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Neuer Hochzeits-Trend Wie die Power-Ehen der Akademiker die Ungebildeten abhängen

Wenn Mann und Frau eine exzellente Ausbildung haben, vereinen sie mit ihrem Ehebund auch zwei Top-Einkommen
Wenn Mann und Frau eine exzellente Ausbildung haben, vereinen sie mit ihrem Ehebund auch zwei Top-Einkommen
© Tom Merton/Gettyimages
Akademiker suchen sich Frauen mit Uni-Abschluss – die Ehepartner sind auch praktisch gleichberechtigt. Toll! Nur der soziale Aufstieg durch Heirat funktioniert nicht mehr. Wer arm geboren wird, der bleibt es meist auch.

Angeblich überwindet die Liebe alle Grenzen –  zwischen Rassen, verfeindeten Clans wie in Romeo und Julia oder Religionen. Tatsächlich ist die Liebe wohl keineswegs so grenzenlos. Vor dem Herzen steht ein Türsteher, der heute nur noch passende Kandidaten hineinlässt.

Studien aus den USA, welche die "Bloomberg Businessweek" unter dem Titel "Deine Begierde verstärkt die Einkommensunterschiede" ausgewertet hat, zeigen, dass immer mehr nur noch in der eigenen sozialen Gruppe geheiratet wird. Ein Trend, der sich in Jahrzehnten aufgebaut hat. Standesgemäß hätte man früher gesagt, heute wäre der Begriff politisch nicht korrekt, die Praxis ist aber weit verbreitet. Im Ergebnis haben Frauen mit akademischem Abschluss heute weit bessere Heiratschancen als schlechter ausgebildete Frauen (Wir berichteten: Ehe-Studie: Warum schlaue Frauen sich am Ende den Mann fürs Leben angeln). Aber die Damen mit Abschluss heiraten nicht irgendwen, sondern am liebsten andere Akademiker. Meist sogar aus der eigenen Fachrichtung.

Uni wird zum Heiratsmarkt

Das ist ein langfristiger Trend, der Jahrzehnte hinweg stärker wurde. Der Schlüssel ist die bessere Ausbildung der Frauen für den Berufsmarkt. Möglich wird diese Entwicklung überhaupt erst, weil seit den 60er Jahre Frauen in nennenswerten Zahlen studieren. Vorher waren die meisten Studiengänge eine reine Männerdomäne. Heute studieren sogar mehr Frauen als Männer. Im Studium konnten Männer damals keine Partnerin kennenlernen. Das ist heute anders. An der Universität werden nicht mehr nur Freundschaften fürs Leben geschlossen, sondern auch schon die passende Gattin ausgeguckt. Ein positiver Effekt ist, was man in Amerika die feministische Ehe im Gegensatz zur patriachalen Versorgerehe nennt. Eine Ehe, die die Forderungen der Feministinnen endlich einlöst. Ein Bund auf Augenhöhe. Eine Verbindung zwischen gleichberechtigten und gleich starken Partner.

Die Verlierer im Kampf der Herzen

Aber es gibt auch Verlierer in diesem Spiel der Liebe. Die starken Partner akzeptieren nämlich keine schwächeren Menschen für eine dauerhafte Bindung. Leute, die in Sachen Einkommen und Ausbildung nicht dem eigenen Stand entsprechen, bleiben ungeliebt. Absurd: Ausgerechnet die moderne Ehe führt zu einer sozialen Abschottung wie im Bürgertum des 19. Jahrhunderts. In den 60er Jahren war das "Nach-Oben-Heiraten" noch gang und gäbe. Der Chef ehelichte die Sekretärin, der Oberarzt die Nachtschwester. Da ist längst vorbei. In Reichweite der Krankenschwester befindet sich heute nur noch der Krankenpfleger. Die Natur der Ehe wandelt sich. Justin Wolfers, Ökonom an der University of Michigan, sagte der "New York Times": "Ehemänner und Frauen hatten früher ganz verschiedene Rollen in unterschiedlichen Lebenssphären. Heute wollen die Leute einen Partner mit ähnlichen Leidenschaften, gleichen Interessen, vergleichbaren Karrierechancen und gleichen Ansichten zu Familie und Kindern."

Kein Aufstieg durch Heirat

In den USA führt dieser Effekt dazu, dass die soziale Mobilität praktisch zum Erliegen gekommen ist. Denn der Aufstieg von einer Schicht in die andere gelang allzu häufig durch eine gute Heirat. Ohne diesen Effekt gäbe es noch die Möglichkeit, durch beruflichen Aufstieg die Schichtengrenzen zu überwinden. Theoretisch, tatsächlich ist dieser Faktor aber sehr viel schwächer, als vermutet. "Arm mit 20, Arm fürs Leben", so fasst The Atlantic die Forschung zu sozialer Mobilität zusammen. Die sozialen Schichten separieren sich über Generationen.

Soziale Unterschiede nehmen zu

Der soziale Fahrstuhl Heirat steht still. Und für die nächste Generation sieht es nicht besser aus. Das Familieneinkommen eines Power-Paares wird von zwei Top-Einkommen gespeist, der Unterschied zum Familieneinkommen eines Paares von einfachen Angestellten oder Arbeitern ist enorm. "Diese Entwicklung einer zunehmenden Gleichheit zwischen den Ehepartnern führt paradoxerweise zu einer zunehmenden Ungleichheit zwischen den Haushalten", sagte die Soziologin Christine Schwartz der "New York Times". Die sozialen Unterschiede zwischen den Familien werden also allein aufgrund des Heiratsverhaltens enorm wachsen. Viele Kinder wachsen in einem top-qualifizierten Haushalt mit zwei starken Verdienern auf. Der Abstand zu den Lebenswirklichkeiten von Kindern, die nicht aus einer Doppel-Akademiker-Ehe stammen, wird zunehmen.

Neigungen und Mentalitäten ändern sich, dabei folgt das Heiratsverhalten einem strikt ökonomischen Kalkül. Gewählt wird, was die geplante Kleinfamilie stärkt. Partner, die sie schwächen könnten, werden vermieden. Gesellschaftliche Solidarität ist bei Herzensdingen nicht vorgesehen.

Abschottung schon beim Dating

Wundern kann einen dieses Verhalten nicht, schon auf Dating-Plattformen hört es mit der Offenheit für soziale Gruppen, andere Kulturen und Ethnien auf. Die meisten Portale geben interne Daten nicht preis. OK Cupid ist eine Ausnahme. Mitgründer Christian Rudder sagt: "Vor allem gegen schwarze User gibt es eine Abneigung. In jedem Bereich, in dem man einen Flirt-Erfolg auf unsere Seite messen kann – wie Leute sie beurteilen, wie häufig auf ihre Mails reagiert wird, wie oft sie angesprochen werden – das ist alles deutlich reduziert." Der Statistiker Christian Rudder ist Realist: "Klar, wenn du jemand fragst, sagen die Leute alle, 'Oh Wow, gemischte Ehen sind Klasse. Mich interessiert bei meinem Partner die Rasse überhaupt nicht.' All das Zeug, was ein fortschrittlicher Mensch so sagen muss. Aber wenn ich sie dabei beobachte, was sie wirklich machen, sind diese Bekenntnisse schnell vergessen."

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