Krieg in der Ukraine Rivnopil und Antoniwkabrücke – diese Siege eröffnen Chancen für Kiews Offensive 

Ukrainische Soldaten in den Trümmern von Rivnopil 
Ukrainische Soldaten in den Trümmern von Rivnopil 
© Ukrainische Streitkräfte / Commons
Das Chaos-Wochenende in Russland konnte die Ukraine nutzen. Mit einem Brückenkopf bei Cherson setzen sie die Russen unter Druck, und endlich wurde Rivnopil befreit. Hier blockierten die Russen den Vormarsch Kiews.

Nach über zwei Wochen schwerer Kämpfe sind den ukrainischen Streitkräften zwei bedeutende Operationen gelungen. An einer zerstörten Brücke über den Dnjepr konnten sie einen kleinen Brückenkopf bilden und Soldaten der 31. Mechanisierten Brigade konnten das "Örtchen" Rivnopil im Frontabschnitt südlich von Vremevka einnehmen. Rivnopil besteht aus einer Baumgruppe entlang einer Straße und einigen Häuschen. Man kann den Ort kaum ein Dorf nennen, dennoch hat er für den weiteren Vormarsch eine große Bedeutung.

Etwas weiter östlich verläuft ein Fluss – der Mokri Valy River. An ihm liegen kleine Ortschaften. Hier konnte Kiew vor 14 Tagen vorstoßen und die Dörfer Vremivka, Neskuchne, Storozheve, Blahodatne und Makarivka befreien. Alle Namen folgen der Schreibweise bei Google Maps. Sie sind etwa fünf Kilometer tief in die russische Zone eingebrochen. Doch dann lagen sie fest. Östlich neben den Örtchen im Talgrund hielten die Russen die Höhen und konnten so die befreiten Dörfer einsehen und beschießen (Der nächste Fleischwolf – warum Russen und Ukrainer immer mehr Truppen um vier Mini-Dörfer kämpfen lassen).

Im Westen wurden diese Höhen von Rivnopil gedeckt. Der ukrainische Vormarsch kam nicht weiter voran. Das wird sich nun ändern, Rivnopil und die Höhen sind unter ukrainischer Kontrolle, auf Dauer werden sich die Russen zurückziehen müssen.

Russen zurückgedrängt

Der Einbruch wird also tiefer. "Einbruch" relativiert sich allerdings etwas, denn südlich von Vremevka hatten die Russen einen Frontvorsprung besetzt. Diese Beule in ukrainisch kontrolliertem Gebiet wird nun immer flacher. Von einem Durchbruch kann noch nicht nicht die Rede sein. Wenige hundert Meter südlich von Rivnopil haben die Russen eine Baumreihe befestigt, danach kommt ein Fluss, dann eine weitere Befestigungslinie.

Bei Cherson setzten die Ukrainer die Russen mit einem Brückenkopf unter Druck. Ein kleiner Trupp hat den Dnjepr überquert und sich am anderen Ufer festgesetzt. Dort werden sie von den vier Fahrbahnen der massiven Antoniwkabrücke geschützt. Die Brücke wurde im Herbst von den Ukrainern zerstört, das heißt aber nur dass die Fahrbahn in der Mitte des Flusses unterbrochen wird. Das Gelände ist für einen Brückenkopf gut geeignet. Entlang des Ufers befindet sich eine schmal bebaute Zone, doch hin zu den von Russen kontrollierten Gebieten schließen sich Wasserflächen und sumpfige Gegenden an. Die Russen könnten die Uferzone nur über die Autobahn erreichen. Das ukrainische Ufer im Westen liegt höher, von dort aus können die Soldaten auf der anderen Seite unterstützt werden.

Stachel im Fleisch 

Bei diesem Brückenkopf ist es gar nicht notwendig, dass Kiew aus dem Vorsprung ausbricht. Allein die bloße Möglichkeit zwingt die Russen zum Handeln und dazu, Truppen in die Zone zu entsenden. Es ist zu erwarten, dass die ukrainischen Streitkräfte diese Methode auch anderen Stellen anwenden, damit die Russen die 200 Kilometer lange Front entlang des Flusslaufes stärker besetzen müssen. Ob das Vorgehen Erfolg hat, bleibt abzuwarten. Russische Blogger berichten, dass die Soldaten an der Brücke von TOA-1a Raketenwerfern beschossen werden. Deren thermobarische Geschosse erzeugen eine tödliche Druckwelle, vor der die Brücke nur bedingt schützen kann.

Sehr langsames Vorrücken  

Auch an anderen Stellen der Front konnten die Ukrainer nach dem Chaos-Wochenende Geländegewinne erzielen. Die Erfolge an der Brücke und bei Rivnopoli bieten allerdings die größten Chance. Insgesamt bleiben die Geländegewinne überschaubar. Etwa 130 Quadratkilometer hören sich zunächst groß an, aber da kein tiefer Einbruch dabei ist, bleibt es dabei, dass die Russen nur an einigen Zonen um wenige Kilometer zurückgeworfen worden sind.

Der Vormarsch geht also sehr langsam vor sich. Aber doch merklich schneller, als die Wagnersöldner auf Bachmut vorgerückt sind. Der Grund ist, dass die Ukraine sich nicht allein auf Artillerie verlässt, um den Gegner zu vertreiben, sondern ihm mit Sturmangriffen zusetzt. Das liegt daran, dass die ukrainischen Truppen nicht das entscheidende Übergewicht an Artillerie einsetzen, aber auch dass sie schneller Erfolge erzielen wollen. Auch so wird es sehr lange dauern, bis die ukrainischen Streitkräfte die russische Hauptverteidigungslinie erreichen.

Das Ziel war es, diese Linie zu durchbrechen, ohne die strategische Reserve der zwölf neuen Brigaden zu benutzen, oder diese Linie zumindest zu erreichen, ohne dass die Brigaden mit westlicher Ausrüstung und Ausbildung schon abgenutzt wurden. Doch einige Teile davon waren schon im Einsatz, derzeit sieht es nicht so aus, als könnte Kiew dieses Ziel schnell erreichen.

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