Nahost-Konflikt Michael Barenboim: Propalästinensische Stimmen "gecancelt"

Der Violinist Michael Barenboim sieht zu wenig Raum für propalästinensische Stimmen in der Kultur. (Archivbild) Foto: Soeren Sta
Der Violinist Michael Barenboim sieht zu wenig Raum für propalästinensische Stimmen in der Kultur. (Archivbild) Foto
© Soeren Stache/dpa
Der Violinist unterstützt eine Demonstration gegen den Gaza-Krieg am Samstag in Berlin. Einiges in der öffentlichen Debatte findet er kritikwürdig.

Der Musiker Michael Barenboim beklagt fehlende Unterstützung für die Position palästinensischer Künstler. "Es herrscht Stille", sagte der Violinist dem "Tagesspiegel". "Es gibt einen Gegenwind, der die Menschen verstummen lässt." Einsatz für die Ukraine habe Rückenwind, doch wer sich für Palästina einsetze, stoße sofort auf politische Widerstände. Auch gebe es keinen Raum für Trauer um die palästinensischen Opfer, sagte Barenboim.

Er ist Sohn des argentinisch-israelischen Dirigenten Daniel Barenboim und selbst als Jude geboren. Michael Barenboim unterstützt eine für Samstag in Berlin geplante Demonstration gegen den Gazakrieg, zu der Zehntausende Menschen erwartet werden. Barenboim und die Veranstalter werfen der israelischen Regierung einen Völkermord vor, was diese strikt zurückweist.

Barenboim: Ausladung Shanis habe nichts mit Antisemitismus zu tun

Barenboim kritisierte die Begründung der Ausladung des israelischen Dirigenten Lahav Shani durch ein Musikfestival im belgischen Gent. Damit sei er unzufrieden. Doch sei der Grund "nicht, weil er Jude ist, noch nicht mal, weil er Israeli ist, sondern weil er in seiner Funktion als Musikdirektor vom Israel Philharmonic Orchestra ein Repräsentant Israels ist". Mit Antisemitismus habe dies nichts zu tun. "Und ich finde es wirklich krass, dass sich ranghohe deutsche Politiker dann hinstellen und das behaupten."

Barenboim sagte außerdem: "Auch unter den propalästinensischen Stimmen, die in meinem Kollegenkreis gecancelt werden, sind sehr viele Jüdinnen und Juden. Jüdisch oder nicht jüdisch ist dabei also nicht die Frage, sondern welche politische Einstellung man öffentlich macht."

Zuletzt hatten in der Kulturbranche einige propalästinensische Initiativen für Aufsehen gesorgt. Vor einigen Wochen etwa forderten mehrere Hundert Kulturschaffende in einem offenen Brief an Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) einen Stopp der Waffenlieferungen an Israel sowie weitere Sanktionen.

dpa

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