Anzeige
Anzeige

Schieß- und Einsatztrainingsanlage Polizeitraining ganz modern

In Bernkastel-Wittlich, einem kleinem Ort in Rheinland-Pfalz, können Polizisten auf der modernsten Schießanlage Deutschlands trainieren. In der neuen Anlage geht alles: Schießen bei Nebel und Dunkelheit, nach rechts und links und auf bewegliche Ziele. Ein Ortsbesuch.

Alles geht sekundenschnell. Der Verbrecher zielt auf einen Polizisten. Sein Kollege muss reagieren. Er zieht die Waffe - plötzlich wird es dunkel, ein lautes Geräusch von hinten. Doch der Beamte zielt mit ruhiger Hand. Er trifft den Kriminellen ins Bein. Eine Situation aus dem Polizeialltag, die in der neuen Schieß- und Einsatztrainingsanlage der Polizei in Wittlich-Wengerohr (Kreis Bernkastel-Wittlich) trainiert wird. Ob mit Film, Foto oder Zielscheibe auf einer Megaleinwand - auf zwei 25-Meter-Schießbahnen und in einer 180-Grad-Schießanlage können rheinland-pfälzische Polizisten jetzt unter ziemlich realen Bedingungen Schüsse aus nah und fern üben.

"Das ist derzeit die modernste Schießanlage Deutschlands", sagt der Leiter des Zentrums, Robert Kirchen. Bevor die Anlage vor einem halben Jahr ihren Betrieb aufnahm, mussten Polizisten auf "hausfremden" Schießbahnen von Schützenvereinen oder Kasernen trainieren. "Dort konnten wir zum Teil nur auf starre Standscheiben schießen", sagt der 50-Jährige. Und ein Nahschuss aus etwa drei Metern Entfernung war nicht möglich. In der neuen rund 5,6 Millionen- Euro teuren Anlage dagegen geht alles: Schießen bei Nebel und Dunkelheit, nach rechts und links und auf bewegliche Ziele.

Die Schuss-Vorgaben kommen von einem der Trainer des Zentrums aus einem "Regieraum". "Alles ist extrem realitätsnah. Nahezu perfekt", sagt Hauptkommissar Kirchen. Das geht sogar so weit, dass ein Film - je nachdem wohin der Schütze trifft - anders weitergeht. Heißt: Zielt er dem Verbrecher ins Bein, fällt dieser hin. Verfehlt er aber sein Ziel, schießt der Übeltäter weiter. Mit der "Bluescreen-Technik" kann ein Polizist sogar in Echtzeit interaktiv mit Kollegen, die in einem anderen Raum sind, Zugriffe nachstellen. Rund 1800 Polizisten halten sich in Wittlich fit.

Von einer Festnahme bis zum Amoklauf

"Die Trainingsmöglichkeiten sind hier optimal", sagt Ausbildungs- und Einsatztrainer Michael Notzon von der Landespolizeischule, der regelmäßig auch mit Studenten zum Üben kommt. Außer Schießen können in einer Übungswohnung und Übungsgaststätte alle denkbaren Situationen von einer Festnahme bis zum Amoklauf nachgestellt werden. Täglich trainieren rund 50 Polizisten in dem Zentrum in Wittlich. An einem Tag fallen etwa 2000 Schuss. Eine weitere moderne Anlage gibt es im pfälzischen Enkenbach-Alsenborn bei Kaiserslautern. Zwei weitere ältere Raumschießanlagen stehen in Mainz und Koblenz.

Die Amok-Fortbildung sei bei den Trainingsteilnehmern sehr beliebt, sagt Kirchen. "Das ist leider eine neue Aufgabe geworden." Nach Theorie geht es ans Eingemachte: Ein Amoklauf wird nachgestellt - die Polizisten müssen mit "Farbmarkierungsmunition" versuchen, den Täter auszuschalten. "Jeder bekommt eine andere Farbe." Die Übungen der Polizisten können alle auf Video aufgenommen werden, um sie nachher zu besprechen. "Wir trainieren nicht nur, dass ein Polizist zielsicher ist, sondern auch "den Weg der Entscheidungen"", sagt Kirchen. Ein Schuss sei immer "das letzte Mittel".

Auch technisch ist das neue Zentrum vom Feinsten: Die Schüsse werden automatisch mit Infrarot-Licht ausgewertet. Die verbrauchte Luft in den Schießräumen wird 30 mal in der Stunde ausgetauscht. Ein Stahl-Lamellen-Geschossfang sorgt dafür, dass die Projektile schräg nach unten fallen. "Querschläge sind nicht möglich." Und ein besonderes Weichmaterial an den Wänden sorgt für gedämpften Schall. Jeder der insgesamt 10.000 rheinland-pfälzischen Polizisten muss einmal im Jahr ein Einsatztraining und drei Schießtrainings - plus anschließender Kontrollübung - absolvieren.

In Wittlich üben die Beamten auch mit ihrer neuen Dienstwaffe Walther P 99 Q, die bis Anfang 2011 landesweit eingeführt sein soll. Bereits 750 Schulungen gab es hier, sagt Kirchen. Die neue Pistole habe Vorteile: Die Magazine seien größer, die Holster sicherer, es gebe keine Schwierigkeiten mehr für Linkshänder und bei Nachteinsätzen könne man besser zielen, weil phosphoreszierende Farbe angebracht sei. "Es sind die kleinen Dinge, die das Leben des Polizisten leichter machen."

Birgit Reichert, DPA DPA

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel