In Großbritannien ist Rosie Green eine bekannte Autorin, sie schreibt über Beautythemen und über ihre Ehe. Ihre Kolumne über das Eheleben mit einem, mit "ihrem" Alpha Male war nie ohne Witz, aber wie sie heute meint, doch etwas selbstgefällig. Denn das geliebte Eheleben muss schon Risse gehabt haben, bevor sie es bemerkte.
Anfang 2018 bemerkte sie eine Veränderung an ihrem Göttergatten. Er wurde reizbar, mürrisch und unzufrieden. Auch ein Thema für ihre Kolumne: Ehemann X hat die "männliche Menopause" erreicht, schrieb sie beruhigt und dachte sich nicht viel dabei. Bis zum Sommer, da wurde ihr klar, dass zwischen X und einer Kollegin etwas lief.
Mehr als nur die Menopause
Green war am Boden zerstört und ehrlich genug, ihre ganze Demütigung zu teilen und nicht die moderne Mär zu erzählen, nach der Power-Frauen eben immer Power haben müssen und den Kopf oben tragen. Ob in Zeitungen oder in Social Media - ganz Großbritannien nahm an ihrem Elend teil. An ihren Tränen und an Episoden einer Trennung. Etwa wie es ist, das Haus von "seinen" Sachen zu befreien, die soviel über die gemeinsame Geschichte verraten. Green ersparte sich nichts. Als der Mann sich ins Gästezimmer verzog, sei sie zu ihm ins Bett geklettert. Als er auf die Couch flüchtete, verfolgte sie ihn dorthin, sagte sie der "Times".
Sie aß nicht mehr und verlor 2 Stones – fast 14 Kilogramm. Aber sie gab ihre Ehe nicht auf und demütigte sich weiter. Sie versuchte, die perfekte Frau zu sein. "Ich wäre gerne wie Penélope Cruz in Vicky Cristina Barcelona gewesen, mit flammenden Augen und voller Wut, aber stattdessen war ich wie eine Hausfrau in American Beauty, die sich verzweifelt festklammerte."
Doch den Riss konnte nichts mehr überdecken, je mehr Mühe sie sich gab, desto feindseliger wurde X. "Ich habe Sachen gegoogelt wie '360 Möglichkeiten, deine Ehe am Leben zu erhalten'".
"Ich lebte in einer Welt voller Schmerzen. Befreundete Ärzte hatten mir einen Vorrat an Schlaftabletten gegeben und ich nahm eine, aber mein Gehirn war so verdrahtet, dass ich nur etwa drei Stunden schlief. Als ich aufwachte, war mein Gesicht tränenverschmiert. Bis dahin hatte ich versucht, niemandem zu sagen, wie schlimm es war, weil ich immer noch dachte: 'Wir können das durchstehen."
Ende an Weihnachten
Vermutlich auf Rat eines Anwalts gab X seine Affäre nicht zu, dennoch blieb er immer häufiger über Nacht weg. Angeblich schlief er in seinem Büro und in Wirklichkeit besuchte er günstige Hotels mit seiner Geliebten. Ausgerechnet am 22. Dezember teilte X ihr mit, dass alles vorbei sei. Doch Weihnachten sollten sie noch vor seinen Eltern die heile Familie spielen.
Das konnte sie nicht tun – der endgültige Bruch war da.
Doch als ihr Herz in Trümmern lag, ging es mit ihrer Karriere nach oben. Denn Greene macht aus ihrem Elend kein Geheimnis. Die Kolumnen, die den Alpha Male gefeiert haben, wurden nun zur Trümmerlandschaft eines gebrochenen Herzens. Die Geschichte erzählt Green in "How to Heal a Broken Heart: From Rock Bottom to Reinvention", eine persönliche Geschichte aber auch eine Schiffkarte, um durch das Meer des Elends zu navigieren.
"Ich hatte Angst, dass diese Bekenntnisse einer Verlassenen mich zutiefst unattraktiv machen würden; eine beschädigte Ware. Einfach zurückgegeben werden, ist peinlich. Eine Freundin, deren Ehemann zur gleichen Zeit starb, sagte mir, ich wäre schlimmer dran als sie, weil ich den doppelten Schlag abbekommen hatte. Den Mann zu verlieren, und dazu den Schlag für mein Ego.
Die eigene Geschichte erfinden
Green entwickelt Bewältigungsstrategien, um der endlosen Mühle "Warum, Warum, Warum?" im Kopf zu entgehen. "War ich zu gemein zu ihm? War ich nicht gemein genug? Letztendlich wird man nie genau herausfinden, was passiert ist." Eine Frau in ihrer Lage könne nur versuchen, ihre eigenen Gefühle zu schützen. Dann bekam sie einen Tipp: Sie solle nicht versuchen, seine Beweggründe zu ergründen, sie solle ihre eigene Geschichte herausfinden. Und an ihrer eigenen Geschichte arbeitet sie noch.
"Ich kenne immer noch nicht alles. Alles, was ich tun kann, ist meine Wahrheit zu kennen. Nämlich, dass das alles für mich ein absoluter Schock war, den ich nicht kommen sah. Ich glaube, X hatte sich schon eine Weile zurückgezogen, aber er hatte nicht die Mittel, um das zu kommunizieren. Wirklich traurig war für mich, dass ich keine Chance hatte, weil er sich bereits entschieden hatte. Sein Fokus war woanders und er war weitergezogen und weggezogen."
Endgültig verlassen, bevor sie es bemerkte
Die Tragik: An X habe sie sein stoisches Wesen geliebt, jemand der nicht endlos eine Beziehung infrage stellt, der nicht über seine Gefühle grübelt. Das war am Anfang einfach und klar, aber es bedeutete offenbar auch, dass X nicht in der Lage war, mit der Situation umzugehen, als sich negative Gefühle der Unzufriedenheit einstellten. Die Ehe kippte, als diese negativen Gefühle überhandnahmen und die positiven an eine andere Frau übertragen wurden.
Zwei Dinge halfen Green aus dem Tal heraus: Freundinnen brechen den Zirkel eines gebrochenen Herzens auf. Und junge Männer. Junge Frauen stöhnen über die heutigen Dating-Sitten, aber nicht Green: "Ich dachte zuerst, niemand wird mich jemals wieder lieben, aber dann gab es da draußen ziemlich viele süße 25-jährige Männer, die mich wollten."
Geholfen hat auch ein neuer Freund. Ob der für die Ewigkeit ist, weiß Green nicht, aber immerhin habe es schon fünf Monate gehalten.
Die alte Ehe? "An manchen Tagen fühle ich mich immer noch richtig beschissen, aber meistens nicht."
Quelle: The Times