Nach Rossmann und Vorwerk verlässt nun auch der Hamburger Getränkehersteller Fritz Kola den Verband der Familienunternehmer. Grund dafür sei dessen Öffnung für Gespräche mit der AfD, teilte das Unternehmen auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. "Eine offene, demokratische Gesellschaft bildet für uns die Grundlage wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Handelns. Vor diesem Hintergrund haben wir unsere Mitgliedschaft im Verband beendet."
Fritz Kola werde neue Wege suchen, um weiterhin mit anderen Unternehmerinnen und Unternehmern im Austausch zu bleiben und als wirtschaftlicher Akteur präsent zu sein. Zuvor hatten bereits die Drogeriemarktkette Rossmann und der Hausgerätehersteller Vorwerk die Mitgliedschaft gekündigt.
dm lehnt pauschale Verdammung der AfD ab
Der Verband hatte im Oktober zu einem Parlamentarischen Abend in einer Niederlassung der Deutschen Bank in Berlin erstmals auch Vertreter der AfD eingeladen. Präsidentin Marie-Christine Ostermann sagte dem "Handelsblatt", das "Kontaktverbot" zu AfD-Bundestagsabgeordneten sei aufgehoben worden.
Auch die Drogeriemarktkette dm teilte mit, nicht länger Mitglied im Verband zu sein. "Wir haben unseren Austritt bereits vor vielen Monaten erklärt und sind daher nicht mehr Teil der internen Meinungsbildung", sagte dm-Chef Christoph Werner der "Süddeutschen Zeitung". Ob der Austritt indes mit der politischen Haltung des Verbands zusammenhängt, blieb offen. Werner jedenfalls lehnt eine pauschale Verdammung der AfD, die vom Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, ab.
Er sprach sich "für eine inhaltlich sachliche und tiefgründige Auseinandersetzung" aus. "dm lehnt eine polarisierende Brandmauer-Debatte ebenso entschieden ab wie Positionen der Partei AfD, welche die freiheitlich-demokratische Grundordnung infrage stellen", betonte der dm-Chef. Er wolle dem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge explizit zwischen der Partei selbst und ihren demokratiefeindlichen Positionen differenzieren.
Wollen Sie nichts mehr vom stern verpassen?
Persönlich, kompetent und unterhaltsam: Chefredakteur Gregor Peter Schmitz sendet Ihnen jeden Mittwoch in einem kostenlosen Newsletter die wichtigsten Inhalte aus der stern-Redaktion und ordnet ein, worüber Deutschland spricht. Hier geht es zur Registrierung.
Verdi: Wehret den Anfängen!
Verdi-Chef Frank Werneke rief hingegen Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände zu einer klaren Positionierung auf. Der Verband unter Präsidentin Marie-Christine Ostermann drohe, "endgültig nach rechts abzudriften", sagte Werneke den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Die Geschichte mahnt, wie wichtig eine klare Abgrenzung der Wirtschaft gegenüber Rechtsextremen ist." Er verwies dabei auf historische Parallelen zur Unterstützung der NSDAP durch Industrielle im Jahr 1933. "Also: Wehret den Anfängen!", sagte er.
Auch der Berliner Unternehmer Harald Christ kehrte dem Verband den Rücken. "Ich bin aus dem Verband ausgetreten, weil ich eine klare Haltung für eine freiheitliche, weltoffene und demokratische Wirtschaftspolitik einnehme", teilte er der dpa mit. Die jüngsten Entwicklungen im Verband und einzelne Positionen hätten für ihn nicht mehr die nötige Distanz zu politischen Kräften, die mit diesen Grundwerten nicht vereinbar seien. Über Christs Austritt vor einigen Wochen hatte das Portal "The Pioneer" berichtet.
DGB fordert Stellung für die Brandmauer zu beziehen
Anja Piel aus dem Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) forderte die Mitgliedsunternehmen des Verbands auf, sich klar hinter die Brandmauer zur AfD zu stellen. Den Funke-Zeitungen sagte sie, deren Einreißen "nach rechts" gefährde Demokratie, internationales Ansehen und Wirtschaftsstandort. Demnach erschwere die Abschottungspolitik der AfD die Fachkräftesicherung erheblich und bedrohe die Arbeitsfähigkeit etwa von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.
Unternehmerfamilien stünden zudem in einer besonderen historischen Verantwortung, sagte sie mit Blick auf Verstrickungen deutscher Unternehmen in der NS-Zeit.
Verband will keine AfD-Regierungsbeteiligung
Der Verband verteidigte seinen Kurs. Mit Andersdenkenden zu diskutieren, heiße nicht, deren Positionen zu akzeptieren, sagte Ostermann. Zugleich wolle man keine Regierung mit AfD-Beteiligung, denn deren Weltbild passe nicht zur freiheitlichen und marktwirtschaftlichen Grundüberzeugung des Verbands.
Die Interessenvertretung hatte in dieser Woche zudem eine Stellungnahme veröffentlicht. Die Hoffnung, man könne ein Viertel der bundesdeutschen Wähler durch moralische Ausgrenzung zur Umkehr bewegen, sei nicht aufgegangen, sagte Präsidentin Ostermann. "Jetzt hilft nur noch die Auseinandersetzung mit den Inhalten der AfD, jenseits von schlichten Kategorisierungen in Gut und Böse."