Die SPD-Opposition hält den Haushaltsentwurf der nordrhein-westfälischen Landesregierung für 2026 für "Enkel-gefährdend". Obwohl es Finanzspielräume gäbe, würden sie nicht für die notwendigen Investitionen in die Zukunft genutzt, kritisierte der SPD-Abgeordnete Alexander Baer in einer Grundsatz-Debatte zum Haushaltsgesetz 2026. Gleichzeitig nahm die Opposition Ausgaben im Kernbereich von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) aufs Korn.
"Die Kommunen sprechen von Überforderung, die Hochschulen von Substanzverlust, die Wohlfahrt von Unterfinanzierung, die Jugendhilfe von fehlender Zukunftsorientierung, die Polizei von Personal, das an der Belastungsgrenze ist", sagte der SPD-Politiker im Düsseldorfer Landtag. Dabei könne NRW mit rund 320 Millionen Euro mehr Steuereinnahmen rechnen als ursprünglich kalkuliert - nach Zahlen des Finanzministeriums mit insgesamt 82 Milliarden Euro.
Auch das dicke Investitionspaket des Bundes und eine Lockerung der Schuldenbremse verschafften dem Land eigentlich hervorragende Chancen, die jedoch ungenutzt blieben, bemängelte Baer. FDP und AfD lehnen das Haushaltsgesetz ebenfalls ab, über das Mitte Dezember final abgestimmt werden soll. Sie kritisieren vor allem die Aufnahme neuer Schulden.
Finanzminister rechtfertigt Schulden
Derzeit komme das Land nicht ohne weitere Kredite aus, hielt NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) dagegen. Die Verschuldungsmöglichkeiten würden mit Rücksicht auf die junge Generation aber nur im zwingend erforderlichen Umfang in Anspruch genommen, versicherte er. Die Landesregierung rechne mit bis zu 4,3 Milliarden Euro an neuen Krediten und damit 200 Millionen Euro weniger als ursprünglich geplant.
Gleichzeitig werde mit mehr als 12 Milliarden Euro an landeseigenen Investitionen ein Rekordwert erreicht, der das diesjährige Investitionsvolumen um gut eine Milliarde übersteige, entgegnete der Minister auf die Vorhaltungen der Opposition. 42,3 Milliarden Euro - und damit ein Drittel des Landeshaushalts - sollen an die Städte und Gemeinden fließen.
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Kein Wünsch-Dir-was, aber auch kein Dauer-Pessimismus
Angesichts dieser Fakten seien die Vorhaltungen der Opposition realitätsfern, argumentierten die schwarz-grünen Regierungsfraktionen. "Von Kaputtsparen kann nicht die Rede sein", sagte der CDU-Abgeordnete Olaf Lehne.
Obwohl Deutschland im dritten Jahr in Folge eine Rezession durchleide, liefere die Landesregierung "Ergebnisse statt Dauer-Pessimismus". Dennoch leiste sich die Regierung "kein populistisches Wünsch-Dir-was", unterstrich der Grünen-Abgeordnete Simon Rock.
Der Etatentwurf für das kommende Jahr sieht Ausgaben in Höhe von 112,3 Milliarden Euro vor - 6,8 Milliarden Euro mehr als im Haushalt 2025. Über 43,5 Milliarden Euro sind nach Abgaben des Finanzministeriums für Kinder, Schulen, Hochschulen und Kitas vorgesehen. "Dass wir im Bildungsbereich kürzen wollen, ist schlichtweg falsch", hielt Lehne der SPD entgegen.
Wüsts Staatskanzlei-Kosten im Visier
Wie in jedem Jahr nahm die Opposition vor allem den Einzelplan der Staatskanzlei auseinander. "Bis zum heutigen Tag kennen wir noch nicht die Gesamtkosten, die für Um- und Ausbau der Staatskanzlei aufgebracht wurden und immer noch aufgebracht werden", kritisierte die SPD-Abgeordnete Elisabeth Müller-Witt. Das gelte auch für die noch bis zum Ende des Jahrzehnts fälligen Mieten für die ehemalige Staatskanzlei im prestigeträchtigen Düsseldorfer Bürohaus Stadttor.
Die Ansprüche seien jedenfalls unangemessen hoch, wenn gleichzeitig an vielen entscheidenden Stellen im Land der Gürtel enger geschnallt werden müsse, warf Müller-Witt dem Ministerpräsidenten vor. Dabei spiegele der rund 327 Millionen Euro (2025: rund 346 Millionen) umfassende Einzelplan gar nicht die tatsächlichen Ausgaben der Staatskanzlei wider: Zwar werde ein moderater Haushaltsansatz suggeriert, tatsächlich würde aber in die Kassen anderer Ressorts gegriffen, um die Ausgaben zu decken.
AfD gegen "Palazzo Prozzo" und "XXL-Anbau"
Der AfD-Abgeordnete Andreas Keith spießte die langjährigen Sanierungsarbeiten an der Staatskanzlei ebenfalls auf und sprach von einem "Palazzo Prozzo". Während dort "Luxus und Selbstdarstellung" inszeniert würden, sehe es im Land ganz anders aus: "Schulen laufen am Limit, Brücken bröckeln, Schwimmbäder schließen, Sportanlagen verfallen, Bibliotheken werden geschlossen und viele Kommunen wissen nicht mehr, wie sie ihre Grundaufgaben schultern sollen." Keith kritisierte zudem den Landtag, der sich demnächst für 245 Millionen Euro "einen XXL-Anbau" genehmigen wolle.
Staatskanzleichef dementiert ausufernde Kosten
Staatskanzleichef Nathanael Liminski (CDU) verwies dagegen auf die vielfältigen in der Staatskanzlei koordinierten Aufgaben und wehrte die Anwürfe ab. Es sei falsch so zu tun, als würde der Einzelplan ins Unermessliche wachsen.
Tatsächlich seien bei nahezu allen konsumtiven Sachausgaben Einsparungen geplant: unter anderem im Bereich des Landespresse- und Informationsamts, bei Mieten und Pachten, beim Fahrdienst der Landesregierung, bei den Landesvertretungen und bei der wissenschaftlichen Beratung. "Überall dort fahren wir die Ansätze zurück, obwohl die Kosten steigen", versicherte Liminski. Zudem würden sieben Stellen abgebaut.
Oppositionspolemik über "die teuerste Föhnfrisur"
Aus Sicht der AfD sind dagegen die Ausgaben für Styling, Friseur, Visagisten "und sonstige Imagepflege" nach wie vor zu hoch. "Authentizität, Glaubwürdigkeit und Volksnähe lassen sich eben nicht kaufen, Herr Wüst", meinte Keith. "Da hilft auch die teuerste Föhnfrisur nichts."