Chlor ist keine Zutat, aber ohne geht es nicht. Ohne Chlorbleiche ergeht es einem wie Macbeth. "Ein bisschen Wasser reinigt von der Tat", säuselt Lady Macbeth dem Gatten ins Ohr, um ihn zum Mord an Duncan, King of Scots, anzustacheln. Doch da liegt sie so was von falsch! Das Blut des Opfers geht nur scheinbar weg, in die Erinnerung des Mörders bleibt es wie eingebrannt und treibt Macbeth am Ende in den Wahnsinn.
Mit King Kurkuma ist es schlimmer. Kurkuma ist der König unter den färbenden Gewürzen, und der Saft wäscht sich nur schwer von den Händen. Nur Chlorbleiche treibt die Flecken aus. Darum Einmalhandschuhe kaufen, bevor es an die Wurzel geht, und Chlorbleiche gleich mit einkaufen für die Nachbereitung – denn irgendwas spritzt immer.
Kurkuma, Gelbwurz zu Deutsch, ist das Gewürz der Stunde. Die Begeisterung für die vegane und die Ayurveda-Küche hat die Wurzel populär gemacht, und die Begeisterung ist berechtigt. Sobald Kurkuma im Spiel ist, geht die Sonne auf. Tatsächlich, die Färbekraft dieser Wurzel ist irre, aber sie schmeckt auch herrlich, besonders im Verein: Das Quartett aus Gelbwurz, Ingwer, Knoblauch und Koriander schmeckt so verführerisch, dass sich selbst Tranchen von der Schwiegermutter, kurz darin gewendet, in Köstlichkeiten wandeln ließen.
Wer die Wurzel noch nicht kennt, passiert zum Einstieg 1 Stück frische Kurkumawurzel (fingerlang), 1 Stück frische Ingwerwurzel (daumengliedlang) und 1 junge Knoblauchzehe durch eine Reibe in etwas heißes Butter- oder Kokosfett und brät dies 3 Minuten. Mit 500 ml (selbst gemachtem) Hühnerfond auffüllen, aufkochen und 10 Min. ziehen lassen. Durch ein Sieb geben, erneut erhitzen, mit Salz und Limettensaft abschmecken und mitgehacktem Koriandergrün bestreut servieren. Dies als kalorienarme Mittagsbrühe. Brummbrumm macht der Kreislauf, und man kann weiterarbeiten, ohne zu ermüden. Kurkuma gab es bei uns lange nur als Färbemittel für blasse Margarine und grauen Senf, beide werden durch das auch als E 100 getarnte Kurkumin aufgehübscht. Natürlich ist Kurkuma auch ein massiver Bestandteil jeglichen Currypulvers. Pur findet man Kurkuma inzwischen sowohl frisch als auch in Pulverform in vielen Supermärkten. Der Einsatz lohnt sich.

Wie es die Inder machen
650 g Fischfilet (kann Seelachs sein) waschen, trocknen, salzen und beiseitelegen. 2 EL Mohn in einer trockenen Pfanne über schwacher Flamme 2–3 Minuten duftig rösten, ihn dann mörsern (was das Aroma freisetzt). Den Mohn, 2 EL Senfsaat, 1 fingerlanges Stück Kurkuma (ersatzweise 1 TL Pulver), 1 daumenlanges Stück Ingwer, 5 Knoblauchzehen, 2 Chili-Schoten, frisch, aufgeschlitzt, entkernt, 1 Gemüsezwiebel, grob gewürfelt, 2 TL Koriander (Pulver), 2 TL Kreuzkümmel (Pulver) sowie 1 TL Salz zusammen mit 125 ml Wasser zu einer Paste mixen. 5 EL Pflanzenöl in einer Pfanne mittelstark erhitzen und die Würzpaste darin 5–7 Minuten unter Rühren rösten, aber nicht trocken werden lassen, notfalls wiederholt etwas Wasser zugeben. 3 Tomaten raffeln und zufügen, 3–5 Minuten garen und ihr Wasser abkochen lassen. 500 ml Kokosmilch (Dose) und den Saft 1/2 Zitrone zugeben und kurz aufkochen, die Sauce noch mal mit Salz abschmecken. Dann die Fischstücke einlegen und sie wenige Minuten garen. 1 Bund Koriandergrün hacken, nach Belieben darüberstreuen und zu Reis servieren.
Goldgelbe Rettung am Grill
Unlängst hatte ich eine Gesellschaft von 40 Personen fischig zu begrillen, ein Unternehmen, an dem ich gescheitert wäre, hätte Gelbwurz mich nicht gerettet. Als krönenden Abschluss der Grillerei hatte ich 20 Kalbskoteletts à 3 cm Stärke vorgesehen. Zuvor aber sollten – nach einem einleitenden Geplänkel von Räucherfisch – ein Lachs, ein paar Doraden, Makrelen, Jakobsmuscheln, Hummer usw. dran glauben.
Ich hätte gewarnt sein sollen, als einer der Eingeladenen schon Tage vorab fragte: Und was ist mit den Würstchen? ––– Hä, welche Würstchen?! ––– Na, für die Kinder!
Mit diesem Einbruch des Banalen in den sakralen Weiheraum gegrillter Fische war das Beinahe-Scheitern bereits angelegt. Als es gleich zu Beginn der Veranstaltung eine Verzögerung der Futterzufuhr gab, bequengelten die Kinder umgehend ihre Mütter – die Mütter hatten die Kinder nicht im Griff, die Männer, die, nun ja, kurz: Ich hatte sie alle und auch den Ablauf nicht im Griff. Ich gab mit schwachen Nerven nach.
Den Quenglern ihr Maul zu stopfen, kamen die Würstchen gleich und nicht erst später auf den Rost, zeitgleich war aber plötzlich auch der Lachs gar, wurde der Räucherfisch geliefert und standen die eigentlich für später vorgesehenen Salate da. Umgehend haute sich die Meute derart voll, dass sie bald gebläht und aufstoßend in der Sonne lag. An Kalbskoteletts für später war nicht mehr zu denken.
Bis eine Dame, aus dem Kreis der Hingestreckten als Einzige aufrecht ragend, sagte: "Ich habe Hunger, denn ich mag keinen Fisch und hatte nur Salat. Grill mir bitte ein Kotelett." Was ich mutlos tat, wobei ich das Fleisch mit einer Grillbutter pamperte, die aus 125 g Butter, 1 TL Fleur de Sel, 1 TL Pulbiber (ein türkisches Chili-Gewürz – kommt auf jeden Döner), 1 geriebenen frischen Knoblauch, 1 TL Kurkumapulver und 2 EL gehacktem Koriandergrün bestand (Mengenverhältnisse verhandelbar).
Die Röstaromen des Grillfleisches weckten die Lebensgeister der Gesellschaft, vor allem aber verschönte der Gelbwurzanteil der Butter die Koteletts ins Güldengelbe, die grünen und roten Einsprengsel von Koriander und roter Pfefferschote taten das ihre. Alle erhoben sich, standen bald sabbernd um ihre Koteletts an, und die Gesellschaft killte wie besinnungslos die restlichen Weinbestände. Ich aber erlebte meine Grill-Apotheose. Das lag nur an der gelben Wurzel. Für mich gehört Kurkuma nun dazu.
