"RoboCup 2005" Wer braucht schon Füße beim Fußball?

Ob die deutsche Fußball-Nationalmannschaft fit ist für die WM 2006, wird noch heiß diskutiert. Fest steht: Im Roboterfußball ist Deutschland ganz weit vorne - wie die aktuelle WM in Japan wieder gezeigt hat.

Berlins beste Fußballer spielen nicht bei Hertha BSC, sondern bei den FU-Fighters. Zumindest im Roboterfußball gehört das Team aus der Bundeshauptstadt seit Jahren zu den Topmannschaften, und auch in diesem Jahr konnten die mechanischen Kicker beim "RoboCup 2005" im japanischen Osaka punkten: einmal Weltmeister, einmal Vize - das ist die Bilanz des Teams von der Freien Universität Berlin.

Die WM-Titelverteidigung gelang den Berlinern in der "Small Size League" (mehr zu den Ligen im Kasten). Der 4:0-Sieg im Finale gegen "Big Red" von Cornell University aus den USA war eine klare Sache für die kleinen wuseligen Roboter von der Spree.

In der Königsklasse, der "Middle Size League", hatten es die FU-Fighters ebenfalls ins Finale geschafft. Trotz starker Abwehrleistung mussten sie sich am Ende dem amtierenden Weltmeister Eigen von der japanischen Keio Universität mit 2:3 geschlagen geben.

Die einzelnen Ligen

Middle Size League

Die Spieler dieser Klasse erfassen mit ihren Sensoren und Kameras Informationen und treffen auf dieser Grundlage eigenständig Entscheidungen. Jeweils vier Spieler stehen sich auf einem mindestens acht mal zwölf Meter großen Spielfeld gegenüber.

Small Size League

Hier stehen sich vier Spieler pro Mannschaft auf einem Feld von 4 x 2,5 Meter gegenüber. Die Roboter können die Bilder einer Videokamera auswerten, die in 4 Meter Höhe über dem Spielfeld angebracht ist.

Soccer Simulation League

In der Simulation League treten elf so genannte Agentenprogramme pro Mannschaft auf dem von einem "Soccer Server" simulierten Spielfeld an. Dabei können sich die virtuellen Spieler ganz auf Strategie und Kooperation konzentrieren. Es werden Wettbewerbe in der 2D- und der 3D-Liga ausgetragen.

Rescue Simulation League

In dieser Liga müssen in einem simulierten Katastrophenszenario, z.B. einer Erdbebensituation in einer Großstadt, Einsätze von Rettungskräften in Echtzeit geplant und koordiniert, um möglichst effektiv verletzte Opfer zu bergen, blockierte Straßen zu räumen und die Ausbreitung von Bränden zu verhindern.

Sony Legged Robot League

In dieser Liga kämpfen vierbeinige Roboter - die Roboterhunde Aibo von Sony - seit 1999 mit vier Spielern pro Mannschaft.

RoboCup Rescue

Ferngelenkte Roboter suchen bei diesem Wettbewerb nach Opfern in einer zerstörten Büroumgebung. Die Aufgabenstellungen sind die Suche nach Opfern und die Erstellung einer Karte, nach der die Opfer geborgen werden können.

Junior League

Aus handelsüblichen Baukästen, z. B. LegoMindstorms, bauen Kinder und Schüler Roboter und können somit ihr technisches und taktisches Know How unter Beweis stellen. Bei diesem Wettbewerb müssen von den Robotern verschiedene Aufgaben gelöst werden.
(Quelle: RoboCup German Open)

Deutschland ist eine starke Roboter-Fußballnation, neben den Berlinern spielten weitere deutsche Mannschaften erfolgreich in Osaka mit.

Titel für die Hirnstürmer

So gelang den Brainstormers von der Universität Osnabrück ebenfalls der Gewinn eines ersten und eines zweiten Platzes. In der "Soccer Simulation League" treten keine physisch vorhandenen Roboter an, sondern es spielen Softwareprogramme gegeneinander. Im Wettbewerb der zweidimensional simulierten Spiele gelang den Osnabrückern der Finalsieg mit 3:0 gegen die chinesische Mannschaft Wright Eagle. Bei der 3D-Simulation setzte es im Finale gegen Aria von der Technischen Uni Amirkabir im Iran ein deutliches 0:4.

Bei den Fußball spielenden Roboterhunden gelang dem GermanTeam aus Berlin die Titelverteidigung in der "Four-Legged League" nach einem spannenden Finale - mit "Elfmeter"-Schießen! - gegen die NUbots aus Newcastle in Australien.

Rein äußerlich den echten Bundesliga-Kickern am nächsten kommen die Spieler in der "Humanoid League": Die zweibeinigen Blechmänner des NimbRo aus Freiburg kickten sich bis ins Finale, wo das Team Osaka aus Japana die Deutschen mit 2:1 stoppte.

Mehr als nur Fußball

Neben Fußball umfassen die RoboCup-Wettbewerbe inzwischen auch weitere Kategorien wie zum Beispiel die "Rescue Robot League", in der Roboter in fiktiven Katastrophenszenarios Rettungseinsätze absolvieren müssen. Hier gab es für Deutsche Teams keine Titel, aber einige Sonderpreise.

Übrigens, wer keine WM-Tickets für 2006 bekommen hat, kann sich hier vielleicht trösten: Die RoboCup-Weltmeisterschaften im kommenden Jahr finden in Bremen (14. bis 20. Juni 2006) statt. Dann feiert die Veranstaltung auch ihr zehnjähriges Jubiläum, an dem sicher nicht nur mechanische Menschen viel Spaß haben werden.

Ralf Sander

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