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"Tatort"-Kritik "Weihnachtsgeld" ... jeder bitte nur ein Paar Handschellen

Devid Striesow alias Kommissar Stellbrink hat das Zeug zum Kult-Ermittler. Das Ende dieser "Tatort"-Folge war ein echter Genuss. Schade nur, dass "Weihnachtsgeld" so zäh begann.
Von Annette Berger

Das Fest ist fast vorbei - da kann ein bisschen Wahnsinn gegen die allgemeine friedvolle Besinnlichkeit nicht schaden. Kommissar Jens Stellbrink (Devid Striesow) aus Saarbrücken jagte Verbrecher mit dem Motorroller, quartierte sich tagelang auf einer Baustelle ein und schlief, niedergestreckt von K.o-Tropfen, stundenlang in einem Puff.

Pluspunkt für "Weihnachtsgeld", den vierten Saarland-"Tatort" mit Devid Striesow: Sie war Klamauk-arm. Minus: Der Krimi kam zunächst nicht in Fahrt. Zu viele Handlungsstränge liefen nebeneinander her, bevor es spannend wurde. Vermutlich schaltete so mancher Zuschauer in der ersten halben Stunde von der ARD zur Konkurrenz - und die war mit dem "Traumschiff" im ZDF oder dem Thriller "Verblendung" auf Sat.1 groß.

Doch es lohnte sich, bis zum Ende bei diesem "Event-Tatort" am Zweiten Weihnachtstag dranzubleiben. Nicht nur wegen Kommissar Stellbrink, diesem Saarland-Columbo, dessen Rolle unter dem Motto zu stehen scheint: Hauptsache, ich werde unterschätzt.

Jeder Verbrecher wird geschnappt

Lustiges Detail: Er klärt jedes noch so kleine Verbrechen auf. Tödliche Fahrerflucht? Stellbrink schnappt sich den Täter, einen fiesen Bordellbesitzer, im Alleingang. Mord an einem Taxifahrer? Ich bitte sie. Schwangere verschwunden? Stellbrink assistiert bei der Geburt. Handy und Geldbörse auf dem Saarbrücker Weihnachtsmarkt geklaut? Stellbrink hechtet los und erledigt den Fall für den Zivilfahnder, der seit Tagen schon "ganz nah dran" war.

Handschellen klicken, und zwar jedes Mal, wenn ein Täter dingfest gemacht wird. Man fragt sich: Schleppt ein Polizist wirklich so viele Handschellen mit sich rum? (Antwort: Jein. Nur einmal muss Stellbrink sich welche bei besagtem Zivilfahnder leihen). Und wer den Monty-Python-Film "Das Leben des Brian" mit dem legendären Ausspruch aus der Kreuzigungs-Szene "Jeder nur ein Kreuz" kennt, denkt sich vielleicht: "Und jeder nur ein Paar Handschellen".

Maria und Josef mit dem Christkind im Stall

So ganz abwegig ist die Assoziation mit Monty Python nicht, ist "Das Leben des Brian" doch eine Parodie des Neuen Testaments - also auf das Leben von Jesus Christus. Auf einer ähnlichen Klaviatur spielt "Weihnachtsgeld". In diesem "Tatort" nach dem Drehbuch von Michael Illner und unter der Regie von Zoltan Spirandelli weihnachtet es sehr. Die schwangere junge Frau, eine Italienerin namens Maria (Fanny Krausz), bringt ihr Kind am 24. Dezember in einem Stall in einem Dorf bei Saarbrücken zur Welt.

"Platz in einer Herberge", wie es in der traditionellen Weihnachtsgeschichte heißt, beziehungsweise ein Bett in einem Krankenhaus gibt es für sie nicht, denn sie ist auf der Flucht vor ihren Schwiegereltern: Das Kind ist nicht von deren verstorbenen Sohn, sondern von einem Fremden. Zwar nicht gerade vom Heiligen Geist, sondern von einem abgeschobenen Asylbewerber aus Afrika - aber die Parallelen zur Weihnachtsgeschichte sind augenfällig.

Und da es keine Christkindgeburt ohne Josef gibt, trägt der Taxifahrer (Florian Bartholomäi), der Maria bei ihrer Flucht vor den Schwiegereltern hilft, diesen Namen. Dieser Josef - oder Jupp - wird eines Mordes verdächtig und ist mit dem gesamten Weihnachtsgeld seiner Kollegen durchgebrannt.

Wie beim "Kleinen Lord"

Ja, Weihnachten ist zwar fast vorbei - aber ein bisschen Besinnlichkeit musste aus Sicht der "Tatort"-Macher denn doch drin sein. Und so werden am Ende Sünden vergeben, was das Zeug hält. Das Schlussbild des Krimis ist ein großes Weihnachtsbankett inklusive Maria, Josef, dem Baby und den gehörnten Schwiegereltern. Alle fröhlich und vergnügt. Ist doch egal, von wem das Kind ist. Die Szene kommt Ihnen irgendwie bekannt vor? So ähnlich endet auch der Film "Der kleine Lord", der ja auch an keinem Weihnachten fehlen darf.

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