In Deutschland findet die Energiewende ohne Kernkraft statt. Das soll möglich werden, indem die Regierung Scholz kurzerhand konventionellem Erdgas kurzerhand das Prädikat "klima-grün" verleiht. Doch viele Länder wollen mit Kernkraftwerken eine klimaneutrale Wirtschaft ermöglichen. Dabei werden die Laufzeiten alter Kraftwerke verlängert, Weiterentwicklungen bekannten Bautypen geplant, aber auch neue Wege begangen.
Darunter fällt auch der Plan, kleine Reaktoren, wie man sie von Atom-U-Booten und Flugzeugträgern kennt, industriell in Serie zu produzieren. Dazu arbeitet eine Reihe von Start-ups an einem Short-Cut zur Kernfusion, mit dem sie die Konstruktionsprobleme der großen Tokamak-Anlagen umgehen wollen. Aber trotz hoffnungsvoller Ansätze steht es in den Sternen, ob sich die ehrgeizigen Pläne dieser Firmen umsetzen lassen.
Relativ häufiges Vorkommen
Ganz anders sieht es mit neuen Reaktoren auf, die anstatt mit Uran mit Thorium betrieben werde. Thorium wurde 1828 von dem schwedischen Chemiker Jons Jakob Berzelius entdeckt und nach Thor, dem nordischen Gott des Donners, benannt. Es ist ein leicht radioaktives Metall und ist in Spuren von Gesteinen und in Böden auf der ganzen Welt zu finden.
Thorium hat nur ein Hauptisotop - 232Th - und die anderen Isotope kommen nur in winzigen Spuren vor. Dieses Isotop zerfällt schließlich in das Blei-Isotop 208Pb. Was Thorium jedoch so interessant macht, ist die Tatsache, dass 232Th leicht vorbeiziehende Neutronen absorbieren kann, wodurch es zu 233Th wird. Dieses neue Isotop gibt innerhalb weniger Minuten ein Elektron und ein Antineutrino ab und verwandelt sich in 233Pa, ein Isotop des Palladiums. Mit einer Halbwertszeit von 27 Tagen wandelt es sich dann in das Uranisotop 233U um.
Geringe Halbwertszeiten
Thorium kommt in der Erdkruste in etwa so oft vor wie Blei, dieser Vorrat an Kernbrennstoff käme dann zum Uran dazu. Früher galt das als großer Vorteil, heute muss man allerdings sagen, dass fortgeschrittene Kraftwerke mit Brütereigenschaften ihren eigenen Brennstoff produzieren könnten. Was bleibt, ist, dass die Isotope in den Abfällen eines Thoriumreaktors weitaus schneller zerfallen als die Abfälle aus herkömmlichen Kraftwerken. Nach wie vor müssten die Abfälle lange Zeit gelagert werden, aber eben doch weitaus kürzer heute. Dazu kommt, dass auf Basis von Thorium Reaktortypen gebaut werden können, die weitaus weniger Abfall produzieren als die heutigen Uran-Reaktoren. Die Frage des Endlagers wird also von zwei Seiten entschärft.
In Indien, China und den Niederlanden wird an Thoriumreaktoren gearbeitet. Am interessantesten sind die sogenannten Thorium-Schmelzsalzanlagen. Schmelzsalzreaktoren gehören zu den vielversprechendsten Technologien für Kraftwerke, so das Generation IV Forum – eine US-Initiative zur Förderung der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der zivilen Kernenergie. Strom aus diesen Reaktoren soll nicht nur CO2 frei, sondern auch noch besonders billig sein. In einem Schmelzsalzreaktor (MSR) wird ein Gemisch aus Thoriumfluorid und Uranfluorid auf bis zu 700 Grad erhitzt. Das Material zirkuliert dann in der Anlage, das heißt, das Material dient zugleich als "Brennstoff" und Kühlmittel. Damit entsteht das Problem der konventionellen Reaktoren nicht, bei den großen Mengen Kühlwasser verstrahlt werden.
Der nächste Vorteil, die Anlage arbeitet nicht unter Druck. Sollte es zu einer Beschädigung kommen, entweichen nicht riesige Mengen an Gasen, sondern das flüssige Salz tritt aus. Sobald es seine Temperatur verliert, kristallisiert es zu Brocken. Darüber hinaus bricht die Reaktion bei Störungen einfach ab. Laut Jiang Kejun vom Energieforschungsinstitut der nationalen Entwicklungs- und Reformkommission in Peking gehört dieser Reaktortyp zu den "perfekten Technologien", die China dabei helfen sollen, das Ziel von null CO2-Emissionen bis 2060 zu erreichen.
Saklierbarer Reaktortyp
Die Anlage kann zudem sehr klein dimensioniert werden. Das chinesische Projekt strebt kommerzielle Reaktoren an, die nicht größer als ein Badezimmer sind. Damit ist nur die Größe des Reaktors gemeint und nicht die dies Kraftwerks zur Stromerzeugung. Dieser Anlagen können in einer Fabrik unter Reinraumbedingungen hergestellt werden und müssen nicht auf einer Baustelle montiert werden.