Einmal im Jahr herrscht auf dem kleinen Flughafen Aachen-Maastricht Hochbetrieb. Das ist auch auf dem noch kleineren Airprt von Lüttich der Fall. Businessjets starten und landen ohne Pause. Und dazu fliegen noch 'zig private Boeings des Typs 737 ein. Dieser rege Flugverkehr der Luxusklasse - insgesamt 350 Starts und Landungen bis zum 16. März - bedeutet, dass im nahe gelegenen Maastricht wieder die "Tefaf" stattfindet, The European Fine Art Fair, Europas größte Messe der Feinen Kunst.
Aus aller Welt reisen die Superreichen, die Händler, die Liebhaber, die Experten, aber vor allem die Käufer und Sammler mit genügend Kohle an. Jedes Jahr wieder auf der Suche nach einem fehlenden Stück in ihrer Sammlung. Die "Tefaf"-Organisatioren nennen keine Namen der millionenschweren Besucher, die aus New York, London, Tokio, Moskau oder Riad anreisen. Die meisten legen Wert auf Anonymität.
Berlusconi und Meryl Streep kommen nach Maastricht
Trotzdem sickerte durch, dass zum Beispiel der italienische Ex-Premier Berlusconi, Meryl Streep oder Scheich Saud Al-Thani, der größte Kunstsammler der Welt, die "Tefaf" besuchen werden. Alle Stände haben intime Räume, wo man beim Gläschen Champagner und leckeren Häppchen über die Konditionen bei der Anschaffung eines Werkes verhandeln kann. Diskretion gilt als oberstes Gebot.
Die "Tefaf" will vor allem eine hochqualifizierte Verkaufsmesse sein. Die Selektion der 227 teilnehmenden Händler aus 17 Ländern geschieht nach strengen Normen und Regeln. Die Interessierten sollten davon ausgehen können, dass die angebotene Ware wirklich ihren Preis wert ist, dass keine Charlatane einen übers Ohr hauen. In erster Instanz geht es bei der "Tefaf" also um alte Kunst der besonderen Art. Immer mehr wird sie auch zum gesellschaftlichen Ereignis, wo die Happy few sich trifft und bei teuerstem Kaviar fachsimpelt. Man ist halt unter sich, ohne neidische oder neugierige Blicke. Das Massenpublikum meidet die "Tefaf". Eine Eintrittskarte ist teuer - 55 Euro pro Person -, lässt sich jedoch verkraften. Die angebotene Kunst jedoch ist für Otto Normalverbraucher fast unerschwinglich. Der untere Grenzwert liegt bei minimal 20.000 Euro. Alles, was darunter liegt, ist ein "Schnäppchen". Nur klassischen Schmuck erwirbt man noch für unter 20.000 Euro. Das teuerste Stück ist dieses Jahr ein kleines Bild des jungen Van Gogh, "Das Kind mit Apfelsine", eine der letzten Impressionen des niederländischen Meisters. 20 Millionen Euro gilt als Verhandlungsbasis für das Minigemälde von 1890.
Der Gesamtwert der Angebote liegt weit über 1 Milliarde Euro
Die ungefähr 35.000 zur Schau gestellten Werke sind dieses Jahr pro Exemplar nicht so teuer wie letztes Jahr, als ein Renoir für 45 Millionen Euro den Besitzer wechselte. Dafür sind viel mehr Stücke aus der Millionenklasse im Angebot. Aus diesem Grund hat die "Tefaf" den Ruf, die beste und teuerste Kunstmesse der Welt zu sein. Trotz der gewissen Hemmschwelle der teuren Eintrittskarte wird die "Tefaf" doch von 70.000 Neugierigen besucht. Seit Beginn letzter Woche sind jetzt schon 30.000 Menschen gezählt. Wieviele davon tatsächlich potentielle Käufer sind, ist unbekannt. Der Gesamtwert der Angebote liegt weit über 1 Milliarde Euro. Welchen Umsatz die Händler am Ende der Woche genau erzielt haben, bleibt jedoch ein Geheimnis. Über Geld redet man lieber nicht. Oder nur am Verhandlungstisch. Der steht meistens in einem feinen Restaurant in einem der Maastrichter Luxuslokale der Michelinklasse. Die Verkäufer verwöhnen ihre Kunden. Das delikate Dinner gehört einfach zum Ereignis des Tages dazu. Der Erwerb eines Kunstgegenstandes soll ausgiebig gefeiert werden. Dieser Umgang mit den Superreichen will gelernt sein.
Einer, der das Umschmeicheln bis ins letzte Detail beherrschte, war der Gründer der "Tefaf", der inzwischen verstorbene Robert Noortman. Er gehörte zur Spitzenkategorie der Händlerzunft. Als er anfing, hatte er von Kunsthistorie keinen blassen Schimmer. Mit Fleiß, Interesse und Flair holte er seine fehlenden Kenntnisse nach. Als Sohn eines Polizisten jobbte er in vielerlei Berufen. Bis er im Kunstgewerbe seine Berufung fand. Damals arbeitete er in einem Teppichgeschäft und sah, wie die Kundschaft mit dem nötigen Kleingeld Tausende hinblätterte für orientalischen Bodenschmuck. Daraufhin versuchte er, romantische Gemälde an den Mann zu bringen. Von Anfang an lief das wie geschmiert. Robert Noorman entwickelte sich allmählich zum Spitzenreiter der Kunsthändler. Heute wird seine Firma von seinem Sohn geleitet, der einen Monet, Gauguin, Van Goyen, Jan Steen und Rembrandt anbietet.
Der internationale Kunstmarkt wächst ständig - im Jahr 2006 von 29 auf 43 Milliarden Euro. Zwanzig Prozent von dieser Summe kommt von Amerikanern. England steht mit 10 Prozent an zweiter Stelle. Deutschland rangiert auf dem fünften Platz mit drei Milliarden. In diesem Jahr sah man auch sehr interessierte Gruppen aus China, die inzwischen zu den Großverdienern gezählt werden können.
Die "Tefaf" profitiert von dieser weltweiten Zunahme. Die Führung rechnet mit einem Rekordumsatz. Die Weichen sind schon gestellt. In den ersten drei Messetagen wurden zehn Gemälde mit einem Preiskärtchen von über einer Million verkauft. Für wieviel genau? Dumme Frage!
The European Fine Art Fair ist noch bis zum 16. März in Maastricht zu besuchen