Krabben Eros in Büsum

Stimmt schon: Büsum ist nicht Bangkok. Und doch hat auch Büsum eine knisternde Seite. Und zwar überall da, wo die Nordseekrabben strippen, was in der Hafenstadt an jeder Ecke der Fall ist. Schade nur, dass die Krabben fast immer im Brötchen landen. Dabei kann man mit etwas Fantasie viel mehr mit ihnen anfangen

Nur wenige friesische Krabbenfischer können sich noch der Konkurrenz aus Holland erwehren. Geben sie auf, wird die frische Nordseekrabbe hierzulande Geschichte sein.

Es ist vier Uhr früh und sackschwarze Nacht. Der Kutter "Rugenort" arbeitet sich durch die Fahrrinne vor Friedrichskoog, Nordfriesland. Die Sicht ist gleich null, und Seezeichen gibt es auch keine. "Kaptein" Jan Urthel schwitzt bei aufgestelltem Brückenfenster, denn er hat Angst um sein Schiff. Wenn er jetzt, beim Höchststand der Flut, aufläuft, muss er bis zur nächsten Tide hoch und trocken im "Schiet" stecken bleiben.

Dann fahren die Holländer mit ihren modernen Kuttern erst recht an ihm vorbei. "Mit ihren dicken Schiffsmotoren bügeln die uns einfach nieder", klagt der Kaptein, "und der Stärkere reißt den Fang mit sich!" Also heißt es für den Fischer, schneller zu werden. Weil er aber keine stärkere Maschine einsetzen darf, hat Urthel seine Netze verkleinert.

Für derlei Finten ist es allerdings reichlich spät. Denn die Holländer beherrschen bereits 90 Prozent des Krabbenhandels an der deutschen Nordseeküste. Bald halten sie auch die nötigen Fanglizenzen ganz in ihrer Hand. Die nordfriesischen Krabbenfischer sind die letzten Mohikaner. Auch an Land haben sie den Wettlauf längst verloren.

Bevor sie merkten, dass er überhaupt losgegangen war, beherrschten niederländische Firmen fast den ganzen deutschen Absatzmarkt. "Erst haben sie den deutschen Fischern ihre leeren Kühl-LKWs hingestellt - macht mal mit Krabben voll - und dann sofort bezahlt. Das hat uns alle angelockt", erinnert sich Fischer Hans-Gerd Rohde aus Husum an den Auftritt der Niederländer und bedauert, dass die deutschen Fischer vor lauter Cash auf der Kralle ihre Vertriebswege versanden ließen.

So begann der Durchmarsch der geschäftstüchtigen Nachbarn zur Monopolmacht. Wenn Käpt´n Blaubär und Hein Blöd heute irgendwo in Deutschland Nordseekrabben kaufen wollen, kommt die Ware fast immer aus Holland - selbst im seenahen Hamburg. "Schade um unser schönes Produkt", trauert Fischer Rohde.

Das Geschmackserlebnis, frische und von eigener Hand gepulte Krabben sofort zu verzehren, wird es an der Küste nicht mehr geben, wenn die Niederländer erst das letzte deutsche Boot gekauft haben. Nur in wenigen Häfen gibt es noch fangfrische Ware. Einer der letzten nordfriesischen Anbieter sind die Urthels - frei nach James Fenimore Coopers Romanhelden die Chingachgooks aus Friedrichskoog.

Jan fährt den Kutter, Bruder Alfred verarbeitet die Ware an Land mit zwei Krabbenschälmaschinen, und Mutter Antje führt das Restaurant. Doch wie lange können sie noch weitermachen? Wenn Jan Urthel die Netze an einem langen Stahlgeschirr außenbords bringt, muss er sich sorgen, dass er seinen Fang später auch loswird. Denn wo immer er mit seinen Krabben erscheint, waren die Holländer schon da - mit dem billigeren Angebot.

