Fall Kurnaz Unterstützung für Steinmeier

Seine rot-grüne Vergangenheit könnte Außenminister Frank-Walter Steinmeier sein Amt kosten: Hat sich sein Kanzleramt gegen eine Freilassung des unschuldigen Murat Kurnaz aus Guantanamo gesträubt?

Er ist der beliebteste deutsche Politiker, eine Art Kronjuwel der SPD. Und dennoch steht die politische Karriere von Außenminister Frank-Walter Steinmeier derzeit auf der Kippe. Die Schatten seiner rot-grünen Vergangenheit als Gerhard Schröders Kanzleramtsminister drohen den Minister einzuholen. Er könnte über den Fall Murat Kurnaz stürzen.

Denn im Raum steht der Vorwurf, die Regierung habe mit Wissen Steinmeiers aktiv versucht, eine Rückkehr des unschuldig in Guantanamo inhaftieren Kurnaz' nach Deutschland zu verhindern. Im Raum steht auch der Vorwurf, das Kanzleramt habe dafür gesorgt, dass ein Unschuldiger vier Jahre im US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba leiden musste, obwohl es Berlin ein Leichtes gewesen wäre, ihn zurückzuholen.

"Er ist integer"

Die SPD-Spitze und Kanzlerin Angela Merkel spielen vorerst auf Zeit. Sie haben sich am Montag demonstrativ hinter Steinmeier gestellt. "Wir haben keinen Zweifel, dass er integer ist und sich korrekt verhalten hat in dieser Sache", sagte Generalsekretär Hubertus Heil nach einer Sitzung des Parteivorstands in Berlin. Die SPD sehe keine Belege für die Vorwürfe gegen Steinmeier. Nun sei wichtig, dass alle Fragen dazu im Rahmen der parlamentarisch zuständigen Gremien zügig geklärt würden. Heil verwies auf die Aussage Steinmeiers, er wolle im Untersuchungsausschuss des Bundestags zügig zu den offenen Fragen im Fall Kurnaz aussagen.

Auch Merkel stellte sich hinter Steinmeier. Die Kanzlerin gehe davon aus, dass im Untersuchungsausschuss des Bundestages alle Fragen "zur Zufriedenheit aufgeklärt werden", sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg in Berlin. "Die Bundeskanzlerin hat zum Bundesaußenminister ein überaus enges und vertrauensvolles Verhältnis", sagte Steg. "Die Bundeskanzlerin geht davon aus, dass die beiden (...) die gemeinsam und erfolgreich begonnene Zusammenarbeit fortsetzen." Solche Solidaritätsbekundungen nutzen, memento Stoiber, dem jeweilig Betroffenen wenig, sobald er politisch nicht mehr haltbar ist.

Hat das Kanzleramt gegen Kurnaz gearbeitet?

Der in Bremen aufgewachsene türkische Staatsbürger war Ende 2001 in Pakistan festgenommen und als Terrorverdächtiger in das US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba gebracht worden. Er kam erst im August 2006 wieder frei. Ein Freilassungsangebot der USA hatte Deutschland im Herbst 2002 einem vertraulichen Regierungsbericht zufolge nicht angenommen. Am Wochenende hatten sich Medienberichte gehäuft, wonach die damalige rot-grüne Bundesregierung die Freilassung nicht nur verzögert, sondern sogar verhindert habe. Steinmeier war damals als Chef des Kanzleramts mit dem Fall befasst.

Steinmeier will bald aussagen

Steg und Außenamtssprecher Jens Plötner sagten, dass die Bundesregierung zu den in Medienberichten erhobenen Vorwürfen im Detail nicht Stellung nehmen könne, weil sie dazu aus als geheim eingestuften Dokumenten zitieren müsste. Plötner sagte, Steinmeier sei daran gelegen, dass der Untersuchungsausschusses die Zeugenanhörung zügig abschließe und am Ende der Beweisaufnahme Steinmeier Gelegenheit gebe, "rasch das aus seiner Sicht Notwendige klarzustellen". Bislang wird mit einer Aussage Steinmeiers im April gerechnet.

FDP-Chef Guido Westerwelle drohte für den Fall mit einer Verfassungsklage, dass die Bundesregierung die Aufklärung der Rolle von Steinmeier im Fall des Kurnaz behindern wolle. Sollte es bei den bisherigen Informationen dazu bleiben, "wird es für den Außenminister sehr eng", sagte der Partei- und Fraktionsvorsitzende der FDP. Eine Rücktrittsforderung der FDP an Steinmeier gab es nicht.

AP · DPA · Reuters
fgue/AP/DPA/Reuters