Kurz & Knapp Eisschwimmen: Ist die radikale Abkühlung des Körpers tatsächlich so gesund?

  • von Andreas Beerlage
Braucht Mut, tut gut: Eisschwimmen
Braucht Mut, tut gut: Eisschwimmen
© imago images/Fotostand
Bereits im Altertum schworen Gelehrte auf das kalte Wasser, bei der WM wollte sich Per Mertesacker "drei Tage in die Eistonne" legen. Doch tut das eiskalte Wasser uns überhaupt gut?

Schon die alten Germanen sollen ihre Neugeborenen ins kalte Nass gedippt haben, um sie abzuhärten. Hippokrates habe mit kaltem Wasser Leiden bekämpft, heißt es. Goethe wird nachgesagt, er habe das Eis der Ilm bei Weimar aufgehackt, um mit Freunden im Fluss zu baden.

Der spätere Fußballweltmeister Per Mertesacker wollte sich nach dem WM-Achtelfinale 2014, genervt von Reporterfragen zu spielerischen Mängeln, "drei Tage in die Eistonne" legen. Und im Osten war Winterbaden zu DDR-Zeiten eine Tradition der sozialistischen Bruderstaaten, die man hochhielt. Aus dieser Zeit haben sich bis heute in einigen Städten entsprechende Badegruppen gehalten, sie heißen die Seehunde, die Pinguine oder die Polarfüchse.

Nach dem Eisschwimmen kommt das "Swimmer's High"

Der Kältereiz, den das Eintauchen ins frostige Nass auslöst, gilt vielen Richtungen der Naturheilkunde als heilsam oder vorbeugend. Sind die Methoden dabei besonders unsanft, etwa weil das Wasser außerordentlich kalt ist, spricht der Volksmund auch von "Rosskur", nach dem Grimm’schen Wörterbuch "eine gewagte kur mit ungeheuerlichen mitteln". Denn der Kälteschock etwa nach einem Sprung durchs aufgehackte Eis sorgt dafür, dass jede Menge los ist im derart abgeschreckten Körper: Gefäße der äußeren Gewebe verengen sich blitzartig, Puls und Blutdruck steigen. Muskeln heizen sich zitternd auf.

Anschließend, so das "British Medical Journal", könne es zum "Swimmer's High" kommen – einer wohligen Wallung von Endorphinen, Dopamin und Serotonin, wie auch Läufer sie kennen. Das Kaltbad also ist generell gesund und obendrein ein wirklicher Kick.

Jedoch: Menschen mit Herzfehlern, Kreislauferkrankungen, Bluthochdruck oder Diabetes setzen sich bedenklicher Belastung aus, wenn sie unbedacht eisplanschen. Ärztliche Risikoabklärung ist ratsam! Wer nach ein paar Mal zum Schwimmen übergeht, beachte, dass Bewegung im Wasser für noch stärkere Abkühlung sorgt. Also gilt auch hier: langsam anfangen und behutsam steigern.

Erschienen in stern 2/2023

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