Es wird viel über schwere Waffen gesprochen, mit denen die Bundesrepublik der Ukraine helfen könnte. Sogar eine Reaktivierung des Leopard I ist in der Diskussion. Neben dem ergrauten Kampfpanzer wurde auch über den ebenfalls betagten Schützenpanzer Marder gesprochen. Weniger im Fokus sind die neuen Schützenpanzer. Das eine wäre die Industrieentwicklung Lynx, das andere der Radpanzer Boxer. Er gilt als eines der gelungensten Konzepte der letzten Jahrzehnte.
Achträdriger Radpanzer
Im Aussehen erinnert der Boxer entfernt an die Radpanzer des Zweiten Weltkrieges, wie den Puma (Panzerspähwagen Sd.Kfz. 234). Mit einem Leergewicht von 25 Tonnen ist der Radpanzer sehr viel leichter als kettenbetriebene Schützenpanzer und erst recht als die schweren Kampfpanzer. Für einen Radpanzer ist der Boxer allerdings relativ schwer. Dazu bietet das Fahrzeug eine enorme Nutzlast von über 10 Tonnen.
Radpanzer gab es schon immer. Die Streitkräfte der Warschauer-Pakt-Staaten hatten gepanzerte Fahrzeuge mit Rädern im Dienst und nach dem Ende des Kalten Krieges war der Boxer nicht die einzige Neuentwicklung. Doch revolutionär an ihm ist die Trennung von einem Fahrmodul und einem separaten Missionsmodul. Bei dem Fahrzeug kann man die Aufbauten austauschen. Diese Trennung ermöglicht es, gänzlich unterschiedliche Aufbauten für das Fahrgestell zu entwickeln. Das Modul-Konzept des Boxers geht wesentlich weiter als die russische Entwicklung der Armata-Plattform, die als Basis für verschiedenen schwere Kampfwagen dient.
Offiziell wird der Boxer als "gepanzertes Transport-Kraftfahrzeug" geführt. Je nach Aufbau kann er als Truppentransporter (APC Armored Personal Carrier) oder Schützenpanzer (IFV Infantery Fighting Vehicle) ausgelegt werden.
Hoher Schutz bei geringem Gewicht
Der britische Militärexperte Nicholas Drummond sagte im Gespräch mit dem stern: "2011 kam der Boxer nach Afghanistan, wo er eine beeindruckende Leistung zeigte." Der ehemalige Kommandant einer Panzereinheit führte aus: "Kein deutscher Soldat wurde in einem Boxer getötet oder verletzt. Im Vergleich dazu erlitt die britische Armee weiterhin Verluste." Denn auch wegen der Trennung von Bodengruppen und dem Modul der Besatzung sei der Boxer weit besser als ältere Fahrzeuge vor Minen und Sprengsätzen geschützt. "Wir hätten den Boxer auch in Afghanistan einsetzen können, anstatt anderer Fahrzeuge mit unzureichendem Schutz."
"Der Boxer definiert eine neue Klasse von gepanzerten Radfahrzeugen, die außergewöhnliche Geländemobilität mit einem hohen Maß an gepanzertem Schutz kombiniert", so Drummond. Die beachtliche Spitzengeschwindigkeit von 105 km/h ist nur ein Indikator für die Fähigkeiten des Boxers.
Variante als Schützenpanzer
Neben dem Transporter (APC), dem Sanitäts- und dem Führungsfahrzeug wurden Schützenpanzer entwickelt. Diese Varianten sind mit einer Maschinenkanone im Kaliber von 30 Millimetern bewaffnet. Im Lance-Turm wird die 30 mm Rheinmetall MK30-2 verbaut. Für Gefechte im bebauten urbanen Gebieten ist der wendige Schützenpanzer besser geeignet als die schwerfälligen und unhandlichen Kampfpanzer, die in engeren Straßen nicht mal den Turm drehen können. Auch die Wirkung eines Bursts der 30 Millimeter-Kanone ist dort größer als die Wirkung der Einzelschüsse einer Kampfwagenkanone. Der Nachteil der geringeren Panzerung dagegen fällt heutzutage weniger ins Gewicht. Auch stark geschützte Kampfpanzer sind leichte Ziele für Drohnen und modernen Anti-Panzerlenkwaffen. Insgesamt wurden bereits fast 1500 Exemplare gebaut.

Hohen Grad an Einsatzfähigkeiten
Die Entwicklung der vergleichsweise leichten Radpanzer basiert auf einem Schock. Nach dem Ende des Kalten Krieges waren die Brigaden der US-Armee mit überschweren Kampfpanzern und gepanzerten Humvees ausgestattet. Im Kosovo und später im Irak und Afghanistan bemerkte man, dass man damit zwei gewaltige Nachteile kombinierte. Die schweren Kampfpanzer waren unbeweglich und auf vielen Straßen und Brücken gar nicht einzusetzen, während die meisten Soldaten in ihren Geländewagen weder vor Sprengsätzen, noch vor Mörser- oder MG-Feuer geschützt wurden.
Radpanzer kombinieren dagegen eine hohe Beweglichkeit, einen weitgehenden Schutz der Besatzung und je nach Ausstattung eine vergleichsweise hohe Feuerkraft.
Einheiten aus Radpanzern können zudem auf eigenen Rädern in den Einsatzraum gelangen. Der Aufwand an Mechanikern und Nachschub ist weit geringer als bei Kettenfahrzeugen. Diese benötigen spezielle LKW oder Bahnverbindungen, um große Strecken zurückzulegen. Das Gewicht des Transport-Lkws addiert sich dann noch zu dem des Kampfpanzers im Gepäck, was die Zahl der nutzbaren Straßen und Brücken weiter einschränkt. Die Reichweite eines Boxers liegt dagegen bei 1000 Kilometern auf der Straße. Die Belastung des Fahrwerks eines Radpanzers ist vor allem auf der Straße wesentlich geringer als die eines Kettenfahrzeugs, sodass die Einsatzintervalle zwischen Wartung und Reparaturen wesentlich länger sind.
Weitere Modelle
Die US-Armee entwickelte den ebenfalls achträdrigen Stryker, der allerdings konventionell aufgebaut ist und nicht über das Modulkonzept des Boxers verfügt. Die sowjetischen Streitkräfte verfügten stets über Radpanzer. Zu den neueren Entwicklungen zählt der Bumerang. Er ist deutlich leichter als der Boxer, allerdings stärker bewaffnet.
Der größte russische Panzerhersteller Uralwagonsawod, von dem die Armata-Plattform und damit auch der T-14 stammen, startete eine Kooperation mit Renault, um neben den Kettenfahrzeugen auch Radfahrzeuge zu entwickeln. In diesem Rahmen wurde 2013 der Atom gezeigt, auch er verfügt über ein modulares Konzept wie der Boxer. Die Zusammenarbeit wurde aber ergebnislos beendet.