Schokolade macht depressiv, Fett ist per se schlecht, fetter Fisch aber schützt vor Herzinfarkten, Eier steigern den Cholesterinspiegel, Rotwein schützt vor Krebs: Ernährungsstudien gibt es zahlreiche, meist beruhen diese Studien auf Beobachtungen. Beispiel Cholesterin: Die These, dass cholesterinreiche Nahrung schädlich ist, beruht auf einer ziemlich alten Beobachtungsstudie aus den USA, die längst widerlegt ist. Trotzdem hält sich der Mythos, sogar die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfahl lange Zeit nicht mehr als zwei bis drei Eier pro Woche zu konsumieren.
TV-Koch Tim Mälzer geht dem gesunden Essen im ARD-Lebensmittelcheck genauer auf die Spur. In der heutigen Zeit dreht sich alles um gesunde Ernährung und auch Selbstoptimierung.Vor allem ein Grundnahrungsmittel ist in den letzten Jahren in Verruf geraten: der Weizen. Aber ist er wirklich schädlich? Es gibt tatsächlich Menschen, die Weizen nicht essen dürfen. Sie leiden an Zöliakie, eine Erkrankung des Dünndarms. Sie vertragen kein Gluten, also das Klebereiweiß des Weizen. Daran leiden aber nur etwa 1 Prozent der Deutschen.
Ist Weizen wirklich so schlimm?
Bislang gibt es keinerlei Beweise, dass sich Weizen bei gesunden Menschen negativ auswirken würde. Trotzdem leiden immer mehr Menschen an Weizen- und Glutenunverträglichkeiten. Deshalb greifen viele zu anderen Getreidearten - wie beispielsweise Dinkel oder Einkorn. Agrarbiologe Dr. Friedrich Longin sieht darin aber keinen Unterschied. Sie gehören zur gleichen Getreidefamilie. Wissenschaftler können noch nicht ganz greifen, woher der Weizen als Feind herrührt. Es könnte ein Placebo-Effekt sein oder aber eine Stoffgruppe, die bislang unbekannt ist.
Der Agrarbiologe und andere Wissenschaftler haben aber einen anderen Verdacht für die Unverträglichkeiten: Könnte die Verarbeitung des Weizens zur Backware eine Rolle spielen? Der Teig bei industriellem Brot hat viel weniger Zeit zu ruhen als aus handwerklicher Herstellung. Die Teigruhe aber könnte entscheidend sein. In Weizen und seinen Verwandten wie Einkorn oder Emmer gibt es Zuckerverbindungen, die für Bauchschmerzen und Blähungen verantwortlich sind, die sogenannten FODMAPs (fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyole). Ruht der Teig nun weniger als eine Stunde, konnten sich die Fodmaps noch nicht abbauen, ruht er mindestens vier Stunden sind von den Fodmaps nur noch fünf bis zehn Prozent enthalten. Wissenschaftler gehen also davon aus, dass Teigruhe einen entscheidenden Einfluss auf die Unverträglichkeiten haben könnten - und nicht das Getreide an sich. Für die Weizensensitivität ist dies bislang noch nicht belegt, dafür haben die Fodmaps Einfluss bei Patienten mit Reizdarmsyndrom. Im Umkehrschluss könnte man also das verrufene Gluten freisprechen, und die industrielle Herstellung von Brot an den Pranger stellen.
