Ilona Rosenberg hat alles verloren. Zuerst 2002, bei der letzten "Jahrhundertflut". Ihr Haus in Gohlis bei Dresden musste seinerzeit abgerissen werden, sämtliche Möbel waren kaputt, und das alles nicht versichert. Der Neubau, an gleicher Stelle, steht schon wieder seit Tagen unter Wasser. Der ganze Ort ist völlig abgeschnitten. "Die Natur ist stärker", sagt sie dann.
"Keiner hat sich sowas je vorstellen können", sagt Albert Schwinghammer, der im bayerischen Deggendorf ein Autohaus betreibt. Oder vielmehr: betrieb. 300 Autos sind ihm abgesoffen, weil er das "Szenario unterschätzt" hat, wie er sagt. Über sechs Millionen Euro Gesamtschaden könnte da am Ende bei ihm zusammen kommen, allein an den Autos, und nur ein Drittel dessen ist versichert. "Leider Gottes waren nicht genügend Gelder für den Hochwasserschutz vorhanden", sagt Schwinghammer.
"Das ist totaler Unsinn"
Natürlich war das aktuelle Hochwasser von Donau bis Elbe, von Bayern bis Brandenburg auch das Thema für Günther Jauch: "Jahrhundertflut, die Zweite – haben wir denn nichts gelernt?" Eine klare Antwort gab's nicht auf die Frage. Außer, dass klar war, dass alles irgendwie viel zu lange dauert, also im Hochwasserschutz "lächerlich" wenig passiert, wie Jauch sagt, in einem kurzen Anflug von Entschlossenheit. Zum Beispiel in Sachsen: 351 Projekte wurden dort nach der letzten großen Flut geplant, 80 sind heute fertig, 55 im Bau und weit über 200 erst in Planung. Und von 34 Deichen, die ins Land zurück verlegt werden sollten, stehen 32 immer noch da, wo sie auch früher schon waren. Weniger Bürgerbeteiligung soll helfen, sagt jetzt Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich. Jauch attestiert ihm mit einem passenden Beispiel aus Sachsen.
"Das ist totaler Unsinn", sagt die Katrin Göring-Eckardt, die grüne Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl - "eher im Gegenteil: Die Planungen gehen schneller, wenn man die Bürger beteiligt". Auch Reinhard Vogt, den sie den "Hochwasser-Papst" nennen, lobt die Bürgerbeteiligung. In Köln, wo er Leiter der Hochwasserschutzzentrale ist, hat keiner gegen das Konzept geklagt, dass sie sich nach der letzten großen Rheinflut in den Neunzigern ausgedacht haben. "Am Ende haben alle profitiert."
"Die Verfahren dauern zu lange"
Aber natürlich ist alles erstmal wieder aus dem Sinn, wenn das Wasser abgeflossen, die Fernsehkameras wieder weg und die nächsten Wahlen vorbei sind. "Man muss weiter dabei bleiben", sagt Göring Eckardt dann, und es ist einer dieser Politiker-Sätze für Talkshows. "Das ist das Problem." Irgendwie ähnlich klingt das beim bayerischen CSU-Innenminister Joachim Herrmann, aber auch seine Wahl muss ja erst noch gewonnen werden. Also nutzt er die Gelegenheit, sich ausführlich zu loben. Jauch gibt sie ihm willig. Und er muss ich auch nicht allzusehr festlegen, etwa, ob er im Zweifelsfall auch Bauern enteignen oder Hausbesitzern eine zwangsweise Versicherung gegen Hochwasser abverlangen will.
"Die Verfahren dauern zu lange", wenn es um Hochwasserschutz gehe, sagt Vogt, und auch der ARD-Wetterexperte findet das. Noch vor der Wahl werde man das "wesentlich beschleunigen", verspricht Herrmann schnell. "Niemand darf durch das Hochwasser in seiner Existenz bedroht", ergänzt Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck, direkt aus dem Einsatz. Noch so ein Politikersatz.
Dass Hochwassermauern in den Städten oftmals nur "noch viel mehr Wasser noch viel schneller" weiterleiten, wie Plöger sagt. Dass regionale Lösungen "uns nicht weiterbringen", wie er erklärt. Dass es "keinen sicheren Hochwasserschutz" geben könne, wie er warnt. Dass "wir viel mehr Platz für Wasser brauchen", wie er fordert – das sind jene Sätze, die auch an diesem Abend wieder verhallen.
Und am Ende fragt Günther Jauch lieber nochmal schnell, wann es endlich Sommer wird. Und damit zurück zu den Tagesthemen.