Wie ein Mensch schwere Zeiten in seinem Leben meistert, hängt entscheidend von einem neu identifizierten Gen ab. Nach dem Tod eines Familienmitglieds, Scheidung oder Kündigung fallen Menschen mit der Kurzversion des Gens wesentlich eher in Depressionen als Menschen mit der längeren Version. Das berichtet ein internationales Forscherteam im US-Fachjournal «Science» (Bd. 301, S. 386).
Das Gen für den Serotonin-Transporter (5-HTT) spielt eine Rolle bei der Signalvermittlung zwischen den Nervenzellen im Hirn. Depressionen wie wahrscheinlich auch andere mentale Krankheiten resultieren aus einer Kombination von Erbanlagen und Umweltfaktoren, schließen die Forscher.
Kurzversion von beiden Elternteilen
Probanden die von beiden Elternteilen die Kurzversion des Gens geerbt hatten, bekamen nach schweren Zeiten 2,5 Mal eher Depressionen als Menschen, die ausschließlich die Langversion hatten. Am anfälligsten für Depression sind der Studie zufolge jene Menschen, die zwei Kopien des kurzen 5-HTT-Gens in ihrem Erbgut tragen und noch dazu als Kinder misshandelt wurden. Gene kommen jeweils doppelt vor im Erbgut, mit je einer Kopie von mütterlicher und von väterlicher Seite. An der Studie beteiligt waren Forscher des britischen King’s College London, der US-Universität von Wisconsin in Madison und der Universität von Otago in Neuseeland.
Depressionen werden zu den häufigsten Krankheiten gehören
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf schätzt, dass 121 Millionen Menschen weltweit unter Depressionen leiden. Die Krankheit wird als Phase der ständigen Traurigkeit definiert, in der die Betroffenen ihr Interesse an gewohnten Aktivitäten verlieren, nicht die Energie für ihre Arbeit aufbringen, unter Schlaf- und Appetitlosigkeit leiden und an Selbstmord denken. Die WHO rechnet damit, dass Depressionen bis zum Jahr 2020 die oder eine der am meisten verbreiteten Krankheiten weltweit sein wird.
Probanden aus Neuseeland
Das Forscherteam hatte 847 Neuseeländer von der Geburt bis in ihre 20er Jahre beobachtet. In dieser Gruppe hatten - in etwa repräsentativ für das Verhältnis in kaukasischen (weißen) Bevölkerungen - 17 Prozent der Studienteilnehmer zwei Kopien des stressanfälligen kurzen 5-HTT-Gens, 31 Prozent zwei Kopien der langen Genversion und 51 Prozent je eine kurze und eine lange Form von 5- HTT. Die Studie konzentrierte sich auf fünf Jahre im Leben der Probanden, das Alter von 21 bis 26 Jahren, und zeichnete alle schwierigen Ereignisse in dieser Zeit auf, wie Tod, Scheidung, Krankheiten, berufliche Veränderungen und Umzüge. Insgesamt hatten 133 Probanden Depressionen.