Wenn Urthels Netz auf dicken Kugeln über den Meeresboden rollt, sackt der Kutter wie von Riesenhand gepackt zusammen. Zwei Stunden zieht er die Netze, gräbt sich hinauf auf die Wellenkämme, schießt wieder hinab. Schließlich werden die Netze hochgefiert, an Bord geschwenkt und in Nirosta-Wannen geleert.

Die Krabben wandern über ein Förderband durch mehrere Sortierstationen in den kardanisch aufgehängten Kochtopf. 20 Kilo auf einmal werden in heißem Meerwasser gekocht. Die Krabbe ist extrem empfindlich und muss sofort verarbeitet werden. Fünf Kisten à 20 Kilo laden die Brüder Urthel nach einem Tag auf See am Kai vom Kutter. Viel harte Arbeit für eine geringe Ausbeute, die noch verkauft werden muss.

Dem Verbraucher könnte egal sein, woher die Krabbe kommt, würde das holländische Produkt denn stimmen. Tut es aber nicht: Marktführer Heiploeg aus dem Städtchen Zoutkamp verkauft Ware, die lebensmittelrechtlich zwar nicht zu beanstanden ist, aber kaum noch krabbentypisch schmeckt - eher nach Fisch.

Denn die Holländer zielen mit ihren Krabben mehr auf Erlöse als auf Geschmack. Sie karren ihre Fänge per Lkw nach Marokko, wo Frauen sie für einen Tageslohn von zirka drei Euro pulen. Dann wird das Krabbenfleisch nach Holland zurückgekarrt, verpackt und in die deutschen Kühlregale von Aldi bis Karstadt verschickt.

Das alles dauert bis zu drei Wochen und geht nicht ohne Lebensmittelzusätze wie Säuerungsmittel und Konservierungsstoffe - und wohl auch nicht ohne Be-strahlung, die in Deutschland verboten ist, außerhalb aber nicht. Bei so sehr Konservierungsmitteln schmecken Konservenkrabben schließlich so sehr nach Krabben wie H-Milch nach Milch. Dafür bringen sie Profit: 100 Gramm kosten bis zu 5,11 Euro - die gleiche Menge ungeschälter Krabben aus Friedrichskoog kostet gerade 90 Cent.

Deutsche Krabbenpulerinnen einzusetzen wäre zu teuer. Es gibt sie auch gar nicht mehr, seit die Arbeit in Marokko erledigt wird. Bleibt nur die Krabbenschälmaschine. Doch die ist langsam. Und auch teuer. Die ersten Modelle kamen aus Deutschland. Neuerdings gibt es bessere: aus Holland.

Henning Seehusen

Holsteiner Kartoffelsuppe mit Krabben

Für 4 Personen

600 g Kartoffeln
100 g Porree, nur das Weiße
100 g Speckwürfel
50 g Butter
1 Zwiebel, fein gewürfelt
1 l Rindfleischfond
250 ml Sahne, geschlagen
200 g Nordseekrabbenfleisch
1 Prise Muskat
Salz
Pfeffer
4 EL glatte Petersilie, gehackt

1 Kartoffeln schälen, Porree waschen. Beides in kleine Würfel schneiden.

2 Butter, Speck und die Zwiebel in einem Topf leicht anschwitzen. Lauch- und Kartoffelwürfel dazugeben, mit Fond auffüllen und alles weich kochen.

3 Mit dem Mixstab fein pürieren, Sahne unterrühren, mit Salz, Muskat und Pfeffer abschmecken. Krabben und Petersilie auf Teller geben, mit der Suppe auffüllen.

Zubereitung: ca. 30 Minuten

TIPP: In Butter gebratene Weißbrotwürfel (Croutons) über die Suppe streuen.

