Rauchverbote Raucher haben es schon schwer

Forderungen nach schärferen Rauchverboten sind auf ein überwiegend negatives Echo gestoßen. Dabei ist das Tabak-Thema tödlich ernst: Krebsexperten rechnen mit einer Milliarde nikotinbedingten Todesfällen in diesem Jahrhundert.

Nach und nach wurden Raucher aus Büros und Betrieben in Raucherräume oder gar auf die Straße verbannt, die EU will ihnen die beliebte Zigarettenwerbung aus den Kinos nehmen, und die Bundesregierung will den Preis für eine Schachtel Zigaretten auf schamlose 4,70 Euro erhöhen. Nun soll auch noch der Konsum von Kippen ausgerechnet in Gaststätten verboten werden.

Ausweitung der Rauchverbote gefordert

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Gesundheits-Staatssekretärin Marion Caspers-Merck, hatte am Wochenende eine Ausweitung der Rauchverbote in Gaststätten, Schulen, Behörden und Krankenhäuser gefordert. Da klingt die am Montag nachgeschobene Aussage aus dem Berliner Gesundheitsministerium ganz versöhnlich: "Die Bundesregierung verfolgt keinen konfrontativen Kurs", betont eine Sprecherin angesichts der Proteste aus Opposition und Gastronomie. Und ein Rauchverbot in Gaststätten sei nicht vorgesehen. Stattdessen setze die Koalition auf Überzeugungsarbeit und Selbstverpflichtungen.

Zitat

"Ein gesetzliches Rauchverbot wäre der Dolchstoß für die vielen kleinen Eckkneipen in unserem Land." (Der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes in Niedersachsen, Hermann Kröger)

Zudem gilt: Frau Caspers-Merck kann das zwar fordern, zur Umsetzung kann die SPD-Politikerin aber wenig beitragen. Denn für Gaststättenverordnungen, Krankenhäuser, Schulen und die meisten Behörden ist nicht der Bund, sondern sind Länder und Kommunen zuständig. Und hier scheint der Drang nach mehr Verboten nicht gerade ausgeprägt. Lediglich der Gesundheitsminister Bayerns, Eberhard Sinner, forderte ein totales Rauchverbot in Gaststätten.

Zweifel am Vorstoß

Aber im Freistaat ist bald Landtagswahl. Und Beobachter bezweifeln, ob der Vorstoß des CSU-Politikers nach einem Wahlsieg der Christsozialen im September hoch auf der Prioritätenliste stehen wird. "Bayern könnte seine Gaststättenverordnung sofort ändern", sagt Ernst-Günther Krause von der Nichtraucher-Initiative Deutschland. Er erinnert sich aber daran, dass schon Sinners Vorgängerin Barbara Stamm ähnliche Forderungen erhoben hat, ohne dass etwas geschehen sei.

Immerhin erntete Sinner am Montag Kritik aus der eigenen Partei. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Ernst Hinsken nannte den Vorstoß ein "Rauchzeichen aus dem Sommerloch". Auch für den Verband der Cigarettenindustrie (VdC) sind Rauchverbote nur da gerechtfertigt, wo sich Menschen zwangsweise aufhalten müssen. Es sei nicht einzusehen, dass "ein griesgrämiger Nichtraucher" Raucher an einem Gaststättenbesuch hindere, sagt VdC-Geschäftsführer Ernst Brückner. Und der Gastwirtschafts-Verband DEHOGA sieht in einem Rauchverbot einen „Todesstoß“ für zahlreiche Kneipen.

Werbung mit ökonomischen Argumenten

Doch Nichtraucher-Vertreter Krause wirbt mit ökonomischen Argumenten. Mittlerweile sei der Raucheranteil am Gaststättenpublikum erheblich höher als an der Gesamtbevölkerung. Die Gastwirte sollten also im eigenen Interesse mehr Nichtraucher in ihre Lokale locken. Zudem hätten Raucher nach der nächsten Tabaksteuererhöhung wohl weniger Geld für den Kneipenbesuch übrig.

Unverständnis hat die Nichtraucherlobby aber auch für den Widerstand der Bundesregierung gegen das von der EU angestrengte Tabak-Werbeverbot. "Tabakwerbung zielt auf potenzielle Konsumenten und ist deshalb auf Jugendliche fixiert", sagt Krause. Die Werbung solle auf die Orte beschränkt werden, an denen Zigaretten verkauft werden. Die Deutsche Krebshilfe moniert denn auch das ständige Lavieren" der Regierung in diesem Punkt.

Bundesregierung setzt auf Maßnahmen-Mix

Im Bundesgesundheitsministerium wird dagegen auf den Mix von Maßnahmen verwiesen, der in der letzten Legislaturperiode verwirklicht wurde. So sei in der Novelle des Jugendschutzgesetzes ein Werbeverbot in Kinos vor 18.00 Uhr eingeführt worden. Zigarettenautomaten müssten auf Chipkarten mit dem Alter des Inhabers umgerüstet werden. Und seit der Änderung der Arbeitsstättenverordnung habe jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen rauchfreien Arbeitsplatz.

Alles Schall und Rauch? Immerhin debattieren in diesen Tagen mehr als 2.000 internationale Experten der Weltgesundheitsorganisation WHO im finnischen Helsinki um den Kampf gegen die "Suchtindustrie". Bei ihnen wird die Diskussion in Deutschland sicher nicht als Sommerlochthema aufgenommen. Die WHO macht das Rauchen für jährlich fünf Millionen Tote verantwortlich.

Nikolaus von Twickel

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