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Chronische Spannungskopfschmerzen Schädel im Schraubstock

Eine Frau hat Kopfschmerzen und hält sich den Kopf.
Hinter Spannungskopfschmerzen steckt oft Stress
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Spannungskopfschmerzen kehren oft wieder und sind lästig. Viele Faktoren spielen bei der Entstehung eine Rolle. Aber es gibt wirksame Therapien. Und jeder kann selbst etwas tun.

Unter Kopfschmerzen leiden etwa 54 Millionen Menschen in Deutschland. Nicht eingerechnet diejenigen, die wegen eines Gläschens zu viel einen Brummschädel bekommen. Mediziner unterscheiden zwischen mehr als 250 verschiedenen Hauptformen des Kopfschmerzes. Die am meisten verbreitete ist der Spannungskopfschmerz. 54 Prozent aller Kopfwehgeplagten leiden unter dieser Pein.

Spannungskopfschmerz kann jeden treffen, Männer wie Frauen, Junge und Alte. Chronische Spannungskopfschmerzen nehmen mit dem Lebensalter zu: Von Menschen unter 36 Jahren sind nur zwei Prozent betroffen, die über 55-Jährigen aber schon zu vier Prozent.

Chronische Spannungskopfschmerzen haben fast immer eine Vorgeschichte. Plagen die Kopfschmerzen weniger als zwölf Tage im Jahr, nennen die Ärzte ihn noch: sporadischen episodischen Kopfschmerz. Steigert sich das auf bis zu 15 Tage im Monat, heißt er episodischer Kopfschmerz. Erst wenn das Leiden an 15 Tagen oder mehr im Monat wiederkehrt oder sich an über 180 Tagen im Jahr zeigt, heißt die Diagnose: chronischer Spannungskopfschmerz. In 80 Prozent der Fälle hat die Erkrankung in etwa zehn Jahren die genannten Stadien durchlaufen. Nur selten überfällt der chronische Kopfschmerz einen Menschen spontan.

Stress macht einen dicken Kopf

Bis heute wissen Wissenschaftler nicht genau, woher Spannungskopfschmerzen kommen. Einig sind sie sich darin, dass es nicht die eine Ursache gibt, sondern viele Faktoren eine Rolle spielen. Studien lassen die Vermutung zu, dass Stress und Überforderung beim Entstehen der Krankheit eine Rolle spielen. Denn solche Belastungen verändern den Stoffwechsel im Gehirn. Unter anderem wird der Botenstoff Serotonin verstärkt abgebaut. Dadurch sinkt die Schmerzschwelle, das Gehirn reagiert nun sensibler auf Schmerzreize. Und das nicht nur innen, sondern auch außen: Menschen mit chronischem Spannungskopfschmerz sind extrem empfindlich am Kopf.

Symptome

Chronischer Spannungskopfschmerz tritt in vielen Varianten auf. Er kann nur wenige Minuten anhalten, aber auch mehrere Tage. Er tritt unabhängig von der Tageszeit auf, morgens quält er die Betroffenen nicht häufiger als abends. Die Leidgeplagten beschreiben den Schmerz als leicht bis mäßig stark. Oft zieht er vom Nacken auf, um dann über den Hinterkopf weitere Regionen des Kopfes zu überziehen. Dabei können beide Seiten befallen sein. Die Geplagten haben das Gefühl, sie könnten nicht klar denken, ein Stahlband schnüre den Kopf ein oder eine schwere Last läge auf ihm. Manche fühlen sich dabei benommen.

Anders als bei der Migräne soll all dies nicht von Sport und Bewegung abhalten. Die meisten Menschen mit Spannungskopfschmerzen gehen weiter zur Arbeit, auch wenn es ihnen schwerfällt.

Lästige Begleiterinnen: Verspannungen

Bei Menschen mit Spannungskopfschmerzen kann das eine Übel oft ein anderes nach sich ziehen:

  • Kopf-, Schulter- oder Nackenmuskeln sind häufig verspannt.
  • Das Gesicht ist schmerzempfindlich, weil die Gesichtsmuskeln aktiver sind als bei Gesunden.
  • Schmerzen in der Kopf- und Nackenmuskulatur schränken die Bewegungen des Kopfes und/oder des Nackens ein.
  • Es entwickelt sich eine Empfindlichkeit gegen Licht oder Lärm - nicht aber gegen beides.
  • Schmerz raubt den Schlaf und damit langfristig die Lebensfreude.
  • Angst vor Schmerzen führt zu Rückzug, Depression und Vereinsamung.

Erspart bleibt den Betroffenen, was Menschen mit Migräne oft quält: Seh- und Sprachstörungen sowie Erbrechen. Dafür haben 64 Prozent der Menschen mit chronischen Spannungskopfschmerzen zusätzlich eine psychische Krankheit, meistens eine Depression oder eine Angststörung.

Früher gingen Mediziner davon aus, dass Verspannungen an der Halswirbelsäule für das Kopfweh verantwortlich sind. Daher der Name: Spannungskopfschmerz. Heute ist bekannt, dass eine Muskelverspannung nur einer von vielen möglichen Auslösern ist. Spannungskopfschmerzen können hervorgerufen werden durch:

  • Konflikt- und Stresssituationen,
  • Existenz- und Verlustangst,
  • schwere Depression,
  • Überforderung und das Gefühl der Hilflosigkeit,
  • körperliche Fehlhaltung,
  • Funktionsstörungen des Kiefers,
  • zu hohe Dosen von Schmerz- und Beruhigungsmitteln.

Sind die Spannungskopfschmerzen bereits im chronischen Stadium, machen sie sich selbständig: Sie kommen auch ohne einen inneren oder äußeren Anlass.

Diagnose

"Ich habe Kopfschmerzen" - das ist der Satz, den Ärzte am häufigsten hören. Doch damit ist nicht viel gewonnen. Denn der Arzt muss erst mal herausfinden, unter welcher der vielen Kopfschmerzformen der Betroffene leidet. Apparate oder Untersuchungen von Blut und Urin helfen da nicht weiter. Sondern nur eines: das ausführliche Gespräch. Diese sogenannte Anamnese reicht in über 95 Prozent der Fälle aus.

Für die Diagnose muss der Arzt wissen, seit wann und wo die Schmerzen auftreten und wie lange sie jeweils anhalten. Er versucht dann mit weiteren Fragen, die Krankheit einzugrenzen, etwa:

  • Wie fühlen sich die Schmerzen an und wie stark sind sie?
  • Beeinträchtigen die Beschwerden Ihren Alltag und Ihre Lebensqualität?
  • Gibt es Begleiterscheinungen? Wenn ja, welche?
  • Kennen Sie konkrete Auslöser für die Kopfschmerzen?
  • Welche Medikamente nehmen Sie ein?
  • Fühlen Sie sich seelisch angespannt?
  • Gibt es Familienangehörige mit ähnlichen Beschwerden?

Um diese Fragen gut beantworten zu können, empfiehlt es sich, schon vorher alles aufzuschreiben, was zu den eigenen Kopfschmerzen einfällt, und diese Notizen dann zum Arzt mitzubringen. Ein vorgedrucktes Kopfschmerz-Tagebuch mit Fragen kann bei dieser Vorbereitung helfen. Erst wenn der Arzt sich ein genaues Bild von allen Beschwerden gemacht hat, kann er etwas über die spezielle Kopfschmerzform sagen.

Chronisch ist, was andauert

Bei seiner Diagnose orientiert der Arzt sich an Kriterien, welche die Internationale Kopfschmerzgesellschaft festgelegt hat. Danach hat ein Mensch chronische Spannungskopfschmerzen, wenn folgende Punkte auf ihn zutreffen:

  • Die Kopfschmerzen treten seit sechs Monaten an mehr als 15 Tagen im Monat auf.
  • Die Kopfschmerzen halten über Stunden hinweg an oder sie sind dauernd da.
  • Die Kopfschmerzen haben mindestens zwei der folgenden Eigenschaften:
  • Sie sind drückend, vermitteln ein Gefühl der Enge.
  • Sie sind nicht sehr stark, schränken aber möglicherweise die Aktivität ein.
  • Sie werden auf beiden Seiten des Kopfes wahrgenommen.
  • Die Kopfschmerzen haben eine der folgenden Eigenschaften:
  • Sie gehen entweder mit leichter Übelkeit oder mit Lichtempfindlichkeit oder mit Lärmempfindlichkeit einher
  • Sie sind nicht verbunden mit starker Übelkeit oder Erbrechen.
  • Die Kopfschmerzen stehen nicht im Zusammenhang mit einer anderen Krankheit.

Die Angst vor einem Tumor ist fast immer unbegründet

Nach dem ausführlichen Gespräch untersucht der Arzt den Kopfschmerzkranken gründlich. Er schaut auf:

  • Haut, Schleimhaut und Zähne,
  • Puls und Blutdruck,
  • Herz und Lungen,
  • Kiefer,
  • Halswirbelsäule,
  • Nerven und Muskeln.

Er testet die Kraft und die gesamte Beweglichkeit des Körpers, prüft die Reflexe und die Koordination der Gliedmaßen und schaut nach Taubheitsgefühlen oder einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit. In den meisten Fällen kann der Arzt durch Gespräch und Untersuchung eindeutig feststellen, ob es sich bei dem Kopfweh im medizinischen Sinne um chronische Spannungskopfschmerzen handelt.

Weitere medizinische Geräte kommen bei dieser Untersuchung in der Regel nicht zum Einsatz, es sei denn, es gibt Anzeichen für eine andere Erkrankung. Viele Kopfwehgeplagte haben Angst, sie könnten einen Gehirntumor haben. Um das auszuschließen, kann der Arzt eine Schichtbildaufnahme (Computer- oder Kernspintomografie) des Kopfes machen lassen. In den meisten Fällen ist das aber nicht notwendig; es reicht eine sorgfältige Untersuchung durch einen Nervenarzt.

Die ganze Kopfschmerzpalette

Um mit Gewissheit sagen zu können, ob jemand chronische Spannungskopfschmerzen hat, muss der Arzt alle anderen Kopfschmerzformen ausschließen.

  • Episodische Spannungskopfschmerzen sind drückende und ziehende Schmerzen ohne Übelkeit, die an weniger als 15 Tagen im Monat auftreten. Die einzelnen Attacken können zwischen 30 Minuten und mehreren Tagen anhalten.
  • Schmerzmittelbedingte Kopfschmerzen sind dumpf-drückende Dauerkopfschmerzen. Sie können sich einstellen, wenn jemand Schmerzmittel drei Monate und länger einnimmt und zwar an mehr als zehn Tagen pro Monat. Wird das Medikament abgesetzt, kommt es zu einem Entzugskopfschmerz. Erst nach längerer Einnahmepause von bis zu acht Wochen kann der Schmerz wieder verschwinden.
  • Migräne verursacht pochende und pulsierende Kopfschmerzen, die sich bei körperlicher Aktivität verstärken. Eventuell kommen Brechreiz, Erbrechen, Seh-, Sprech- und Sensibilitätsstörungen sowie Überempfindlichkeit gegen Licht und Lärm dazu. Etwa die Hälfte der Kopfschmerzgeplagten leidet sowohl an Migräne als auch an Spannungskopfschmerzen.
  • Chronische Migräne verursacht Dauerkopfschmerzen, eine Mischform aus Migräne- und Spannungskopfschmerzen.
  • Clusterkopfschmerzen sind starke, einseitige Kopfschmerzattacken im Bereich der Augen, der Stirn oder der Schläfe. Der Schmerzangriff kann 15 Minuten, aber auch bis zu drei Stunden andauern. Oft tränen dabei die Augen, sie sind gerötet, die Nase läuft, und auf dem Gesicht bildet sich ein Schweißfilm.

Hoher Druck - hoher Schmerz

Kopfschmerzen als eigenständige Krankheit, sogenannte primäre Kopfschmerzen, müssen anders behandelt werden als sekundäre Kopfschmerzen, also solche, die eine andere Krankheit hervorruft. Um eine andere Krankheit als Ursache für den Schmerz auszuschließen, kann eine Schichtbildaufnahme des Kopfes (Computer- oder Kernspintomografie) sinnvoll sein. Manchmal ist auch die Untersuchung von Blut und der Flüssigkeit aus dem Rückenmark erforderlich.

Zu den Krankheiten, die einen sekundären Dauerkopfschmerz auslösen können, gehören unter anderem:

  • eine Nasennebenhöhlenentzündung,
  • Bluthochdruck,
  • eine Schilddrüsenüberfunktion,
  • Fließstörungen der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit,
  • Hirnblutungen,
  • Tumore,
  • eine chronische Hirnhautentzündung.

Therapie

Kopfschmerzen sind meist harmlos und vorübergehend, sie können aber auch hinweisen auf eine andere Krankheit. Fachleute sprechen dann von sekundären Kopfschmerzen. Dann sollten Sie natürlich die zugrundeliegende Erkrankung behandeln. Je nach Ursache kann die Therapie unterschiedlich ausfallen.

