Flachfernseher Die flache Versuchung

Die Preise für platzsparende Flachfernseher sind niedrig wie nie. Manche Schnäppchen nerven allerdings mit lästigen Bildfehlern. Doch die lassen sich schon vor dem Kauf im Laden erkennen. Der stern gibt Tipps für den Test.

Bauern kennen ihn, Volkswirte sowieso. Und jetzt auch Fernseher-hersteller: den Schweinezyklus. Sind Borstenvieh - oder Flachfernseher - knapp und begehrt, züchtet oder produziert man mehr. Das höhere Angebot drückt dann aber die Preise. Und genau das passiert jetzt bei den schicken Flach-TVs mit Plasma- oder LCD-Technologie. Allein in diesem Jahr sind die Preise für die vorherrschenden LCD-Modelle mal eben um 30 Prozent gesunken - die Hersteller hatten den Bedarf überschätzt und emsig eine Fabrik nach der anderen in Fernost aus dem Boden gestampft.

Glossar

- DVI Standard-Verbindungskabel für die digitale, also verlustfreie Weitergabe von Bildsignalen zwischen einem DVD-Player und einem Flachbildschirm (Digital Visual Interface)
- HDCP Diese auf Druck Hollywoods eingeführte Verschlüsselung (High Bandwidth Digital Content Protection) sollte ein Flach-TV beherrschen, um alle DVDs per digitale Verbindung problemlos abspielen zu können
- HDMI Dieser digitale Verbindungsstandard (High Definition Multimedia Interface) soll künftig den klobigen, analogen Scart-Stecker ablösen
- Pixel Kunstwort aus dem englischen Begriff Picture Elements, auf Deutsch: Bildpunkte
- Progressive Darstellung Oft auch "Progressive Scan" genannt. Technik, bei der das Bildflimmern entlang waagerechter Linien oder Muster eliminiert wird. Bilder von der DVD wirken so schärfer und ruhiger
- YUV-Komponenten Optimale analoge Verbindung zwischen Fernseher und DVD-Player mit drei Cinch-Kabeln, bei der die Bildqualität kaum leidet

Schön für die Käufer: Kompakt-Bildschirme für Schlafzimmer oder Küche gibt es schon für etwa 500 Euro, selbst der heimkinotaugliche Schirm mit mehr als einem Meter Diagonale wird ab 1700 Euro angeboten. Angesichts der sinkenden Preise rechnen Marktforscher für dieses Jahr mit insgesamt rund 475 000 verkauften LC-TVs - 170 Prozent mehr als im Vorjahr. Bei den großformatigen und teureren Plasmaschirmen soll die Zahl der verkauften Modelle von 36 000 im Vorjahr auf jetzt 76 000 Exemplare steigen.

Also auf zum nächsten Schnäppchenmarkt und zuschlagen? Nicht so eilig! Denn nur ausgeschaltet sehen sich alle Dünn-TVs ähnlich. Im Betrieb zeigen sich Schwächen bei etlichen der billigeren Fernsehflundern.

Darauf sollten Sie beim Kauf achten:
- Ausreichend Bildpunkte: Viele Billigmodelle bringen für das in Europa übliche Fernsehen zu wenig Bildpunkte ("Pixel") mit. Für Bilder im klassischen 4:3-Seitenverhältnis sind 768 mal 576 Pixel nötig, fürs Kinoformat 16:9 gar 1024 mal 576. Hat ein Flachschirm weniger Pixel (gängig bei Billigmodellen: 640 mal 480 oder 854 mal 480 für 16:9), unterschlägt er zwangsläufig Bilddetails. Auf der Küchen-Glotze mag dies nicht allzusehr stören, das große Fernsehgerät im Wohnzimmer sollte indessen die volle Qualität liefern.

- Flüssige Bewegungsdarstellung: Qualitativ weniger hochwertige Plasma- wie LCD-Schirme können aus technischen Gründen schnelle Bewegungen nur unscharf und verwischt darstellen - Sport ist für sie Mord. Betroffen von dieser Schwäche sind vor allem LCD-Billigangebote. Aber auch manches - ehemals teure - Modell der älteren Plasma-Flachschirmgeneration zeigt hier Schwächen.

- Guter Kontrast: Nur wenige LCD-Geräte stellen dunkle Bildpartien perfekt dar: Was schwarz sein soll, ist oft milchig-grau. Weiteres Problem: Auf LCD-Schirmen ändern sich Farb- und Kontrastwirkung abhängig vom Betrachtungswinkel. Auch in diesem Punkt schwächeln Billigmodelle eher als Markengeräte: Nur wer direkt vor dem TV sitzt, hat ein gutes Bild. Plasmaschirme könnten wegen ihrer anderen Funktionsweise theoretisch ein sattes Schwarz zeigen. Manche tun aber genau dies nicht: Restposten und Billigangebote nerven oft mit seichten Kontrasten, wuselnder Unruhe in dunklen Feldern oder gar Fehlfarben.

- Gute Bedienung und Verbindungen: Billigangebote bringen oft schlecht lesbare und spartanische Bildschirmmenüs mit; die Fernbedienungen sind unübersichtlich gegliedert. Eine praxisgerechte Ausstattung ist ebenso wichtig. Noch immer offerieren nur Nobelanbieter wie etwa Loewe Flach-TVs, die sich nachträglich mit einem Digital-TV-Empfänger bestücken lassen. Anschlüsse kann ein TV-Gerät nicht genug haben: Wenigstens zwei Scartbuchsen für Videorecorder oder DVD-Spieler sind Pflicht, je ein analoger YUV-Eingang (tauglich für progressive Bilder) sowie ein DVI- oder HDMI-Eingang sind wünschenswert.

Wer seinen Flachschirm wirklich wie ein Bild an die Wand hängen will, sollte sich für Geräte mit einer ausgelagerten Anschlussbox entscheiden (etwa von Pioneer oder Sony): Dann führt nur ein festes Kabel zum Bildschirm. Zusatzgeräte lassen sich jederzeit mit der externen Kiste verbinden. Schraubt man hingegen einen Flachbildschirm an die Wand, der die Kontakte kaum erreichbar an der Unterseite trägt, könnte es zu grotesken Szenen im Wohnzimmer kommen, wenn etwa der Camcorder angeschlossen werden soll.

Wer sich in der oberen Preisklasse (ab 3000 Euro) umschaut, sollte zudem darauf achten, dass der Fernseher den kommenden HDTV-Standard (siehe Seite 165) unterstützt.

Was also tun?

Trotz Kinderkrankheiten und kommender Preissenkung jetzt kaufen oder abwarten? Wenn das von Ihnen ins Herz geschlossene Modell den Sehtest besteht, die angeführten Bedingungen erfüllt und der Preis stimmt, kann man schon jetzt zugreifen. Wer sich aber geduldet, hat den technischen Fortschritt auf seiner Seite - und den Schweinezyklus.

Denn gerade LCD-Modelle dürften mit neuartigen Hintergrundbeleuchtungen künftig noch deutlich farbtreuer und kontraststärker werden als aktuelle Modelle. Das in zahlreichen Regionen ausgestrahlte digitale Antennen-TV, aber auch Digitalprogramme aus dem Kabel oder vom Satellit kommen dann besser zur Geltung.

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Karl-Gerhard Haas

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