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"Fäden Gottes" Die "Su Filindeu" ist die wohl seltenste Nudel der Welt – und wohl bald Geschichte

Paola Abraini
Paola Abraini beherrscht die Kunst, die seltenen "Fäden Gottes" herzustellen.
© antonellafrancello (Screenshot/Instagram)
Keine Nudel auf der Welt ist so knifflig und zeitaufwendig in der Herstellung wie die sardische "Su Filindeu". Nur noch wenige Menschen beherrschen die Kunst. Bald könnte die seltene Nudel komplett von der kulinarischen Landkarte verschwinden.

Spaghetti, Farfalle, Rigatoni – Nudeln gibt es lang, breit, mit Loch, gefüllt, gekringelt. Unzählige Sorten sind bekannt. Eine aber kennt so gut wie niemand. Sie nennt sich "Su Filindeu", was übersetzt so viel bedeutet wie "Fäden Gottes", kommt aus Sardinien und droht zu verschwinden. Nur noch ein paar Menschen auf der Welt beherrschen die Kunst, diese besonderen Nudeln herzustellen. 

Die Herstellung der "Fäden Gottes" gehört zu den bestgehüteten Geheimnissen der Pasta-Welt. Überliefert werden Rezeptur und Zubereitungsweise ausschließlich mündlich von einer Generation zur nächsten – und das seit etwa 300 Jahren. Die Geheimniskrämerei bleibt allerdings nicht folgenlos. Kaum noch einer beherrscht die komplizierte Prozedur. Nur noch drei Menschen auf Sardinien soll es geben, die des Fadenziehens bewandert sind. Sterben sie, drohen auch die Gottesfäden von der kulinarischen Bildfläche zu verschwinden.

Filigrane Fäden aus Teig

"Su Filindeu", das sind hauchdünne Nudeln, kaum dicker als ein Haar. Hergestellt werden sie aus nur vier Zutaten: Grießmehl, Wasser, Salz und Geduld. Der Teig wird zum Zylinder geformt und dann in der Luft mit den Fingern beider Hände auseinandergezogen, immer wieder neu gefaltet und gezogen. Durch jedes Falten und Ziehen entstehen mehr Teigstränge, bis am Ende filigrane Fäden daraus werden. Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt und eine Menge Übung. Das brachte einst gar den britischen Starkoch Jamie Oliver zum Verzweifeln. 

Bei einer Reise nach Sardinien besuchte er Paola Abraini. Die 66-Jährige aus Nuoro, ihre Nichte und ihre Schwiegermutter sind die letzten, die sich vor Ort noch auf die Zubereitung der "Fäden Gottes" verstehen. Paola setzt sich dafür ein, dass es mehr werden. Dafür ist sie auch bereit, mit einem ungeschriebenen Gesetz zu brechen und Menschen außerhalb der Familie zu unterrichten. Der Promikoch wagte das Experiment, schließlich habe er 20 Jahre Erfahrung im Pastamachen, wie er sagte – und scheiterte. Der Teig riss und riss.  

Gelingt es aber und ist der Teig in hauchdünne Fäden verwandelt, werden diese in drei Schichten immer über Kreuz über ein rundes Holzbrett gespannt, bis sich ein dichtes Netz ergibt. Getrocknet wird die Pasta unter der heißen sardischen Sonne. Danach werden die Nudeln in Größe gebrochen.

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Vom Aussterben bedroht

Die "Su Filindeu" ist eine Liebhabernudel. Dass die seltene Pasta etwas ganz Besonderes ist, ist auch großen Namen aufgefallen. Bereits vor Jahren schickte Barilla Abgesandte zu Paola. Die Firma wollte herausfinden, ob sich die Nudel auch maschinell herstellen ließe. Der Versuch missglückte. "Dies ist eines der Lebensmittel, das am stärksten vom Aussterben bedroht ist, zum großen Teil, weil es eine der schwierigsten Nudeln ist, die es gibt", erklärte Raffaella Ponzio von der Organisation Slow Food International der "BBC". Sie ist Chef-Koordinatorin des Projekts "Arche des Geschmacks", das sich der Bewahrung kulinarischer Traditionen verschrieben hat. Inzwischen wird die "Su Filindeu" auf deren Liste von gefährdeten Lebensmitteln aufgeführt.

Die "Fäden Gottes" sind auf Sardinien keine Alltagsspeise. Aufgetischt werden sie nur zu besonderen Anlässen und traditionell nur zweimal im Jahr zu Pilgerfesten. Einmal im Mai und einmal im Oktober machen sich die versierten Nudelmacherinnen ans Werk, um die Pasta auf die Teller zu bringen. Ursprünglich wurden sie zubereitet, um die Pilger, die an diesen Tagen nach San Francesco di Lula unweit Nuoro kommen, zu sättigen. Serviert werden die Nudeln in Schafsbrühe und mit geriebenem Pecorino-Käse.

Quellen: Dissapora, BBC

tpo.

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