu verlassen. Demnach hätten 60 Staatsbürger die vor allem von Frankreich angebotenen Evakuierungsflüge genutzt. Gleichzeitig kündigten die Machthaber im Niger ein Ende der Militärkooperation mit der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich an. Diese hat mehr als 1000 Soldaten im Niger stationiert. Die Kooperation solle binnen eines Monats enden, hieß es in einer Erklärung der Junta im nationalen Fernsehen.

DPA
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