Schauspielerin Heidi Kabel hatte Alzheimer, der Historiker Walter Jens und der frühere US-Präsident Ronald Reagan sind ebenfalls betroffen. Weltweit leiden mehr als 35 Millionen Menschen an der unheilbaren Krankheit, die Hirnzellen absterben lässt, das Gedächtnis zerstört und das Wesen verändert. Und die Zahl der Betroffenen wächst rasant.
"Leider ist unsere Gesellschaft aber nicht gut gerüstet für das gewaltige Ausmaß und die wachsende Dimension des Problems", sagt der renommierte Kölner Neurologe Gereon Fink. Wissenschaftler rechnen mit 115 Millionen Demenzkranken bis zum Jahr 2050. In Deutschland leiden 1,2 Millionen Menschen an Demenz, deren häufigste Form Alzheimer ist. Jährlich erkranken bis zu 250.000 Menschen neu.
Zum Welt-Alzheimer-Tag fordern Experten des Londoner King's College und des schwedischen Karolinska Instituts verstärkte Anstrengungen zur Bekämpfung der Krankheit. Der finanzielle Aufwand für wissenschaftliche Untersuchungen müsste um das Fünzehnfache steigen, um eine ähnliche Finanzierung wie für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erreichen. Im Vergleich zur Krebsforschung müssten die Mittel sogar um das Dreißigfache aufgestockt werden.
"Beim Thema Demenz werden wir in Deutschland noch viel mehr tun müssen. Das ist die größte Herausforderung, vor der wir stehen", sagt auch Maria Hanisch, Pflege-Expertin des Wohlfahrtsverbandes Caritas in Köln. "Im stationären Pflegebereich treffen sie fast nur noch auf Demente." Medikamente können nicht heilen, aber manchmal helfen, dass die Krankheit erst später ausbricht und der Betroffene länger "alltagstauglich" bleibt. Die Antidementiva helfen jedoch nur bei früher Diagnose.
Hilflosigkeit und Aggressivität
Und genau daran hapert es oft: "Meine Mutter ist nachts ohne Schlüssel aus dem Haus gegangen, hat keine Lebensmittel mehr gekauft, dafür immer wieder dasselbe Putzmittel. Sie war desorientiert. Trotzdem hat es ewig gedauert, bis wir die klare Diagnose Demenz hatten", erzählt ihre Tochter Sabine Stein.
Demenz lässt unaufhaltsam immer mehr Hirnzellen absterben. Erinnerungen werden ausgelöscht, die Persönlichkeit verändert sich. Die Kranken finden sich zeitlich und räumlich nicht mehr zurecht. Sie werden inaktiv, hilflos und brauchen rund um die Uhr Betreuung. Demenzkranke können nicht mehr auf früheres Wissen zurückgreifen, viel Erlerntes verschwindet einfach - auch die eigene Biografie. Sie wissen am Ende nicht mehr, wer sie sind, erkennen ihre Liebsten nicht mehr. Neues überfordert die Kranken, die auch aggressiv werden können.
Kräftezehrende Pflege
Für Angehörige ist das eine harte Belastung, weiß Sabine Jansen von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (DAlzG). "Nach Schätzungen werden rund 60 Prozent der Demenzkranken zu Hause gepflegt, manchmal jahrelang. Das ist so kräftezehrend für die Angehörigen, dass sie oft selbst erkranken." Doch für viele Angehörige ist das Heim keine gute Alternative. Bei der ambulanten Pflege und in den Heimen gebe es Defizite. "Man erwartet Leute, die sich auskennen mit dem Krankheitsbild, aber das ist leider von der Ausbildung her oft nicht gegeben", sagt die DAlzG-Geschäftsführerin.
Einen Ausweg bieten Wohngemeinschaften für Demenzkranke. Diese WGs sind beliebt, weil sie dem eigenen häuslichen Wohnumfeld ähneln. Dennoch handele es sich erst um ein "zartes Pflänzchen", der Bedarf sei riesig, erklärt Hanisch. Sabine Stein konnte ihre Mutter in einer solchen Demenz-WG in Köln unterbringen. Dort hat sie ihr eigenes Zimmer und ihre eigenen Möbel. "Es ist immer jemand da, der aufpasst. Auch nachts. Es ist die beste Alternativen zum eigenen Zuhause."
Geistige Aktivität schützt
Und das Zusammenleben bringt deutliche Vorteile: "Vor dem Umzug in die WG war meine Mutter ganz verstummt, jetzt erhält sie Impulse, wird aktiviert. Wenn sie Kartoffeln schälen will oder bügeln, dann darf sie das und dann tut sie das. Priorität haben die speziellen Bedürfnisse der Dementen."
Da es keine Heilung gibt, ist Vorbeugung umso wichtiger. "Viele Studien haben belegt, dass ein hohes Bildungsniveau schützt, eine rege geistige Aktivität", erklärt Fink. Diabetes und Fettstoffwechsel-Erkrankungen gelten als Risikofaktoren. Und: "Regelmäßiger Sport und Bewegung ist ganz wichtig zur Vorbeugung."