Wie das Vorbild in Massachusetts
Ganz Deutschland klagt über den Mangel an gut ausgebildeten Ingenieuren. Der Technologiestandort stehe vor dem Abgrund, malen Verantwortliche schwarz. Da entstand das »Northern Institute of Technology« (NIT) in Hamburg-Harburg, eine Kooperation von Sponsoren aus der Wirtschaft mit der Technischen Universität, genau zur rechten Zeit. Im Januar 2002 wurde das NIT in einer Beurteilung des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft als zweitbeste von 16 Bildungsinstitutionen eingestuft - und als beste in seiner Kategorie.
1999 hatte der erste Jahrgang mit 30 Studenten aus aller Welt die Ausbildung begonnen. Inzwischen sind Studenten aus mehr als 30 Ländern vertreten, auch zwei Deutsche sind dabei. Sie haben ihren Bachelor an der TU Hamburg-Harburg erworben.
Selbstverständlich ist die Ähnlichkeit des Namens zum berühmten »MIT« (Massachusetts Institute of Technology) in der öffentlichen Wahrnehmung nicht von Nachteil. Am NIT in Hamburg-Harburg sollen die zukünftigen Ingenieure genauso global, interdisziplinär und praxisnah ausgebildet werden, mit diesen Schlagworten zumindest wirbt die Universität. Allerdings geht es den Machern des NIT keineswegs um Fachidioten. Neben den Masters-Programmen in zehn Fachrichtungen (siehe unten) fördern die Dozenten ihre Schützlinge mit einem umfassenden Angebot in Wirtschaft, Recht, Politik, Kultur und Sprache. Die ausländischen Studenten haben intensiven Deutschunterricht (NIT-Partner ist das Goethe-Institut), deutsche Studenten lernen alternativ eine Fremdsprache.
Abschreckend mögen die hohen Studiengebühren von 15.000 Euro im Jahr wirken. Aber die Chance, ein Stipendium zu erhalten, ist sehr groß: Firmen sponsern »ihre« Studenten und bieten ihnen dafür Praktika.
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Museumsbesuche für Master-Studenten
Geburt in Kroatien, Abitur in Kanada, Bachelor in England, Master-Abschluss in Hamburg-Harburg: Das ist in Kurzform der Lebenslauf von Kasim Terzic. Dabei ist Terzic erst 21 Jahre alt - er studiert im ersten Jahrgang am neu gegründeten »Northern Institute of Technology« (NIT) in Hamburg-Harburg. Bis Anfang Oktober absolvierte der Kroate ein Praktikum als Programmierer bei seinem Sponsorunternehmen Siemens in München.
Wieso ist nach dem Bachelor in England Ihre Wahl aufs NIT gefallen?
»Ich hatte nach Universitäten gesucht, an denen ich weiter studieren konnte - und hatte auch ein paar Möglichkeiten. Allerdings brauchte ich ein Stipendium. Dann haben mir ein paar Leute von Siemens das NIT empfohlen, woraufhin ich mich in Hamburg erkundigt habe. Das sah gut aus, also habe ich mich beworben.«
Was gefällt Ihnen an der Ausbildung am NIT?
»Dass die Ausbildung so weit gefächert ist. Wir lernen viel im Bereich Management und Recht - aber auch in Architektur oder Kunst. Zum Beispiel gehen wir gemeinsam in Museen oder machen Exkursionen, beispielsweise nach Berlin. So lernen wir nicht nur stur Elektrotechnik. Und Hamburg als Stadt mag ich sehr gerne.«
Sie haben gerade ein Praktikum bei Siemens absolviert. Was genau haben Sie dort gemacht?
»Ich habe programmiert, das ist mein Job. Meist in der Programmiersprache C++.«
In Hamburg studieren Sie zusammen mit Leuten aus aller Welt. Wie ist das Klima unter den Studenten?
»Eigentlich funktioniert das sehr gut. Es ist immer interessant, mit Leuten aus so vielen Nationen zusammen zu studieren. Die Atmosphäre ist gut, auch wenn wir aus 18 verschiedenen Ländern kommen. Ich bin einer von zwei Europäern in meinem Semester.«
Woher können Sie so gut deutsch?
»Das gehört auch zum Programm am NIT: Zweimal pro Woche haben wir einen Deutschkurs; außerdem wohne ich nun seit einem Jahr in Deutschland.«
Gibt es auch Dinge, die Ihnen weniger gefallen?
»Das Studium ist ziemlich anstrengend - aber das kann man bei einer Eliteuniversität ja auch erwarten. Gut, manche Dinge brauchen am NIT auch noch etwas Zeit, wir sind schließlich der erste Jahrgang, die Versuchskaninchen. Aber in ein paar Jahren läuft das sicher sehr gut.«
Was planen Sie denn nach Ihrem Studium?
»Ich muss sehen, was offensteht. Vielleicht arbeite ich für einige Zeit bei Siemens - meinem Sponsor, der meinen Studienplatz und die kompletten Gebühren finanziert hat. Aber soweit ich weiß, haben wir keine Verpflichtung dazu. In Deutschland zu bleiben ist zumindest keine schlechte Idee - aber ich schaue, was hier frei bleibt.«
Florian Neuhann
Ziel der Ausbildung
»Global Engineers«: Absolventen, die im Ingenieurwesen bestens ausgebildet sind und in globalen, wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenhängen denken und handeln.
Fachrichtung, Abschlüsse
Master of Science - Programm in zehn verschiedenen Fachrichtungen:
- Environmental Engineering
- Information and Communication Systems
- Information and Media Technologies
- Materials Science
- Process Engineering
- Mechatronics
- International Production Management
- Microelectronics and Microsystems
- Electromagnetics, Optics and Microwave Engineering
- Biotechnology
Dazu bietet das NIT ein »Professional Program« in Management, Recht, Politik, Ethik, Kultur und einer Fremdsprache für Mitarbeiter von Unternehmen.
Studiendauer
Kombination eines zweijährigen Master of Science-Kurses und einjährigem Professional Program in insgesamt 26 Monaten.
Auslandssemester
Intensive Sprachkurse, kurze Exkursionen, aber keine obligatorischen Auslandssemester.
Praktika
Je drei Monate Praktikum und Projektarbeit, sechs Monate Master's Thesis in Zusammenarbeit mit der Industrie.
Besonderheiten des Studiums
Unterrichtssprache ist Englisch. Parallel zum akademischen Studium (zweijähriger Master of Science-Kurs) wird ein berufsqualifizierendes Professional Program absolviert, das einem einjährigen Aufbaustudium entspricht.
Größe der Institution
etwa 70 Studenten (pro Jahrgang 30 bis 36 Studenten)
Studiengebühren
15.000 Euro im Jahr (inkl. Wohnen), Stipendien möglich, getragen von großen Unternehmen.
Aufnahmebedingungen, Voraussetzungen
Ein Bachelor-Abschluss, gutes Ergebnis im TOEFL (Test of English as a Foreign Language) sowie im GRE (Graduate Record Examinations), Statement of Purpose, zwei Empfehlungsschreiben (Details siehe www.nithh.de).
Vor Ort
Hamburg-Harburg: Das NIT bietet Einzimmerapartments auf dem Campus.
Wer dahinter steckt
Ein sogenanntes Public-Private-Partnership: Das Studium wird gemeinsam mit der TU Hamburg-Harburg angeboten. Etwa 20 Industrieunternehmen sponsorn den NIT-Betrieb, die Körber-Stiftung finanziert das Gebäude.