HAMBURG Wenn einer eine Reise macht

Studenten radeln im Urlaub durch Marokko

Studenten radeln im Urlaub durch Marokko

Thomas und Stephan Korn sind beide 24 Jahre alt und studieren Maschinenbau und Bauingenieurwesen an der Fachhochschule Hamburg. Seit einigen Jahren haben sie ihren Lebenslauf um ein interessantes Hobby erweitert: Sie machen Urlaub mit und vor allem auf dem Fahrrad. Zuerst in Deutschland, dann in Frankreich, England, Italien und Spanien. Mittlerweile haben sie 17 Wochen und fast 10.000 Kilometer hinter sich gebracht. Allein der letzte Ausflug dauerte vier Wochen und 2.100 Kilometer und führte sie durch Nord-Afrika.

Individualität will geplant sein

Gerade als Student stellt man eine Anforderung an seine Reisen: Sie sollen billig sein. Da bleiben oft nur die bekannten Pauschalangebote mit zermürbenden Busfahrten oder ein sogenannter Individualurlaub.

Bei Individualurlauben ist der Reiz, selbst entscheiden zu können, wie lange man wo bleiben will. Also verlässt man die Sicherheit, die einem ein Reiseveranstalter bietet und beweißt Abenteuergeist. Fortbewegung, Unterkunft und Verpflegung sind einem selbst überlassen und erfordern einige Planungsarbeit. Doch vor der Reisevorbereitung steht die Idee.

So war es auch bei Stephan und Thomas. Wenn man fast ganz Europa schon gesehen hat, wechselt man einfach den Kontinent. Und da Vater Korn genauso reisebegeistert ist wie seine Söhne und Marokko empfehlen konnte, war die Wahl schnell getroffen.

Das Wichtigste bei den Vorbereitungen ist die Routenplanung. Die Eckpfeiler bildeten die Sehenswürdigkeiten. Zwischen denen wurde unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Fahrstrecke pro Tag (80 Kilometer) und der Campingplätze eine Strecke ausgetüftelt. Wer mit dem Fahrrad unterwegs ist, nicht entlang der Touristikzentren das Land erkunden will und zudem auf das Portemonnaie achtet, dem bleibt nur Camping. Als alles bedacht war, führte die Strecke in einem Rundkurs über Agadir und Marrakesch bis ins östliche Marokko an die Sandwüste heran.

Bleibt die Frage des Gepäcks

Was muss man mitnehmen und wie die Campingausrüstung (Zelt, Luftmatratzen, Schlafsäcke, Gaskocher, Planen und anderes) verstauen? Die ungefähr zwanzig Kilogramm Gepäck verlangen außerdem, dass das Rad stabil ist. Dabei schwören die beiden auf ihre zehn Jahre alten Räder aus Stahl. Inzwischen immer mal wieder erneuert sind sie ihnen bis heute treu geblieben. Zu oft haben die Brüder bei anderen erlebt, wie moderne Leichtbau-Rahmen der Beanspruchung nicht standhielten und einfach brachen. Der Nachteil ihrer Rosse wiegt allerdings schwer: Alles in allem wollen ungefähr 37 Kilogramm bewegt werden.

Unterwegs in Marokko

Im Juli diesen Jahres war es dann soweit. Von Hannover aus flogen die beiden nach Agadir und mussten gleich Abenteuergeist beweisen: Wo kann man Gas für einen Campingkocher kaufen? Einen halben Tag dauerte die Irrfahrt, bevor sie die unentbehrliche Flasche endlich hatten. Das Einkaufen blieb ein Problem. Supermärkte nach europäischen Maßstäben gibt es nur in Touristikzentren. In den entlegeneren Gegenden wies meist ein kleines Schild auf eine Einkaufsmöglichkeit hin, in der man am Tresen ordern konnte, was man wollte. Und da die Auswahl begrenzt war, bestand die normale Tagesration aus Keksen, Melonen, einer Art Fladenbrot, Schmierkäse und Spaghetti. Bei den aufreibenden Tagestouren sind Kohlenhydrate besonders wichtig und wie man Spaghetti kocht, weiß man als Student schließlich. Am Ende hatten die beiden fast zehn Kilogramm abgenommen und ausgeschwitzt.

Dass Flüssigkeit besonders wichtig ist, wurde ihnen gleich am ersten Tag vor Augen gehalten. Mit einem zu kleinen Wasservorrat machten sie sich auf den Weg und nach kurzer Zeit konnte Stephan nicht weiter. Die Diagnose verwunderte nicht: Bei bis zu 45 Grad hatte Stefan einen Sonnenstich. Das nasse Element ist in Marokko nicht überall zu haben und so musste Thomas vierzig Kilometer bis ins nächste Dorf fahren, um Wasser zu holen. Für die Zukunft haben Stefan und Thomas gelernt: Bis zu 8 Litern verbraucht man pro Person und Tag in der trockenen Hitze.

Reiseimpressionen

Ein besonderes Erlebnis der Reise war die Sandwüste. Mitunter bis zu 100 Meter hoch türmen sich die Dünen aus feinem Sand auf. Allerdings kann der Sand auch weniger angenehm sein: Zweimal gerieten die beiden in einen Sandsturm. Bei klaum einem Meter Sicht blieb ihnen nichts anderes übrig als abzusteigen und zu schieben.

Hatten sie klare Sicht, war Marokko landschaftlich sehr reizvoll. Neben alten Festungen und kleinen Dörfern führte die Strecke abseits der üblichen Touristenrouten quer durch das Land. Das kulturelle Umfeld, was sie dabei sahen, beschreiben sie als besonderes Erlebnis. Schlangenbeschwörer auf Basaren oder marokkanische Frauen beim Wasserholen sind nur einige Reiseimpressionen, die die beiden auf insgesamt 23 Filmen à 36 Bilder festgehalten haben.

Zwei Kamele für ein Fahrrad

Die Mentalität der gastfreundlichen und geschäftstüchtigen Marokkaner ließ sich aber nicht einfangen. Trotz kleinere Sprachprobleme wurde den beiden im Tausch für eines ihrer Fahrräder zwei Kamele geboten. Mit einer Mixtur aus Französisch, Englisch, Deutsch und dem Einsatz der Körpersprache konnten sie den Handel allerdings ausschlagen.

Der Abenteuergeist ist im Preis inklusive: Die gesamte Reise kostete ungefähr 1.000 Mark pro Person. Das Teuerste daran war mit 650 Mark der Flug, der sich allerdings auszahlt, wenn man die Lebenshaltungskosten vor Ort realisiert. Zum Beispiel sind Übernachtungen auf dem Campingplatz schon für umgerechnet eine Mark zu haben. Ein Doppelzimmer ist da im Vergleich schon teuer: Dafür muss man schon zehn Mark pro Nacht aufwenden.

Für Thomas und Stephan hat sich der Urlaub gelohnt und das Fahrrad bleibt auf jeden Fall das Fortbewegungsmittel ihres Individualurlaubs. Auch wenn es schwer fällt, wollen die beiden ihre letzte Tour im nächsten Jahr noch überbieten. Denn: Wenn einer eine Reise macht, dann kann er was erleben. (ml)

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