Leiden Sie jedoch unter akuten Spannungskopfschmerzen, können Ihnen Schmerzmittel helfen. Sie verringern die Beschwerden oder lassen sie ganz verschwinden. Folgende Wirkstoffe können helfen:

Allerdings können diese Substanzen auch unangenehme Nebenwirkungen haben. Nimmt jemand dauernd Schmerzmittel, können sie genau das auslösen oder verstärken, was sie mindern sollen: die Kopfschmerzen. Deshalb Schmerzmittel besser nicht häufiger als an zehn Tagen im Monat einnehmen. Kombinationspräparate, die mehrere Wirkstoffe in einer Tablette enthalten, sollten Sie komplett vermeiden. Sie wirken nicht besser als einzelne Wirksubstanzen und führen außerdem wesentlich früher zu Dauerkopfschmerzen und Medikamentenabhängigkeit.

Pfefferminzöl gehört zu den bewährten Hausmitteln

Bei akuten Spannungskopfschmerzen hilft als Alternative zum Medikament zehnprozentiges Pfefferminzöl in alkoholischer Lösung. Großflächig auf Stirn und Schläfe aufgetragen, verringert es die Kopfschmerzen nach etwa 15 Minuten und erweist sich damit als genau so wirkungsvoll wie eine Tablette mit Paracetamol. Das haben verschiedene Studien gezeigt. Selbst bei hartnäckigen Dauerkopfschmerzen können außerdem kurzfristig helfen:

Antidepressiva helfen vorbeugend gegen Schmerzen

Ist der Spannungskopfschmerz chronisch geworden, sollten keine Schmerzmittel mehr zum Einsatz kommen. Denn auf Dauer können diese das Übel sogar verschlimmern. Stattdessen setzen Ärzte Mittel ein, mit denen Depressionen behandelt werden, sogenannte trizyklische Antidepressiva: Zu diesen Mitteln gehören:

  • Amitriptylin
  • Doxepin
  • Imipramin
  • Nortriptylin
  • Desipramin

Amitriptylin ist die Nummer Eins bei chronischen Spannungskopfschmerzen. Es macht nicht abhängig und verursacht keine schweren Nebenwirkungen. Zu Beginn der Therapie allerdings klagen viele Menschen über Mundtrockenheit, Schwindel, Verstopfung oder Schlafstörungen, sie fühlen sich müde oder nehmen an Gewicht zu. Am Anfang einer Therapie mit Antidepressiva neigen Betroffene zu selbstzerstörerischen Handlungen. Denn das Medikament steigert zunächst nur die Tatkraft, die Stimmungslage verbessert sich erst später.

Amitriptylin wirkt erst nach etwa zwei bis drei Wochen. Sind die Kopfschmerzen nach acht Wochen immer noch da, ist ein anderes Antidepressivum anzuraten. Schlägt es an, wird nach einem halben Jahr die Dosis langsam reduziert und schließlich das Medikament ganz weggelassen. Bei 45 Prozent der Kopfschmerzgeplagten lindert die Behandlung mit Antidepressiva die Beschwerden.

Bewegung und Entspannung sind gut

Das Alltagsmotto für Menschen mit Spannungskopfschmerzen heißt: Bewegung! Laufen, Schwimmen, Radfahren, Nordic Walking sind angesagt - und das als Ausdauertraining zwei- bis dreimal in der Woche. Wichtig ist auch, für einen guten Schlaf zu sorgen und Stress möglichst zu vermeiden. Hilfreich sind außerdem eine Reihe von Entspannungstechniken:

Entspannungsübungen: Bei der progressiven Muskelentspannung nach Jacobson werden die Muskeln willkürlich angespannt und wieder entspannt. Die Methode hilft, den Körper besser wahrzunehmen und Verspannungen als mögliche Kopfschmerzursache zu erkennen und zu beseitigen. Für diese Technik gibt es CD-Programme zum Selberlernen.

Stressbewältigungstraining: Stress in den Muskeln hat nicht nur körperliche Ursachen. Auch Angst oder seelische Belastungen können ihn hervorrufen. Wer diesen Zusammenhang erkennt und sich kontrolliert, kann seine Kopfschmerzen positiv beeinflussen.

Biofeedback: Diese Methode kann dem Erkrankten verdeutlichen, wie seine Muskeln auf eine belastende Situation reagieren. Dabei zeigt ihm ein Monitor den Spannungszustand seiner Muskulatur an. Ziel dieser von einem Arzt oder einer Psychologin begleiteten Behandlung ist es, unbewusste Körperfunktionen bewusst zu steuern.

