Mit Humor ist das so eine Sache. Was die einen schreiend komisch finden, lässt die anderen achselzuckend kalt.
Der englische Schriftsteller Douglas Adams hat sich vor über 25 Jahren eine Geschichte ausgedacht, die das Genre Science-Fiction philosophisch und anthropomorphisch charmant auf den Kopf stellt. Darin gibt es Außerirdische, die ihre Gefangenen mit schlechten Gedichten foltern. Einen Planeten-Architekten, Spezialgebiet Küstenlinien, der mal einen Preis für Norwegen bekommen hat. Und einen gigantischen Superrechner, der auf die ultimative Frage nach dem Leben, dem Universum und allem nach mehreren Millionen Jahren eine erstaunlich knappe Antwort errechnet: "42".
Finden Sie das lustig? Dann sollten Sie "Per Anhalter durch die Galaxis" kennen. Kult nennen das einige. Ein Kult, der sich in gedruckter Form in 24 Sprachen mehr als 16 Millionen Mal verkauft hat und, zumindest im Herkunftsland England, beliebter als Harry Potter ist.
Die Handlung in groben Zügen: Die Erde explodiert. Der unbedarfte Tee-Liebhaber Arthur Dent (Martin Freeman) überlebt als Einziger. In Schlafanzug und Bademantel reist er durch die unendlichen Weiten des Universums. Begleitet von seinem besten Freund (Hip-Hop-Künstler Mos Def), der sich allerdings bald als Außerirdischer entpuppt, dem zweiköpfigen Präsidenten der Galaxis (Sam Rockwell), der hübschen Trillian (Zooey Deschanel). Und Marvin, einem manisch-depressiven Roboter.
Eine Kurze Geschichte der Geschichte. 1978 strahlte die BBC eine sechsteilige Radioserie gleichen Titels aus. 1979 erschien das erste von insgesamt fünf Büchern. 1982 adaptierte wiederum die BBC die ersten zwei Bücher für eine - auch in Deutschland sehr populäre - TV-Serie. Im Mai 2001 erlag Adams, nur 49 Jahre alt, überraschend in einem kalifornischen Fitness-Studio einem Herzinfarkt. Sein Drehbuch für einen Kinofilm, an dem er seit Anfang der 80er Jahre bastelte, blieb unvollendet.
Die mediale Evolution des Anhalters hätte hier vorbei sein können. Doch die Disney-Studios, die sich die Filmrechte gesichert hatten, heuerten kurzerhand einen neuen Drehbuchautor an, verschafften ihm sogar Zugang zu Adams' Computer-Festplatte. Regie führen sollten ursprünglich Jay Roach ("Austin Powers") oder Spike Jonze ("Being John Malkovich"). Schließlich entschied man sich für zwei Kino-Neulinge: Garth Jennings, 32, und Nick Goldsmith, 34. Unter dem Namen "Hammer and Tongs" (Hammer und Zange) hatten die Briten bisher herausragende Musikvideos für Blur, REM oder Fatboy Slim produziert.
Jennings: "Zuerst dachten wir panisch: Oh, Gott! Erster Kinofilm, riesige Erwartungen der Fans. Das können wir nur vermasseln. Aber sobald wir mit der Arbeit anfingen, waren wir viel zu beschäftigt, um uns Sorgen zu machen." Ihre Vision: Ein 50-Millionen-Dollar-Film, geist- und witzreich statt randvoll mit Spezialeffekten und teuren Promi-Mimen. Jennings: "Wir brauchen keine Stars, wir haben schon einen: den Titel."
Robbie Stamp, Freund
und Geschäftspartner von Adams, unterstützte das Projekt von Beginn an: "Douglas wollte immer, dass es einen Kinofilm gibt. Und ,Per Anhalter" war nie in Stein gemeißelt. Die Bücher waren anders als die Radiosachen, die TV-Serie anders als die Bücher."
In die Dreharbeiten wurde auch Adams' Familie einbezogen. Jennings: "Wir hatten Douglas nie lebend getroffen und wollten nicht einfach mit der Tür ins Haus fallen." So stellten sich Jennings und Goldsmith seiner Witwe vor. Und im fertigen Film sieht man Adams' Mutter in einem Café sitzen, seine Tochter und Schwester haben Auftritte als Statisten. Wie auch Douglas selbst: Ein Tempel hat die Form seiner berühmt-großen Nase. Sein Kopf prangt an einem Raumschiff und wird in Planetengröße nachgebaut. Ein Tribut in Zelluloid.
Stamp: "Sehr traurig, dass Douglas das nicht mehr erleben durfte. Als wir in den Abbey Road Studios den Eröffnungssong seines Films aufnahmen, wäre für ihn als alten Beatles-Fan ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen."
Das Ergebnis (Kinostart: 9. Juni) lässt sich als hemmungslos exzentrisch bezeichnen. Außer einem Sektenführer auf der Jagd nach einer Perspektiven-Pistole (Wer damit angeschossen wird, sieht die Welt sofort aus der Perspektive des Schützen. Erfunden von frustrierten Hausfrauen) und einer zarten Liebesaffäre zwischen dem Anti-Helden Arthur und Trillian entdecken Adams-Vertraute kaum Unterschiede zu den Originalen.
Für Novizen dagegen hagelt es fantastische Details im Minutentakt. Was war noch gleich ein Babelfisch? Warum sind Vogonen so bürokratisch? Und warum, zum Teufel, verwandelt ein Unwahrscheinlichkeitsantrieb zwei wärmegeleitete Nuklearraketen plötzlich in einen Pottwal und einen Blumentopf?
Allein Rockwell zu beobachten, wie er in goldenen Hotpants den Präsidenten der Galaxis als bekifften Zwitter aus Elvis und Bill Clinton spielt, lohnt den Ticketkauf. "Per Anhalter durch die Galaxis" zeichnet am Ende alles aus, was das Genie von Adams ausmachte. Der Film ist intelligent, originell und sehr, sehr vergnüglich. Ein Sommer-Blockbuster aus Hollywood, den man auch Akademikern getrost ans Herz legen kann.
Fliegen sei ganz leicht, schrieb Adams mal. "Wirf dich zu Boden und verfehle ihn." Gelacht? Nachschub im Kino.