Der Klimawandel hängt unmittelbar mit der Industrialisierung zusammen. Die zentrale Idee, ihn zumindest einzudämmen, ist es, den Verbrauch von fossilen Brennstoffen extrem zu verringern. Hinzu kommen noch andere Ansätze: Etwa CO2 aus der Atmosphäre zu holen und abzuspeichern – sei es durch technische Anlagen wie den CO2-Staubsauger von Climeworks oder ganz klassisch durch Aufforstung. Dazu gibt es seit Langem Ideen, durch den Einsatz von mehr Technik direkt ins Klima einzugreifen. Dazu zählt etwa der Plan, die kalten Eismeere mit Mineralien zu düngen, damit sich dort mehr Biomasse bildet. Oder die Vorstellungen, durch spezielle Roboterschiffe eine höhere Wolkendichte zu erzeugen, die dann die Sonnenstrahlen reflektieren.
Notbremse, wenn Reduktion nicht reicht
Die National Academies of Sciences (NAS) der USA fordern nun, dass ein 100-Millionen-Dollar-Forschungsprogramm zum solaren Geoengineering aufgelegt wird. Die NAS sind der Meinung, dass die Reduzierung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe die zentrale Maßnahme im Kampf gegen den Klimawandel sei. Die Wissenschaftler fragen aber auch: Was passiert, wenn die Reduktion nicht ausreicht? Etwa weil sich schon zu viel CO2 in der Atmosphäre befindet.
Geoengineering in diesem Maßstab gilt als riskant, da es kaum möglich ist, abzuschätzen, was alles passieren kann, wenn der Mensch das globale Klima absichtlich verändert. Auch ist es unklar, ob solche Maßnahmen überhaupt wieder rückgängig gemacht werden können. Der Akademie geht es um Grundlagenforschung. Experimente im Freien sollten nur dann erlaubt sein, wenn sie Wissen liefern, das nicht auf anderem Wege erlangt werden kann. Das Programm solle forschen und "sollte nicht darauf ausgelegt sein, den zukünftigen Einsatz dieser Interventionen voranzutreiben".
"Angesichts der Dringlichkeit der Klimakrise muss Solar-Geoengineering weiter untersucht werden", so Professor Marcia McNutt, die Präsidentin der Akademie. "Aber genau wie bei Fortschritten in Bereichen wie künstliche Intelligenz oder Gen-Editierung, muss die Wissenschaft die Öffentlichkeit einbeziehen, um nicht nur zu fragen, ob wir es können, sondern ob wir es sollen."
Manipulationen der Wolkenschicht
In dem Bericht werden drei Arten von Solar-Geoengineering erwähnt, die die Erwärmung bremsen sollen. Alle zielen darauf ab, dass weniger Sonnenenergie den Boden erreicht. Eine Methode wäre eine Glitterwolke, die sich um die Atmosphäre legt. Dann würden winzige reflektierende Partikel in die Stratosphäre geblasen werden, die dort oben einen Teil des Sonnenlichtes wieder in das Weltall reflektieren würden. Oder man könnte tiefer liegende Wolken "weißer" machen, sodass sie weniger Licht durchlassen. Oder die Bildung von Zirruswolken in großer Höhe hemmen, sodass mehr Energie von der Erde abgestrahlt wird.
Das Problem dieser Methoden ist, dass niemand genau sagen kann, welche Nebenwirkungen diese Eingriffe hätten. Denn hier wird, anders als bei Entzug von CO2, nicht ein Zustand erzeugt, wie er vor 100 Jahren geherrscht hat. Sondern die Bedingungen in der Atmosphäre werden künstlich neu justiert. So könnten Veränderungen der Wolkenbildung Auswirkungen auf Luftströme und Regenfälle haben.
"Das US-Forschungsprogramm zum Solar-Geoengineering sollte vor allem dazu dienen, der Gesellschaft zu helfen, fundiertere Entscheidungen zu treffen", beruhigt Professor Chris Field von der Stanford University. Im Vergleich zu anderen Investitionen im Kampf gegen den Klimawandel sind die Kosten von 100 bis 200 Millionen Dollar über fünf Jahre eher gering. Bill Gates unterstützt bereits ein Projekt der Harvard University. Das Stratospheric Controlled Perturbation Experiment (SCoPEx), das in diesem Jahr einen experimentellen Ballon über Schweden testen will.
Quelle: NAS, Sciencemag
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