Kognitive Verhaltenstherapie: Chronische Spannungskopfschmerzen bringen oft Schlaflosigkeit, Angststörungen, Unruhe, Abgeschlagenheit und Stimmungsschwankungen mit sich. Daher kann eine Psychotherapie als Begleitung sinnvoll sein. Eine kognitive Verhaltenstherapie etwa hilft dabei, besser mit den Schmerzen umzugehen.

Die Behandlungsmöglichkeiten für chronische Spannungskopfschmerzen sind also breit gefächert. Am besten ist es daher, wenn sich ein ganzes Team von Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen an der Therapie beteiligt: Ärzte, Schmerztherapeuten, Zahnärzte, Psychologen und Physiotherapeuten.

Tipps

Achten Sie auf einen gut gestalteten Arbeitsplatz. Ihr Stuhl sollte Rücken- und Armlehnen haben und leicht beweglich sein. Ihre Tastatur sollte nicht zu hoch eingestellt sein. Stellen Sie Ihren Monitor nicht vor ein helles Fenster, da ständig wechselndes Licht die Augen überanstrengen und Kopfschmerzen verursachen kann.

Versuchen Sie, die Auslöser Ihrer Kopfschmerzen herauszufinden - und zu meiden. Beobachten Sie sich dazu selbst und führen Sie ein Kopfschmerz-Tagebuch. Manche Auslöser von Kopfschmerzen lassen sich nicht beeinflussen. Versuchen Sie, diese zu erkennen und Wege zu finden, die Ihnen die Schmerzen erträglicher machen.

Nehmen Sie nachts eine für die Wirbelsäule entspannte Liegeposition ein, die sogenannte Embryonalstellung: Legen Sie sich auf die Seite mit leicht angewinkelten Beinen, betten Sie den Kopf auf ein flaches Kissen.

Pause, der Wecker klingelt

Wenn Sie länger am Stück sitzen müssen, zum Beispiel vor dem Computer oder beim Autofahren, legen Sie öfters eine Pause ein und dehnen und strecken Sie sich. Als Erinnerungshilfe für die Pause können Sie sich den Wecker einmal pro Stunde einstellen.

Kontrollieren Sie immer wieder Ihren Spannungszustand, indem Sie im Spiegel Ihre Schultern, Ihre Augen und Ihren Gesichtsausdruck kritisch betrachten. Dabei gibt es einen kleinen Trick: Kleben Sie ein Pflaster über die Haut des entsprechenden Muskels in entspanntem Zustand. Spannt sich dieser an, verspüren Sie durch das Pflaster hindurch ein Spannungsgefühl über der Haut. Nun können Sie unmittelbar auf das Signal reagieren und sich wieder entspannen.

Steht vielleicht der Kiefer schief?

Machen Sie jeden Tag etwa 15 Minuten lang Entspannungsübungen an einem ruhigen Ort. Nehmen Sie eine aktive Rolle in der Kopfschmerztherapie ein! Fragen Sie sich, was Ihre Schmerzen positiv und negativ beeinflusst und reden Sie darüber auch mit Ihrem Arzt.

Lassen Sie Ihren Kiefer überprüfen. Oft kann eine - herausnehmbare - Plastikschiene auf der oberen oder unteren Zahnreihe helfen, den Kiefer zu stabilisieren und neu einzustellen. Probieren Sie auch aus, was wissenschaftlich nicht eindeutig erwiesen ist - vielleicht hilft es trotzdem: Massage, Akupunktur, transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS), Rotlicht, Fango, Wärme- und Kältetherapie.

Expertenrat

Professor Hartmut Göbel von der Schmerzklinik Kiel beantwortet Ihre Fragen

Wenn ich Spannungskopfschmerzen habe, bin ich dann vor Migräne gefeit?

Viele Erkrankte, die sich in spezialisierten Einrichtungen vorstellen, leiden nicht nur an chronischen Spannungskopfschmerzen, sondern zusätzlich noch an anderen Kopfschmerzformen. In den meisten Fällen an Migräne. Etwa die Hälfte der Migränekranken leidet gleichzeitig auch an Spannungskopfschmerzen, oft auch an chronischen. Da chronische Spannungskopfschmerzen meistens als mittelstark empfunden werden und nicht, wie bei der Migräne, mit schwerwiegenden Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen oder Schüttelfrost einhergehen, wird lange Zeit kein Arzt aufgesucht. Die Erkrankten behandeln sich unkontrolliert selbst mit Schmerzmitteln.

