Fast sechs Jahre nach dem Aus ist mit "TV Total" eine der langlebigsten und populärsten Shows ins Fernsehen zurückgekehrt. Die Zuschauer fanden viel Vertrautes vor: Das Studiodesign war das altbekannte, aus dem Off erklang die überdrehte Stimme von Manfred "Mannix" Winkens - und natürlich gab es auch wieder das legendäre Nippelboard, mit dem die vielen lustigen TV-Schnipsel gesteuert werden können. (Eine ausführliche Kritik zur erssten "TV total"-Folge finden Sie hier)
Neu war aber der Mann, der das Nippelboard bedienen wird: Stefan Raab hat seine Fernsehkarriere Ende 2015 beendet. Dabei bleibt es. Jetzt werkelt der 55-Jährige nur noch hinter den Kulissen mit und produziert die Show – das Rampenlicht überlässt er nun Sebastian Pufpaff.
Sebastian wer? Nicht wenige Zuschauer dürften den Namen erst einmal gegoogelt haben. Und auch ProSieben scheint sich bewusst zu sein, dass der 45-Jährige nicht jedem bekannt zu sein scheint. In dem zur Sendung veröffentlichten Video gab es sogar eine kurze Anleitung zur Aussprache des Namens.
Auch sonst überrascht die Wahl des neuen Moderators. Denn Pufpaff scheint in vielerlei Hinsicht so ziemlich das Gegenteil seines Vorgängers zu sein. Er ist bislang eher als feinsinniger Kabarettist bekannt denn als Haudrauf-Comedian. Eher den akademisch vorgebildeten 3Sat-Zuschauern ein Begriff, die er sonntags zur Prime Time in seiner "Happy Hour" zum Schmunzeln bringt, als dem breiten ProSieben-Publikum.
Stefan Raab genoss es, andere vorzuführen
Andere Leute vorzuführen, das war bislang nicht sein Metier. Raab hingegen schien es sichtlich zu genießen, andere Menschen dem Publikum zum Fraß vorzuwerfen. In Momenten der Schadenfreude riss er meist seinen Mund auf und zeigte seine gewaltigen Beißer. Dass er davon Gebrauch machen werde – daran ließ er selten einen Zweifel.
In seinen besten Zeiten verkörperte Raab eine Angriffslust, die im deutschen Fernsehen zuvor unbekannt war. In der "ZDF-Hitparade" kettete er sich 1994 sogar mit einer Handschelle an Moderator Uwe Hübner, der damit den Rest der Sendung an der Seite Raabs verbringen musste.
Nicht alle seine Opfer haben seine Attacken unbeschadet überstanden. Am bekanntesten sicher der Fall der damals 16-jährigen Lisa Loch, der Raab aufgrund ihres Nachnamens gute Chancen im Pornogeschäft voraussagte, woraufhin diese von Mitschülern, aber auch von fremden Menschen auf der Straße verspottet wurde.
Sebastian Pufpaff kommt mit der feinen Klinge
Währen Raab sein Humorhandwerk eher mit dem groben Schlachtermesser verrichtet, wählt sein Nachfolger Pufpaff einen ganz anderen Ansatz: Er agiert mit der feinen Klinge.
Gerade erst wurde Pufpaff für sein Homeoffice-Kabarett "Noch nicht Schicht" mit dem ehrwürdigen Grimme-Preis ausgezeichnet. In der Urteilsbegründung lobte die Jury die "siebenminütige Wundertüte, die Pufpaff den Tag über für uns füllt". "Es ist letztlich ein Staunen über die Welt, vorgetragen im TV-Homeoffice mit Anzug und Krawatte, ein Work Look gegen den Wahnsinn, der uns täglich niederzuringen droht." Sebastian Pufpaff lache gegen diesen Wahnsinn an und mache das für uns stellvertretend mit.
Die Grimme-Jury hob auch die Kürze des Formats hervor: "Klar, sieben Minuten sind nicht das ganz große Stück vom Fernsehkuchen. Aber genau das, zeigt 'Noch nicht Schicht', muss es nicht immer sein."
Die kurze Strecke, das hat Sebastian Pufpaff bewiesen, kann er also. Bei "TV Total" muss er künftig eine längere Distanz zurücklegen. Dass er dazu in der Lage ist - das hat er bei seinem Einstand am Mittwochabend bewiesen. Pufpaff feierte ein gelungenes Debüt und deutete an, dass er auch ein breitenwirksames Format auf ProSieben ausfüllen kann.
Die ersten Reaktionen in den sozialen Medien wie in der Tagespresse zeigen: Das könnte ein Erfolg werden.