"Tatort" aus Dortmund Zum Filmtod von Martina Bönisch: Hommage an eine selbstbestimmte Frau

Anna Schudt im Dortmund-"Tatort"
Zehn Jahre lang hat Anna Schudt die Kriminalhauptkommissarin Martina Bönisch im Dortmund-"Tatort" verkörpert
© WDR/Markus Tedeskino / ARD
Für die Zuschauer war es ein Schock: Am Sonntagabend starb die von Anna Schudt gespielte Kommissarin Martina Bönisch im Dortmund-"Tatort" den Filmtod. Nachruf auf eine außergewöhnliche Ermittlerin.

Der Ruhrgebiets-"Tatort" bleibt für die meisten Menschen auf ewig mit Horst Schimanski verbunden: Der von Götz George gespielte Kommissar fluchte und prügelte sich von 1981 bis 1991 durch Duisburg und wurde zur bekanntesten Ermittlerfigur in der Krimireihe.

In seinem letzten Einsatz entschwand Schimanski im Flugdrachen und flog ein letztes Mal über Duisburg. Danach spielte das Ruhrgebiet im "Tatort" für zwei Jahrzehnte keine Rolle. Als 2012 ein neues Team in Dortmund an den Start ging, war es naheliegend, dass sofort Parallelen zu dem berühmten Vorgänger gezogen wurden: War nicht der gestörte Peter Faber der legitime Nachfolger des pöbelnden Horst Schimanski?

Peter Faber ist zweifellos ein außergewöhnlicher Charakter, doch bei aller Begeisterung über diesen Ermittler übersahen viele, dass die deutlich modernere Figur seine Kollegin Martina Bönisch war. Eine Frau, die lange im Schatten des ewig aufbrausenden Faber stand.

"Tatort": Anna Schudt als Martina Bönisch

Die von Anna Schudt gespielte Kriminalhauptkommissarin wurde von Anfang an als eigenständige Frau eingeführt: Die sich nicht über ihre Mutterrolle definieren will und trotz zweier Kinder voll im Beruf steht. Man müsste das eigentlich nicht hervorheben - doch im deutschen Fernsehen ist dies nach wie vor eine Seltenheit.

Martina Bönisch wurde aber von Anfang an auch als sexuell selbstbestimmte Frau eingeführt: In den ersten Folgen sahen wir sie abends in Hotelbars, wo sie sich mit fremden Männern das holte, was sie in ihrer Ehe nicht bekam.

Die als Einzige den bisweilen wie ein Derwisch wütenden Faber in den Griff bekam und sich seine Anerkennung erarbeitete. So schaffe Bönisch, was allen anderen Kollegen misslang: Faber duldete sie neben sich. Aus dem beruflichen Respekt wuchsen irgendwann Gefühle. 

Bönisch nahm sich, was sie brauchte

Doch Martina Bönisch ist keine Frau, die auf einen Mann wartet. Als Faber endlich soweit war, seine Gefühle für die mittlerweile geschiedene Kollegin zu offenbaren, hatte die sich auf der Arbeit längst einen anderen Mann geangelt: den Kriminaltechniker Sebastian Haller.

Als der irgendwann zu sehr klammerte, servierte sie ihn einfach ab. Mit ihrer Darstellung dieser souveränen Persönlichkeit gab Anna Schudt ein Vorbild für viele Frauen ab: als ein Mensch, der sich weder im Berufs- noch Privatleben von Männern gängeln lässt.

Dass Martina Bönisch nach 22 Folgen in knapp zehn Jahren nun den Filmtod starb, ist tragisch, denn sie hinterlässt tatsächlich eine große Lücke, nicht nur im Dortmunder "Tatort". 

Die Umstände ihres Ablebens runden das Bild ab: Sie fiel keinem Mann zum Opfer, das hätte zu Bönisch einfach nicht gepasst. Den todesbringenden Schuss verpasste ihr letztlich eine Frau. 

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