La Dolce Vita – das schöne italienische Leben, es schmeckt bekanntlich süß. Und nach Espresso. Das Stelldichein am Tresen mit dem kleinen, aber starken Caffè gehört fix zur Lebenskultur. Und ist einfach typisch für Bella Italia, finden die Italiener. So typisch, dass das nun endlich mit Buch und Siegel bestätigt werden soll. Der Espresso, er soll dorthin, wo die neapolitanische Pizza schon angekommen ist, auf die Liste der Unesco als immaterielles Kulturerbe.
Erst im vergangenen Jahr hatten sich die Italiener mit einer ersten Bewerbung eine Watsche eingefangen. Die Unesco hatte den Antrag abgelehnt, besser gesagt: die Anträge. Denn der Kommission hatten gleich zwei Schriftstücke vorgelegen, die sich unabhängig voneinander für das koffeinhaltige Heißgetränk stark machten. Zum einen das Konsortium zum Schutz des traditionellen italienischen Espressos, das sowohl das Trinkritual als auch die Espressozubereitung geschützt sehen wollte.
Aber auch die Region Kampanien hatte einen Antrag eingereicht. Diese wollten den Espresso als integralen Bestandteil der neapolitanischen Kultur bestätigt wissen. Das "Wall Street Journal" zitierte damals einen Wissenschaftler, der den Antrag des Konsortiums als "einen kriegerischen Akt des Nordens gegen den Süden" bezeichnete. Am Ende erteilte die Unesco beiden Bewerbern eine Abfuhr. Die Gruppen sollten, so die Empfehlung der Kommission, doch eventuell in Erwägung ziehen, gemeinsame Sache zu machen.
Für den Espresso werden Feinde zu Freunden
Ein Vorschlag, der erst einmal auf wenig Gegenliebe stieß. So ist kaum überraschend, was Francesco Emilio Borrelli, der Präsident der Landwirtschaftskommission der Region Kampanien, kürzlich berichtete. Demnach sei die Annäherung alles andere als euphorisch vonstatten gegangen. Nachdem die Vorschläge zunächst "unvereinbar schienen", habe man das Kriegsbeil nun endlich begraben. "Nach monatelangen Diskussionen ist es gelungen, eine Synthese zwischen den beiden eingereichten Vorschlägen zu finden", so Borrelli gegenüber der Nachrichtenseite "Fanpage".
Sollte der Antrag bei der Unesco durchgehen, würde das bedeuten, dass ein "echter" Espresso fortan nach strikten Regeln zubereitet und getrunken werden muss, um auch tatsächlich als authentisch zu gelten. Dazu gehört, dass die Bohnen frisch gemahlen und der Caffè nicht kürzer als 20 und nicht länger als 27 Sekunden lang aufgebrüht werden darf. Die Crema muss noch mindestens zwei Minuten nach Ausgabe des Espressos gleichmäßig auf der Oberfläche bestehen – ohne Umrühren versteht sich – und "eine dunkle, haselnussbraune Farbe mit hellen Schlieren" haben. Auch Menge und Temperatur sind in dem Antrag dokumentiert. Selbst die Tassenart, die dann verwendet werden soll, wurde bestimmt: Porzellan mit schmalem Boden.

Espresso – mehr als ein Getränk
Noch bis vor einem Jahren wäre ein solcher Antrag undenkbar gewesen. Denn ursprünglich hatte die Unesco ausschließlich bedeutende Stätten wie das Forum Romanum in Rom oder die Arkadengänge in Bologna geehrt, erst seit ein paar Jahren werden nun auch "kulturelle und kulinarische Traditionen" aufgenommen. Ein Dutzend solcher landestypischen Einzigartigkeiten haben es bereits auf die Liste geschafft. Das sizilianische Puppentheater gehört dazu, aber auch die traditionelle Geigenbauerkunst sowie die italienische Trüffelkultur.
Dass sich der Espresso in diesen illustren Kreis gut einfügen würde, davon ist Gian Marco Centinaio überzeugt. "In Italien ist Kaffee viel mehr als ein einfaches Getränk", zitiert "The Local" den stellvertretenden Landwirtschaftsminister. Er sei viel mehr ein authentisches Ritual, ein integraler Bestandteil der nationalen Identität. "Die Tasse Espresso ist für alle Italiener ein soziales und kulturelles Ritual, das sich auch in der Literatur widerspiegelt und welches das ganze Land fasziniert, von Neapel über Venedig und Triest bis hin zu Rom und Mailand."
Quelle: The Local, Fanpage, The Wall Street Journal, Food & Wine