Auf dem Boden an der Front muss die Ukraine derzeit nur einstecken. Die russische Armee schlägt wie ein Vorschlaghammer immer wieder auf die ukrainischen Linien ein, und an einigen Stellen werden sie mürbe und geben nach. Die einzige Chance, diese Ramme aufzuhalten, sind Schläge in der Tiefe, die die russische Versorgung abschneiden und Kommandostellen ausschalten.
In diesem Zusammenhang wird auch immer wieder nach der deutschen Taurus gerufen. Einen Bunkerbrecher mit großer Reichweite. Doch Taurus und auch die weniger wirksame Storm Shadow haben eine gravierenden Nachteil, sie müssen von einem Flugzeug aus gestartet werden. Und die ukrainische Luftwaffe hat immer weniger SU-34, die für diesen Zweck umgerüstet worden sind.
Klein, aber präzise
Dieses Problem hatte Boeing im letzten Jahr erkannt und eine kleine Gleitbombe (GLSDB) entwickelt. Nun wird sie geliefert. Sie reicht mit 150 Kilometern fast doppelt so weit wie das High Mobility Artillery Rocket System (HIMARS). Der Einsatz der HIMARS im letzten Jahr beeinträchtigte die russische Logistik gewaltig. GLSDB ist zwar eine Gleitbombe, kann aber vom Boden aus eingesetzt werden.
Die Waffe existiert seit einigen Jahren, doch die Produktion wurde für die Ukraine vereinfacht. Die Waffe wird aus zwei bereits vorhandenen Bausteinen zusammengesetzt. Um schnell Resultate zu erzielen, soll man dabei auf Module im Bestand zurückgegreifen. Eine Fliegerbombe wird mit dem M26-Raketenmotor kombiniert. Die kleine Präzisions-Bombe wurde eigentlich für Flugzeuge entwickelt. Ihr geringes Gewicht und der kleine Durchmesser dienen dazu, dass ein Jet viele intelligente Bomben mitnehmen kann und so auch mehrere Ziele bekämpfen kann.
Jet wird nicht benötigt
Die Idee dabei ist, dass der Part des Flugzeugs von einer einfachen Starterrakete übernommen wird. Die Rakete muss keine besonderen Fähigkeiten besitzen. Sie bringt die Gleitbombe nur in die benötigte Höhe, aber nicht ins Ziel. Sie wird dort abgestoßen, wo sie vom Flugzeug auch ausgeklinkt worden wäre. Die Bombe hat kleine, faltbare Flügel, mit denen sie 150 Kilometer weit gleiten kann. Dabei bleibt sie manövrierfähig. Der Gleiter kann ein Ziel in einem Bogen auch von hinten angreifen.
Die Manövrierfähigkeit der GLSDB ist weit höher als bei den schweren russischen Gleitbomben. GLSDB wurde eigens für den Zweck entwickelt, die Russen benutzen hingegen ein Kit, um alte Freifallbomben zu Gleitern umzubauen. Die Abweichung der GLSDB vom Zielpunkt beträgt nur etwa 50 Zentimeter. Der Preis der Bombe ist mit 40.000 Dollar relativ bescheiden, zusammen mit dem einfachen Raketenmotor ist es ein sehr günstiges System. Sie kann von den HIMARS-Werfern oder dem Raketenwerfer M-270 MLRS gestartet werden.
Vom Haushaltsstreit nicht betroffen
Die Tests der neu gebauten GLSDB fanden am 16. Januar auf dem Gelände der Eglin Air Force Base in Florida statt, so Reuters. Angeblich sollen große Mengen der Waffe in die Ukraine gebracht werden, um gleich zum Start einen großen Schlag durchführen zu können. Die schweren taktischen Raketen mit größter Reichweite - ATACMS - haben die USA der Ukraine nur in sehr geringer Zahl überlassen. Die GLSDB ist weniger wirksam, aber deutlich billiger und kann in größeren Stückzahlen geliefert werden. Kiew hilft hier der Zufall, die GLSDB soll bereits bezahlt worden sein, die Lieferung ist also auch ohne Einigung im aktuellen Haushaltsstreit möglich.