Dadurch kann es zusätzlich zum Spannungskopfschmerz noch zum Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch kommen. Bis zu 90 Prozent der Menschen, die sich beim Kopfschmerzspezialisten vorstellen, haben eine Kombination aus Spannungskopfschmerz, Migräne und Kopfschmerzen durch Medikamentenübergebrauch.

Welche Tabletten darf ich nehmen, wenn ich sporadisch Kopfschmerzen habe?

Zum einen sollte der Betroffene genau wissen, unter welchen Kopfschmerzen er leidet. Dies ist meistens leider nicht der Fall, es herrscht ein regelrechter Kopfschmerz-Analphabetismus. Grundsätzlich dürfen Schmerzmittel nur an maximal zehn Tagen im Monat eingenommen werden. Dabei sollten lediglich solche Medikamente eingesetzt werden, die nur einen Wirkstoff beinhalten.

Kombinationspräparate können eher abhängig machen, zudem führen sie schneller als Monopräparate zu medikamentenbedingten Kopfschmerzen. Schmerztabletten mit mehreren Wirkstoffen bringen auch mehrere Nebenwirkungen mit sich. Außerdem enthalten sie häufig Koffein, was insofern paradox ist, als Betroffene sich bei Kopfschmerzattacken eher hinlegen und entspannen sollten. Vor diesem Hintergrund ist die Wirkung von Koffein eher kontraproduktiv. Es kann kurzfristig vielleicht helfen, mittelfristig führt es aber zu Übergebrauch von Schmerzmitteln.

Muss ich auch zum Arzt, wenn ich nur hin und wieder Kopfschmerzen habe?

Spannungskopfschmerzen sind so verbreitet wie Schnupfen. Betroffene gehen nicht zum Arzt, weil sie denken, die Beschwerden verschwänden auch von selbst wieder. Doch gerade wenn Kopfschmerzen im jugendlichen Alter neu auftreten, sollten Betroffene unbedingt einen Experten kontaktieren. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Schmerzen chronisch werden und dann nur noch sehr schwierig zu behandeln sind.

Deshalb empfehle ich, so früh wie möglich einen Arzt zum ausführlichen Beratungsgespräch aufzusuchen. Danach weiß der Betroffene, was genau er hat und wie er es am besten behandeln sollte. Grundsätzlich sollten Kopfschmerzen, die an mehr als zehn Tagen im Monat auftreten, immer beim Arzt abgeklärt werden.

Sind chronische Spannungskopfschmerzen heilbar?

Obwohl chronische Spannungskopfschmerzen keine sehr starken Beschwerden verursachen, sind sie doch die bösartigsten Kopfschmerzen, da sie ohne spezifische Therapie nur sehr schlecht in den Griff zu bekommen sind. Durch Antidepressiva lassen sich die Spannungskopfschmerzen lindern, so dass die Patienten wieder eine bessere Lebensqualität erreichen.

Die Schmerzen lassen sich zwar um 40 bis 50 Prozent reduzieren, aber fast nie komplett nehmen. Deshalb ist die medikamentöse Behandlung als Teil eines therapeutischen Gesamtkonzepts zu verstehen, zu der immer noch weitere Maßnahmen hinzukommen müssen. Wichtig ist, dass der Erkrankte auch nach vielen Jahren mit Kopfschmerzen nicht aufgibt und sich mithilfe eines Spezialistenteams zu seinem eigenen Anwalt macht.

Forschung

Bis heute ist nicht genau geklärt, wie Spannungskopfschmerzen entstehen. Möglicherweise sind Wissenschaftler dem Rätsel nun ein Stück näher gekommen. Studien zeigen, dass stetig einlaufende Reize von den Kopf-, Gesichts- und Nackenmuskeln die Nerven im Gehirn überstark erregen. Dies könnte eine mögliche Erklärung dafür sein, wieso episodische Spannungskopfschmerzen nach einer Weile in die chronische Form übergehen.

Bei diesem Prozess spielt wahrscheinlich der chemische Botenstoff Stickstoffmonoxid eine Rolle. Ein Medikament, das die Produktion von Stickstoffmonoxid im Körper verringert, könnte also auch die (Kopf-)Schmerzen reduzieren. Falls weiterführende Untersuchungen dies bestätigen, eröffnen sich neue Möglichkeiten in der Therapie von chronischen Spannungskopfschmerzen.

Frau hält sich vor Schmerz die Hand an den Kopf
Wolfgang Schillings

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