Einst galt Twitter als Mekka für Arbeitnehmer. Tolle Büros, Top-Kantine, gute Gehälter und ein – so schreiben es viele Ehemalige – wirklich angenehmes Arbeitsklima. Dann kam Elon Musk. Nachdem der US-Milliardär 44 Milliarden US-Dollar auf den Tisch legte, übernahm er gewaltsam das Steuer. Seitdem herrscht Chaos und Entsetzen – nicht nur innerhalb der verbliebenden Belegschaft.
Seine ersten Schritte als neuer Eigner sind bekannt: Massenentlassungen, Verkauf von großen Teilen des Inventars und rechtlich bedenkliche Sparmaßnahmen, etwa die Verweigerung von Abfindungszahlungen und Reisekosten.
Twitter droht der Rausschmiss
Wie die "New York Times" nun berichtet, wirtschaftet Musk sein Unternehmen immer mehr in den Abgrund. Das beginnt bei der technischen Ausstattung seines sozialen Netzwerks. Am Weihnachtsabend soll er Mitarbeitende angewiesen haben, nach Sacramento zu fliegen, um dort zahlreichen Servern buchstäblich den Stecker zu ziehen. Wie durch ein Wunder hielten sich die Folgen für die Erreichbarkeit der Seite in Grenzen. Der Grund für die Aktion: Server kosten viel Geld – und je weniger man braucht, desto billiger wird's.
Intern sorgte die Abschaltung für deutlich mehr Chaos, denn natürlich hatten die Rechner eine Funktion. So sollen interne Tools, beispielsweise das Melde-System für illegale Inhalte, nicht erreichbar gewesen sein. Außerdem habe man Twitter rund 30 Prozent der Gesamtrechenleistung beraubt, was sich in Zeiten großen Ansturms rächen könnte, sagten Betroffene.
Doch Musk beweist sich nicht nur als vermeintliches Talent in puncto Reduzierung laufender Kosten – er blockiert auch zunehmend Zahlungen für Dinge, die eigentlich nicht mehr verhandelbar sind. So soll er die Zahlung von Mieten gestoppt und Mitarbeiter beauftragt haben, die Vertragskonditionen unter Zurückhaltung von Geldern neu zu verhandeln – oder die Geschäftsbeziehungen zu kappen.
Davon betroffen seien laut "New York Times" Zahlungen an Firmen die Deloitte und KPMG gewesen, aber auch Mieten für das Twitter-Büro in Seattle oder San Francisco. In Seattle, so der Bericht, stehe Twitter kurz vor der Räumung – offenbar gewollt. Musk habe Mitarbeiter an diesem Standort angewiesen, zunächst im Home Office weiterzuarbeiten, schreibt Journalistin Zoë Schiffer.
Der Lack ist ab
Dort, wo Twitter-Angestellte noch ins Büro müssen – eigentlich hasst Elon Musk die Arbeit von Zuhause – wird es zunehmend ungemütlicher. Vom Glanz des Unternehmens ist nicht mehr viel übrig, denn die Sparmaßnahmen sehen nicht vor, dass sich irgendwer dort noch wohlfühlt.
So habe Musk veranlasst, dass Hausmeister- und Sicherheitsdienste nicht länger verfügbar sind. Außerdem beorderte er die übrigen Mitarbeiter auf eine kleine Auswahl an Stockwerken und schloss die freigewordenen Räumlichkeiten. Die Maßnahmen sorgten inzwischen für Zustände, die man sonst nur aus miefigen Studenten-WGs kennt, heißt es.
Die "New York Times" schreibt, Twitter-Büros würden inzwischen nach Essensresten und Schweißgeruch müffeln. Aufgrund fehlender Reinigungskräfte würden viele Mitarbeiter ihr eigenes Toilettenpapier mitbringen, wobei ein Gang aufs stille Örtchen von Tag zu Tag mehr Überwindung koste, heißt es.
Elon Musk büßt Platz 1 ein: Das sind die reichsten Menschen der Welt

Twitter wirkt wie eine Art "Jenga"-Turm: Musk entfernt immer mehr Bausteine und scheint sich sicher, dass sein Gebilde weiterhin stehenbleibt. Was aber, wenn andere Mitspieler auch anfangen, an empfindlichen Stellen zu rütteln? Die ersten Klagen gegen Twitter laufen bereits, auch ehemalige Mitarbeiter aus Deutschland kämpfen gegen unrechtmäßige Entlassungen.
Wenn zu diesen zahllosen Auseinandersetzungen nun noch eine Gruppe Gläubiger hinzukommt, die mit Nachdruck ausstehende Mieten, Rechnungen und Honorare einfordert, könnte das durch Sparmaßnahmen geschwächte Unternehmen zusammenbrechen. Zumal Twitters Rechtsabteilung quasi auch nicht mehr existiert (hier erfahren Sie mehr).