Mit "Bridgerton" hat Shonda Rhimes eine Welt der wundervollen Kulissen, wunderschönen Kostümen und ihre Interpretation des britischen Adels im viktorianischen Zeitalter geschaffen. Die graue Eminenz der Serie, Queen Charlotte, tritt in der Serie meist in Erscheinung, um die Ballsaison zu leiten und die jungen Damen bei ihrer Einführung in die Gesellschaft mit Argusaugen zu betrachten. Ihr Mann König George ist nur selten zu sehen. Doch in den kurzen Auftritten des Königs wird deutlich, dass er ernsthaft krank zu sein scheint, er wirkt verwirrt und erkennt auch ihm nahestehende Personen nicht.
Das Prequel "Queen Charlotte: A Bridgerton Story" dreht sich um die Geschichte der jungen Königin Charlotte und ihrer Liebe zu König George. Sein Gesundheitszustand und dessen Auswirkungen auf die Beziehung und seine Regentschaft sind ein zentrales Moment der Geschichte. Was steckt hinter der mysteriösen Krankheit von König George III.?
König George III. – ging als verrückter König in die Geschichte ein
Im Prequel zu Bridgerton erfahren die Zuschauer:innen nach und nach von dem Gesundheitszustand von König George. Es fängt mit einer zitternden Hand an, ein Zucken im Gesicht, Probleme bei der Konzentration und schließlich driftet der junge König in der Serie immer wieder gedanklich in seine eigenen Welten ab – ist für die Außenwelt nicht mehr erreichbar. Der junge König George III. schämt sich für seine mentalen Probleme und will sie anfangs vor seiner neuen Frau verstecken, unterzieht sich grausamen Prozeduren, die ihn von seinen Anfällen kurieren sollen. Letztlich gesteht König George in der Serie seiner Frau, dass er Zeit seines Lebens mit psychischen Problemen gekämpft habe.
Auch wenn die Serie komplett fiktiv ist, orientiert sie sich an historischen Vorbildern. Der echte König George III. wurde 1738 geboren und 1760 König von Großbritannien. Bereits ein Jahr später heiratete er Charlotte von Mecklenburg-Strelitz und bekam mit ihr 15 Kinder. Anders als in der Serie angedeutet, war König George aber nicht seit Kindesbeinen an mit psychischen Problemen belastet. Erst die späteren Jahre des Königs sind von wiederkehrenden mentalen Problemen gezeichnet. Trotzdem ging er als "Mad King George" in die Geschichte (zu deutsch: der verrückte König George) ein.
Stoffwechselerkrankung galt lange als Auslöser für Georges Krankheit
In den 1960er Jahren wird von den Psychiatern Ida Macalpine und Richard Hunter die These aufgeworfen, dass die gesundheitlichen Probleme des Königs durch akute Porphyrien ausgelöst worden seien. Bei akuten Porphyrien handelt es sich um eine erblich bedingte Stoffwechselerkrankung. Zu den typischen Symptomen zählen Bauchschmerzen und neurologische Ausfälle, die in Schüben auftreten. Ein typisches Symptom ist rot verfärbter Urin während den Krankheitsschüben.
Diese These wird allerdings schon eine Weile angezweifelt. Eine Studie aus dem Jahr 2011 beschäftigt sich mit verschiedenen Quellen, um der Krankheit von George III. näher auf die Spur zu kommen. Dort wird dokumentiert, dass bei König George III. im Alter von 27 Jahren (1765) erstmals stärkere Symptome auftreten. Der König soll unter einer chronischen Brustkorbinfektion gelitten haben. Aus heutiger Sicht stellt sich die Frage, ob der König damals unter einer Depression litt. 1788-1789 wurde der Gesundheitszustand des Königs drastisch schechter und er hatte wohl eine manische Episode.