Henning Seehusen

Bärlauchterrine mit Krabben

Für 4 Personen

30 g Bärlauch
4 Blatt Gelatine, weiß
200 g Frischkäse
100 g Crème fraiche
Salz
Pfeffer
1 EL Olivenöl
Zitronensaft
3 EL gehackte Petersilie
150 g Nordseekrabbenfleisch

1 Bärlauchstiele abschneiden. Eine Terrinenform (400 ml Inhalt) mit 4 großen Blättern auslegen, Rest fein hacken.

2 Gelatine kalt einweichen. Frischkäse und Crème fraiche verrühren und erwärmen. Gelatine ausdrücken und unter Rühren darin auflösen. Mit gehacktem Bärlauch und den übrigen Zutaten (bis auf die Krabben) gut vermischen, abschmecken, in die Terrinenform füllen, glattstreichen und 12 Stunden in den Kühlschrank stellen.

3 Die Terrine im heißen Wasserbad einige Sekunden erwärmen und auf eine Platte stürzen. Mit den Krabben umlegen.

Zubereitung: ca. 25 Minuten (plus Zeit zum Kühlen)

Tipp: Bärlauch gibt es frisch nur von März bis Mai, als Ersatz andere würzige Kräuter verwenden, z. B. Rucola.

Henning Seehusen

Marinierte Krabben mit Kartoffelplätzchen

Für 4 Personen

je 4 EL Möhre, Sellerie und Porree in feinen Würfeln
3 EL Hühnerfond
3 EL Champagneressig
3 EL gutes Olivenöl
Salz
Pfeffer
Zucker
2 EL Kerbel, gehackt
200 g Nordseekrabbenfleisch
250 g mehlig kochende Kartoffeln
1 Eigelb
Öl zum Braten

1 Fond in einem Topf erhitzen, Gemüsewürfel darin gar dünsten. Essig, Öl, Salz, Pfeffer, Zucker dazugeben, alles zu einer Vinaigrette verrühren und Kerbel hinzufügen. Abkühlen lassen und das Krabbenfleisch darin 10 Minuten marinieren.

2 Kartoffeln schälen und grob raspeln. Kartoffeln mit Eigelb mischen, salzen, pfeffern und zu kleinen runden Plätzchen formen. In Öl heiß ausbacken, auf Küchenpapier abtropfen lassen. Je 2 Kartoffelplätzchen auf einen Teller setzen und jeweils 3 EL Krabben dazugeben.

Zubereitung: ca. 20 Minuten

Tipp: Kartoffelplätzchen geraten knuspriger, wenn man sie in Rapsöl brät.

Henning Seehusen

Couscous-Salat mit Krabben und Tomatenharissa

Für 4 Personen

250 ml Geflügelfond
150 g Couscous (instant)
Salz
Pfeffer
6 EL Olivenöl
1 TL Balsamessig
1 TL Sojasauce
1 kleine Hand voll Rucola
5 mittelgroße Tomaten
2 EL Zwiebelringe
1 EL Harissa (scharfe Pfefferschotenpaste aus Nordafrika)
1 EL Tomatenmark
100 ml Portwein
Thymian
Oregano
200 g Nordseekrabbenfleisch
etwas Basilikum

1 Den Geflügelfond in einem Topf erhitzen und den Couscous hineinrieseln lassen. 2 Minuten köcheln lassen, von der Kochplatte nehmen und 10 Minuten quellen lassen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. 4 EL Olivenöl, Essig und Sojasauce unterrühren. Den Couscous mit zwei Gabeln lockern; eventuell noch etwas Wasser zugeben, da er unterschiedlich nachquillt.

2 Rucola von den Stielen befreien, waschen und hacken. Unter den Couscous mischen.

3 Die Tomaten mit kochendem Wasser ca. 30 Sekunden überbrühen, dann häuten, entkernen und in Würfel schneiden. Die Zwiebelringe in einer Pfanne in 2 EL Olivenöl goldgelb andünsten. Das Tomatenfleisch zu den Zwiebeln geben, dann Harissa und Tomatenmark unterrühren. Mit Portwein ablöschen und mit Salz, Pfeffer, Thymian und Oregano würzen.

4 Die Tomatenmischung unter den Couscous heben und auf einer Platte anrichten. Die Krabben in einem Kranz darumlegen und mit Basilikumblättern garnieren.

Henning Seehusen

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