"Kommst du mit ins Bordrestaurant auf einen Kaffee?", fragte mich Andreas, kurz nachdem der ICE den Hamburger Hauptbahnhof verlassen hatte. Andreas ist Fotograf, für eine Geschichte waren wir auf dem Weg nach Berlin. Ich wollte lieber noch ein wenig dösen, doch er blieb erstaunlich hartnäckig und pries die Qualität des Bahn-Schlümlis in allerhöchsten Tönen.
Rauchfreie Zone
Björn Erichsen, Jahrgang 74, lebt und arbeitet als Journalist in Hamburg. Schwerpunkte sind Politik, Kultur, Medien und Sport. Seit Mai treibt ihn die Frage um, ob man sich nach 120.000 Zigaretten noch einmal Nichtraucher nennen darf.
Die Bahn raucht nicht mehr
Seine Freude über den wohligen Kaffeeduft, der uns im Bordbistro entgegenwehte, blieb dann aber eher überschaubar. Sicher, das mit dem Kaffee in Gesellschaft war schon ernst gemeint, doch der wesentliche Antrieb für seine kleine Drängelei bestand vor allem in der Aussicht auf etwas Nikotin als Reiseproviant. Er hatte dabei nur vergessen, dass die Bahn ihre Speisewagen seit Anfang Oktober zu rauchfreien Zonen erklärt hat. Angesäuert stapfte er in den einzig verbliebenen Raucherwaggon, eine Art Katzentisch auf Schienen, wie er später meinte.
Während der gemeinsamen Tage in Berlin holte mich der Raucheralltag wieder ein, zumindest mittelbar. Mal wieder Kleingeld suchen vor dem Zigarettenautomaten, oder Ärgern über Feuerzeuge, die bei kräftigem Oktoberwind den Dienst verweigern. Dazu der bellende Husten und all die kleinen Pausen, die man als Raucher nun einmal benötigt, um den "normalen" Tagesschnitt von 20 Zigaretten nicht zu unterschreiten. In Berlin ist mir so richtig bewusst geworden, wie wenig ich all das vermisse.
Rauchergefahr am Bahnhof Zoo
Zu meinem persönlichen Zigaretten-Rendezvous kam es aber dennoch: Vor der U-Bahn-Station "Zoologischer Garten" bekam Andreas einen Anruf, musste sich schnell etwas notieren. Um die Hand frei zu bekommen, drückte er mir mit einem "Halt mal" seine Selbstgedrehte in die Hand. Plötzlich stand ich da, mit der Kippe zwischen den Fingern, Björn E., der Raucher vom Bahnhof Zoo. Ich schaute konsequent aufs Straßenpflaster, stets in der Erwartung, angesprochen zu werden, ob ich nicht dieser Nichtraucher von stern.de sei.
Bei einem Feierabendbierchen plauderten Andreas und ich ein wenig, auch über das Rauchen. In letzter Zeit geschieht es häufiger, dass mir Raucher ganz von selbst ihre Geschichten erzählen. Bei Andreas sind es inzwischen 35 Jahre. Schon oft hat er probiert aufzuhören, eine chronische Bronchitis macht ihm arg zu schaffen. Er hat schon viel probiert, Nullpunktmethode, Pflaster und Hypnose, doch lange durchgehalten hat er nie. Bald will er es noch mal angehen. Ich wünsche es ihm sehr, dass es klappt. Und wer weiß, vielleicht schlürfen wird ja bald schon gemeinsam Schlümli im Bistro der Deutschen Bahn.