König George III. soll unter so schweren Krämpfen gelitten haben, dass Pagen sich auf ihn setzen mussten, bis sein Anfall vorüber war, berichtet die "BBC". Der Zustand des Königs verschlechterte sich seit seinem 50. Lebensjahr zusehends. Es kam immer wieder zu Krankheitsepisoden. Er hatte manische Phasen und soll halluziniert haben. Der König soll einmal ein Rindersteak in den Boden gepflanzt haben, weil er glaubte, dass dort ein Rinderbaum wachse. Im hohen Alter von 72 bis 81 Jahren soll der König möglicherweise neben seinen psychischen Problemen auch unter Demenz gelitten haben.
Bipolare Störung könnte psychische Probleme des Königs erklären
Timothy Peters beschreibt in seiner Studie aus dem Jahr 2011, dass die These von Ida Macalpine und Richard Hunter von akuten Porphyrien nicht haltbar sei. Die Psychiater hätten bei ihrer Diagnose wichtige psychische Symptome außer Acht gelassen. "Neuere Forschungen ergeben, dass wiederkehrende Episoden einer bipolaren Störung eine neurotoxische Wirkung haben und zu Demenz führen können. Dies könnte eine Erklärung für die anhaltende Erkrankung des Königs in seinem achten Lebensjahrzehnt sein", schreibt der Forscher.
Außerdem gebe es immer mehr Belege dafür, dass bipolare Patient:innen auch zwischen den akuten Episoden unter psychologischen Folgen leiden. Zum Beispiel ein geringes Selbstwertgefühl oder eine gestörte Beziehung zu den Kindern. Menschen mit einer bipolaren Störung leiden unter extremen Stimmungsschwankungen von der Manie zur Depression – ein Leben zwischen den Extremen. Erfahren Sie hier mehr über die bipolare Störung.
Mein düsteres Ich – Alles zum Thema Depression und psychische Krankheiten

Ob König George III. wirklich eine bipolare Störung hatte, lässt sich heute nur mit der Ansicht von Briefen, Tagebucheinträgen und der Dokumentation seiner Behandlung nicht mehr zweifelsfrei nachweisen. Laut Timothy Peters sprechen die beschriebenen Symptome des Monarchen aber für eine bipolare Störung. Ende des 18. Jahrhunderts und zu Anfang des 19. Jahrhunderts waren die königlichen Ärzte mit er Diagnose und Behandlung von König George III. überfordert. Und so wird der damalige Experte für Geisteskrankheiten Dr. Francis Willis mit der Heilung des Monarchen betraut. "Willis glaubte, dass Geisteskrankheiten durch Übererregung verursacht werden und durch Ruhe und Kontrolle geheilt werden können", berichtet Historikerin Amanda Foreman der "BBC".
König George wurde aus heutiger Sicht grausamen Praktiken ausgesetzt, die ihn von seinen Leiden kurieren sollten: "Die Behandlungen, denen der König unterzogen wurde, reduzierten ihn auf eine kindliche Figur. Bei den Mahlzeiten wurden ihm Messer und Gabel verweigert, was bedeutete, dass das meiste, was er aß, weiche Kinderkost war, die mit einem Löffel oder den Händen gegessen werden konnte. Der König durfte nicht einmal allein aus dem Haus gehen und musste sich Privilegien wie den Besuch seiner Familie oder die Benutzung von Besteck verdienen."
Zudem glaubten die Ärzte im 18. Jahrhundert noch, dass Krankheiten durch ein Ungleichgewicht der vier Säfte – schwarze Galle, gelbe Galle, Blut und Schleim – verursacht würden und man tat alles dafür, diese wieder ins Lot zu bringen. Heute würden wir die Behandlungsmethoden, denen König George III. ausgesetzt wurde, als Folter ansehen: "Arsenhaltige Pulver wurden auf seine Haut aufgetragen, was zu Blasenbildung führte – eine Methode, von der man annahm, dass sie die Krankheit herausziehen würde. Er wurde zum Fasten gezwungen, eingesperrt, zum Schlafen gezwungen, ausgeblutet und erhielt eiskalte Bäder, um die Krankheit aus seinem Körper zu schocken", sagte Amanda Foreman gegenüber der "BBC".
Quellen: Studie, Royal, BBC, Uniklinik Düsseldorf, Historic Royal Palaces