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Große Ziele ausgerufen Was macht eigentlich die Impfkampagne?

Geschlossenes Coronavirus-Impfzentrum in Gelsenkirchen
Ein Fehler in der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie? Wie hier in Gelsenkirchen sind die Impfzentren vielerorts geschlossen.
© Caroline Seidel-Dißmann / DPA
An manchen Tagen wurden in der Vergangenheit mehr als eine Million Coronavirus-Impfdosen in Deutschland verabreicht. Doch ein Blick auf die aktuellen Zahlen zeigt: Diese Zeit scheinen ein für alle Mal vorbei.

73.209 Neuinfektionen mit dem Coronavirus, eine Sieben-Tage-Inzidenz von 439,2 und die Angst vor einer sich auftürmenden vierten Welle der Pandemie – die Welt war noch ein klein wenig anders am 2. Dezember 2021.

Zum x-ten Mal fanden sich Bund und Länder an jenem Donnerstag zusammen, um über neue Maßnahmen im Kampf gegen die Ausbreitung des Sars-CoV-2-Erregers zu beraten. Die Bundeskanzlerin hieß noch Angela Merkel, doch auch Olaf Scholz, der sechs Tage später zu ihrem Nachfolger gewählt werden sollte, saß mit am (virtuellen) Tisch. Er machte vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Pandemie-Lage mit einem – so wörtlich – "ehrgeizigen Ziel" von sich reden: "Wenn es denn irgendwie erreichbar ist, bis zu 30 Millionen Impfungen (...) zu erreichen bis Weihnachten."

Impfquote steigt kaum noch

30 Millionen. Das bedeutete rund 1,3 Millionen Impfungen pro Tag. In seiner ersten Regierungserklärung änderte Scholz sein Ziel auf "30 Millionen Impfdosen bis Jahresende". Deutschland erreichte es mit Ach und Krach und dank einer großen Kraftanstrengung aller Beteiligten:

Bis zum Ende der Woche des 2. Dezember 2021 wurden nach offiziellen Angaben des Bundesgesundheitsministeriums insgesamt 141,4 Millionen Impfdosen verabreicht, als Erst-, Zweit- oder Boosterimpfung. In der Woche des Jahreswechsels lag die Zahl dann bei 171,5.

Doch ein weiteres Zwischenziel hat die Bundesregierung anschließend verpasst. Bis Ende Januar 2022 sollten nach Vorstellung von Bundeskanzler Scholz 80 Prozent der deutschen Bevölkerung mindestens einmal geimpft sein – tatsächlich waren es 75,8 Prozent. "Man kann sagen, das hat nicht geklappt", gab Regierungssprecher Steffen Hebestreit unumwunden zu.

Die Impfkampagne hat seit dem Jahreswechsel deutlich an Fahrt verloren – auch die viel kritisierte neue Plakatkampagne der Bundesregierung hat daran nichts geändert. Mit dem Scheitern der Impfpflicht im Bundestag in der vergangenen Woche ist auch das vielleicht wirksamste Instrument, die Impfquote erhöhen zu können, passé.

Die untenstehende Grafik zeigt den Anteil geimpfter Personen in Prozent. Klicken Sie auf die Balken, um eine Aufschlüsselung nach Altersgruppen und Impfstatus zu erhalten.

Fakt ist: Die anvisierten 80 Prozent an Grundimmunisierten sind nach wie vor nicht erreicht, die Quote lag zuletzt bei 76 Prozent. Und sie erhöht sie kaum noch:

In der vergangenen Kalenderwoche wurden insgesamt 233.894 Impfdosen verabreicht, im Schnitt also gut 33.000 pro Tag. Nur 20.779 Menschen haben sich in der gesamten Woche zum ersten Mal impfen lassen.

Mit anderen Worten: Die Impfkampagne ist nahezu zum Erliegen gekommen. Auch die mit viel Hoffnung verbundene Einführung des Novavax-Protein-Impfstoffs hat daran nichts geändert.

Das Robert-Koch-Institut hatte im vergangenen Jahr eine Impfquote von mindestens 85 Prozent unter den Zwölf- bis 59-Jährigen und von mindestens 90-Prozent bei den über 60-Jährigen empfohlen, um die Coronavirus-Pandemie unter Kontrolle zu bringen – und dies noch unter dem Eindruck der weniger ansteckenden Delta-Variante des Erregers.

Regierung kündigt neue Coronavirus-Impfkampagne an

Doch von diesem Ziel ist Deutschland weit entfernt und wird es auf absehbare Zeit auch bleiben. Das Problem ist der Bundesregierung bewusst. "Wir werden alles dafür tun, dass wir trotzdem noch mehr Bürgerinnen und Bürger davon überzeugen, sich impfen zu lassen", kündigte Bundeskanzler Scholz nach dem Scheitern der Impfpflicht an. Sein Gesundheitsminister Karl Lauterbach versprach einen "kreativen Aufschlag", um bisher nicht erreichte Bevölkerungsgruppen anzusprechen. "Wir müssen noch einmal eine wirklich wirksame Impfkampagne gezielt an die richten, die zwar bisher sich nicht haben impfen lassen, aber im Prinzip bereit sind", sagte er im Deutschlandfunk.

Am vergangenen Sonntag wurden derweil bundesweit 4697 Impfdosen verabreicht, davon 513 für Erstimpfungen. Zwei Negativrekorde.

Informationen zur Impfung – auch in mehreren Sprachen – finden Sie hier.

Quellen: Robert-Koch-Institut (1), Robert-Koch-Institut (2), Bundesministerium für Gesundheit, "Our World in Data"Deutschlandfunk, Nachrichtenagentur DPA

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