Medizinrecht Verdacht auf Behandlungsfehler: Was Patienten tun können

Behandlungsfehler
Weredne Patient:innen Opfer eines Behandlungsfehlers müssen sie häufig langwierige Gerichtsverfahren auf sich nehmen.
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Fast 6000 Versicherte der Techniker Krankenkasse haben ihr im letzten Jahr einen Behandlungsfehler-Verdacht gemeldet. Was Patient:innen tun können, wenn sie denken, dass sie unter den Folgen eines Ärztefehlers leiden.

Wer sich operieren oder sich bei Ärzt:innen anderweitig behandeln lässt, will die eigenen Beschwerden lindern und die seine gesundheitliche Situation verbessern. Doch nach mancher Behandlung haben Patient:innen das Gefühl, dass sie nicht nur falsch behandelt wurden, sondern dem Arzt oder der Ärztin ein Fehler unterlaufen ist. Der Techniker Krankenkasse haben 2022 fast 6000 ihrer Versicherten einen Verdacht auf einen Behandlungsfehler gemeldet. Von 2015 bis 2019 war bei den Versicherten der Kasse ein mit 76 Prozent starker Anstieg der Behandlungsfehler-Verdachtsfälle zu verzeichnen. Seit der Corona-Pandemie verharren sie auf dem Niveau von bald 6000 Fällen.

Die Techniker Krankenkasse stuft es als erfreulich ein, dass sich der Negativtrend nach 2019 nicht weiter fortgesetzt hat. "Dabei ist uns klar, dass diese Zahlen nur ein Indikator für die Versorgungslage sein können, denn die Dunkelziffer ist Studien zufolge erheblich. Gleichzeitig können wir nur jeden dritten uns gemeldeten Behandlungsfehler im Verlauf der Überprüfung auch erhärten", sagte der Medizinrechtsexperte der Techniker Krankenkasse Christian Soltau. Die meisten Verdachtsfälle werden nach einer chirurgischen Behandlung gemeldet.

BehandlungsFehler-verdachtefälle nach medizinimschen Fachgebiet
© Techniker Krankenkasse

Opfer von Behandlungsfehlern müssen oft langwierige Gerichtverfahren auf sich nehmen

Patient:innen müssen beweisen können, dass ein medizinischer Behandlungsfehler schuld an den erlittenen gesundheitlichen Folgen ist. "Fehler bei einer Operation oder einer Behandlung sind für die Opfer nicht nur eine gesundheitliche Katastrophe. Häufig stehen dabei auch der Job und die wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel", sagt Soltau. Oft müssen Opfer solcher Behandlungsfehler sich auf jahrelange Gerichtsverfahren einstellen.

Denn: Die Haftpflichtversicherungen von Ärzt:innen würden Gerichtsverfahren oft gezielt in die Länge ziehen, um die Opfer durch diese Taktik unter Druck zu setzen, sich außergerichtlich zu einigen. Und so das teure und langwierige Verfahren nicht mehr führen müssen. Bei solchen Einigungen drohen sich die Betroffenen allerdings auf "faule Kompromisse" einzulassen, so der Medizinrechtsexperte der Techniker Krankenkasse. Dass Opfer von Behandlungsfehlern einen langen Atem benötigten, macht dieses Beispiel deutlich: Der älteste Fall, den die Techniker Krankenkasse derzeit betreue, stammt aus dem Jahr 2008.

Wie man bei einem Verdacht auf einen Behandlungsfehler vorgehen sollte

Doch was können Patient:innen tun, wenn sie denken, dass sie Opfer eines Behandlungsfehlers geworden sind?

Wenn Patient:innen durch Ärzt:innen geschädigt wurden, weil diese einen Fehler gemacht haben, steht ihnen möglicherweise Schadensersatz und Schmerzensgeld zu. Allerdings müssen Patient:innen selbst beweisen, dass sie durch den Fehler einen Schaden erlitten haben, berichtet die Verbraucherzentrale. Dazu sollten Patient:innen alle Krankenunterlagen von behandelnden Ärzt:innen zusammensammeln.

Anschließend ist die eigene Krankenkasse die richtige Adresse. Dort können Patient:innen ihren Verdacht schildern und die Krankenkasse berät Betroffene weiter, wie sie vorgehen können und wie ihre Krankenkasse konkret bei einem Verdacht auf einen Behandlungsfehler Unterstützung anbieten kann. Die Krankenkasse beurteilt dann anhand der Krankenunterlagen den Fall.

Sieht auch die Krankenkasse einen erhärteten Verdacht für einen Behandlungsfehler, kann von der gesetzlichen Krankenkasse ein Gutachten beim Medizinischen Dienst in Auftrag gegeben werden. Ein solches Gutachten ist wichtig für Patient:innen, da dieses bei einer Gerichtsverhandlung als fachliche Einschätzung gilt.

Am Ende des Prozesses muss die Krankenkasse Stellung zu den Unterlagen beziehen und den Fall eines Patienten oder einer Patientin bewerten, die beziehungsweise der einen Behandlungsfehler-Verdacht gemeldet hat. Die Verbraucherzentrale weist darauf hin, dass Patient:innen immer auf ein Schriftstück bestehen sollten – auch in Fällen, in denen kein Gutachten beim Medizinischen Dienst angefordert wurde.

Schlichtungsstellen bei den Landesärztekammern

Patient:innen, die den Verdacht haben, Opfer eines Behandlungsfehlers geworden zu sein, aber keine Gerichtsverhandlung führen wollen, können sich auch an die Landesärztekammern wenden. Dort gibt es Schlichtungsstellen und Gutachterkommissionen, die bei der Klärung des Verdachts helfen sollen.

Die Verbraucherzentrale rät jedem, der den Verdacht hat, Opfer eines Fehlers bei einer medizinischen Behandlung geworden zu sein, sich durch einen Fachanwalt für Medizinrecht beraten zu lassen.

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