Um die deutsch-griechischen Beziehungen steht es nicht zum Besten. Die einen fühlen sich gegängelt von Sparzwang und teutonischer Finanzkraft, die anderen erwarten mehr Respekt und Dankbarkeit und sorgen sich um ihre hart verdienten Euros. "Was ist nur aus dem schönen Satz geworden 'Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker'?
Es geht also mal wieder ein Gespenst um in Europa, und EU-Kommissar Günther Oettinger ist eigens aus Brüssel angereist, um es zu vertreiben. "Europäische Solidarität", fordert der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, nicht zuletzt weil er "nachhaltige Verbesserungen" in Griechenland erkannt haben will. Er lobt den Reformkurs und die Sparmaßnahmen, wieder und wieder, so als habe niemand mitbekommen, wie sehr Athen den ursprünglichen Erwartungen hinterherhinkt.
Griechenland zurück zur Drachme?
Natürlich: Schon von Amts wegen muss er Zuversicht verbreiten - doch das will dem 58-Jährigen CDU-Mann nicht so recht gelingen. Oettinger kommt nicht aus seiner Haut, ist von je her ein Obrigkeitspolitiker: Bloß kein offenes Gespräch wagen, stur auf Linie getrimmt, auch wenn sich dabei die antiken Säulen biegen. Als er gefragt wird, in welchen Branchen konkret er sich das dringend nötige Wirtschaftswachstum erhofft, fällt ihm nicht viel mehr ein als "Tourismus" ("Griechenland ist das schönste Land Europas") und "Solaranlagen auf die Dächer". Hoffnung klingt ganz sicher anders.
Griechenland zurück zur Drachme? Schon am Dienstagabend versuchte sich Sandra Maischberger am Thema Griechenland, doch im Gegensatz dazu ist Illners Sendung wesentlich unterhaltsamer und informativer. Trotz des komplexen Themas gibt es eine Menge Klartext: Gewerkschaftsmann Michael Sommer weist eindringlich auf die "gravierenden politischen und sozialen Folgen" hin, sollte Europa seine Solidarität aufkündigen. Und in ökonomischer Hinsicht fragt Börsenjournalist Frank Lehmann in Richtung Oettinger: "Angesichts der instabilen Verhältnisse und der maroden Verwaltung - wie will man denn da Investoren finden?"
Geldspende für "Bild"-Mann Ronzheimer
Am weitesten geht der Finanzexperte Wolfgang Gerke: Er will den harten Schnitt für Griechenland, samt Rückkehr zur Drachme. So jemand ist inzwischen bei jeder Talkshow zum Thema dabei, und das zeigt durchaus, wie sehr sich die Stimmung dreht. Nun zählt der emeritierte Hochschullehrer sicher nicht zu den besonders lauten Populisten: Er will eine Stunde Null für Athen, jedenfalls nicht noch mehr Geld reinstecken, und ist von der weithin akzeptierten Domino-Theorie - fällt ein Euroland, fallen bald weitere - nicht überzeugt. "Ich kann das genauso wenig beweisen wie Sie alle", wirft er in die Runde - "doch im Gegensatz zu Ihnen behaupte ich das auch nicht."
Geldspende für "Bild"-Mann Ronzheimer Ein zuverlässiger Brandbeschleuniger im griechisch-deutschen Missverhältnis ist Paul Ronzheimer. Der 26-Jährige ist bei "Bild" für die "Pleite-Griechen" zuständig, verteilte schon Drachmen an demonstrierende Athener und hat für derlei Verhaltensauffälligkeiten sogar einen Preis bekommen. Bei Illner kann er berichten von "Wut und Hass gegen die Deutschen"; doch dass seine Schlagzeilen irgendwas damit zu tun haben, mag er sich nicht vorstellen. Das sieht offenbar nicht jeder so: Kurz vor Schluss steht ein Zuschauer auf und steckt Ronzheimer demonstrativ einen Geldschein zu. Man sieht nicht genau wie viel, lediglich hören kann man den Spender: "Hier, damit ihr mal bessere Reportagen schreibt."
"Keiner soll uns Griechen entmündigen"
Es gibt am Abend aber noch jemanden, der etwas für die Beziehungen zwischen Deutschen und Griechen tut: Vicky Leandros. Die Künstlerin, die die deutsche und auch die griechische Staatsbürgerschaft besitzt, berichtet über die Verhältnisse in ihrem Geburtsland. Von der Not der Menschen, den vielen Obdachlosen und dem fehlenden Vertrauen in die Politik. Die Sängerin, selbst mal zwei Jahre lang im Stadtrat von Piräus, spart auch nicht mit Kritik, weil "viel zu lange weggesehen wurde bei der ganzen Misswirtschaft". Es gipfelt in einem flammenden Appell, der durchaus ein bisschen Zärtlichkeit unter Völkern verdient: "Keiner soll uns Griechen entmündigen - aber wir brauchen dringend Hilfe aus Europa!"