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M. Beisenherz: Sorry, ich bin privat hier Von Dicks und Pics - Hosen runter, Trump-Vergleich!

Donald Trump und Jeff Bezos
Beste Feinde: US-Präsident Donald Trump und Amazon-Chef Jeff Bezos
© Daniel Jayo/Getty Images; Jim Watson/AFP
Das Boulevardblatt "National Enquirer" versucht, Amazon-Chef Jeff Bezos mit Nackt-Fotos zu erpressen und US-Präsident Trump mischt auch noch mit. Es ist eine Geschichte von Neid und Geilheit oder, um es auf den Punkt zu bringen: Eitelkeit. Eine Kolumne von Micky Beisenherz

Wenn es so weit gekommen ist, dass man in einer Geschichte auf der Seite des Amazon-CEOs steht, dann schläft man entweder mit dem "Forbes"-Magazin unter dem Kissen oder auf der anderen Seite steht wie üblich Donald Trump. Der in seinem dritten Amtsjahr ein Level von Absurdität erreicht hat, für das man wohl sogar den "Denver Clan" wegen Unglaubwürdigkeit abgesetzt hätte.

Das Schöne vorweg: Amazon-Chef Jeff Bezos entwickelt seit einiger Zeit menschliche Gefühle. Diese gelten – oder galten –einer Fernsehmoderatorin namens Lauren Sanchez. Weniger schön: Das Ganze ging schon während Bezos Ehe mit seiner Noch-Frau MacKenzie los. (Bei der dürfte er seitdem unbeliebter sein als beim Einzelhandel.) Richtig unschön: Es gibt natürlich die handelsüblichen SMS und Nacktfotos.

Das sind Probleme, mit denen es hierzulande vornehmlich Profifußballer und Shisha-Rapper zu tun haben. Bezos wiederum musste es gerade erleben, dass er seine sexuellen Ausschweifungen über elf Seiten ausgebreitet im "National Enquirer" zu sehen bekam. Der "Enquirer" ist, tja, wie soll man das erklären, etwa so als hätten "Focus", "Bild" und "Closer" in einem Gangbang der Hölle Nachwuchs gezeugt und ihn an der Supermarktkasse ausgesetzt, damit sich bildungsresistente Hausfrauen seiner annehmen.

Micky Beisenherz: Sorry, ich bin privat hier

Mein Name ist Micky Beisenherz. In Castrop-Rauxel bin ich Weltstar. Woanders muss ich alles selbst bezahlen. Ich bin ein multimedialer (Ein-)gemischtwarenladen. Autor (Extra3, Dschungelcamp), Moderator (ZDF, NDR, ProSieben, ntv), Podcast-Host ("Apokalypse und Filterkaffee"), Gelegenheitskarikaturist. Es gibt Dinge, die mir auffallen. Mich teilweise sogar aufregen. Und da ständig die Impulskontrolle klemmt, müssen sie wohl raus. Mein religiöses Symbol ist das Fadenkreuz. Die Rasierklinge ist mein Dancefloor. Und soeben juckt es wieder in den Füßen.

Diese Leserschaft interessiert sich für gewöhnlich eher für den Unterleib von Brad Pitt, Patrick Dempsey oder Kim Kardashian (zumindest die Quadratmillimeter, die sie noch nicht selbst gepostet hat), nicht aber für die Ferkeleien eines glatzköpfigen Geschäftsmanns. Liar, Liar, pants on fire. Dennoch: Elf Seiten über die Affäre Bezos. Warum?

Nicht nur der Betroffene selbst glaubt fest daran, dass die ganze Geschichte einen anderen Hintergrund hat, und anstatt verschämt auf Verjährung zu hoffen, geht er in die Offensive und zählt das Blatt offen an. Anhand der für sich selbst mitunter unschmeichelhaften Details belegt er, dass hier echt eindeutig eine Art Erpressungsversuch vorliegt.

Für die "Gier-Glatze" (ich nehm schon mal den zu erwartenden "Bild"-Sprech vorweg) steht fest, dass "National Enquirer"-Chef David Pecker seinem Freund Donald Trump mit der ganzen Nummer wieder mal einen Gefallen getan hat.

Schließlich ist Bezos nicht nur so reich, dass das Vermögen von Trump dagegen wirkt, als würde der US-Präsident für eine Tasse Erbsensuppe Favelas ausfegen - er ist vor allem der Besitzer der "Washington Post" und somit Eigner eben genau des Blattes, das den mandarinenhäutigen Pussygrabber seit seiner Kandidatur äußerst kritisch begleitet und ihm fast die Präsidentschaft versaut hätte. Es ist also etwas Persönliches. Natürlich ist es das. Ist es bei Trump doch immer.

