Durch diese Lücken kann der Erreger tiefer ins menschliche Gewebe vordringen und dort Immunzellen angreifen, haben Mediziner um Thomas Hope der Northwestern University in Chicago herausgefunden. Bislang dachten die Forscher, diese Viren würden sich beispielweise über kleine Hautverletzungen in der Scheide ausbreite. Offenbar gebe es aber mehrere Wege, über die das HI-Virus in den Körper gelangt, kommentierten die Forscher ihre Ergebnisse auf der Jahresversammlung der amerikanischen Gesellschaft für Zellbiologie in San Francisco.
Die Forscher präparierten Gewebe von Frauen, das bei Gebärmutterentfernungen anfiel. Dieses Gewebe brachten sie mit markierten HI-Viren in Kontakt. Den Viren hatten sie eine Molekülstruktur angeheftet, die sie zum Leuchten bringen konnten. So konnten sie den Weg verfolgen, den die Viren im Gewebe nahmen. Nach rund vier Stunden hatten sich die Erreger bis in eine Gewebetiefe von rund 50 Mikrometern hineingearbeitet. Diese Distanz entspricht ungefähr der Dicke eines menschlichen Haars. In dieser Tiefe, folgern die Forscher, kommen die Viren mit den verschiedenen Zellen des Immunsystems in Kontakt, befallen etwa T-Zellen und können sich darüber weiter ausbreiten.
Die HI-Viren nutzen vermutlich die Erneuerungsprozesse der Vaginalwand, um in das Gewebe vorzudringen. Dort schuppen sich die oberen Hautzellen ab und lockern damit den Zellverband auf. Dadurch können Wasser und mit ihm HI-Viren vordringen. Die Forscher hoffen nun, dass ihre Erkenntnisse über den Infektionsweg bei der Entwicklung von Salben und Impfungen gegen den Erreger helfen.