"Enquirer"-Boss Pecker verehrt Donald Trump wie einen Gott

"Enquirer"-Boss Pecker ("Pecker" steht im englischsprachigen Raum im Übrigen für - richtig - "Penis". Ist das nicht lustig?) wiederum scheint Trump wie eine Gottheit zu verehren und hat Berichten zufolge in den letzten Jahren für "the Don" so viele Kühe vom Eis gezogen, dass man das getrost als journalistischen Almabtrieb bezeichnen kann. Das Presseorgan ist in diesem Falle der Staubsauger.

Wann immer jemand um die Ecke kam, um von einer der zahllosen Trump-Affären, unehelichen Kindern, russischen Prostituierten zu berichten oder persönlich auszupacken, wurden hohe Beträge gezahlt und die Geschichten teuer abgekauft - nur, um für immer in der Schublade zu verschwinden. Das System nennt man "Catch and kill". Nicht zu verwechseln mit dem Fall Kashogghi.

Hatte ich schon erwähnt, dass der "National Enquirer" sich zuletzt geradezu peinlich an Mohamed Bin Salman herangeschmissen hatte? Den findet Pecker nämlich auch sehr gut. Er hat offensichtlich einen sehr schlechten Geschmack, was mächtige Männer anbelangt. Vielleicht braucht er auch nur Geld. Das Heft schlingert wie die Libido von Bezos.

Bruder von Lauren Sanchez soll die Nacktfotos weitergegeben haben

So weit, so irre. Bleibt unter anderem die Frage: Wie ist die Rüpel-Postille überhaupt an die SMS und die Fotos auf dem Handy von Lauren Sanchez gekommen? Jetzt hat der Geschädigte mehr Geld für Detektive über als die Geissens in ihrem ganzen Leben zusammenprollen können, und die (also die Detektive, nicht die Geissens) kommen zu dem Schluss: Es war wohl Michael Sanchez, nicht nur der Bruder der Geliebten, sondern - you got it! - glühender Trump-Fan.

Ja, ich weiß, was Sie jetzt sagen wollen, aber so ist es wohl. Wobei es ja schon ein wenig ungewöhnlich ist, das ausgerechnet in der Ära Trump sexuelle Ausschweifungen plötzlich anrüchig erscheinen sollen. Schließlich hat man längst den Eindruck, dass Trump selbst theoretisch sogar eine offene Beziehung mit einem Schaf in Strapsen eingehen könnte und seine Fans sagen würden: Zumindest mal was Neues.

Jens König im Interview

Aber hier geht es ja auch um die Gegenseite. In der ganzen Angelegenheit wird immer darüber berichtet, dass das Ganze einen "politischen Hintergrund" hätte - aber ist es nicht vielmehr ein schmerzhaft banal menschlicher? Es ist eine Geschichte von Neid und Geilheit oder, um es auf den Punkt zu bringen: Eitelkeit.

Trump hasst Bezos vor allem dafür, dass dieser ungefähr 150 Milliarden reicher ist als er (zumindest VOR der Scheidung). Trump nennt sich "the greatest dealmaker", hat aber tatsächlich in erster Linie damals Geld von Papi bekommen. Nicht wenige behaupten, hätte er es einfach auf der Bank liegen lassen, wäre es heute mehr als am Ende seiner Laufbahn als Geschäftsmann.

Bezos stellt Trump als das bloß, was er im Kern ist: ein Blender

Bezos hat ein Imperium aufgebaut aus einer Garage heraus. Dort hat Familie Trump seinerzeit höchstens das Personal gehalten. Der Versand-Imperator stellt den amerikanischen Präsidenten als das bloß, was er im Kern ist: ein Blender. Eine "Air Puppet", wie man sie vor Autohäusern findet, aufgeblasen durch Reality-TV und den "National Enquirer".

Bezos wiederum war lange Jahre ein kühler, fast androidenhafter Zahlenmensch, dem menschliches Leben (zumindest das seiner Angestellten) weitestgehend egal schien - bis es ihn in die Showbranche zog. Wie eine Motte das (Blitz-)Licht. Geld war genug da. Was fehlte war Glamour, Schönheit, Sex. Darin kam er nicht um. Aber es hat ihm eine Form von Öffentlichkeit gebracht, nach der sich niemand sehnt.

Am Ende bleibt es dabei: Eitelkeit schlägt Intelligenz. Frag nach bei Strauss-Kahn, Hollande, ja, selbst Rudolph Scharping (und ja, ich weiß, wie unsexy das klingt). Und wie so häufig in der Administration Trump geht es hier zu allerletzt um eines: Politik.

Mehr zum Thema Donald Trump und Jeff Bezos lesen Sie im neuen stern.

 

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