Für knapp zehn Millionen Zuschauer war es beste Unterhaltung: Am Samstagabend verkündete Hape Kerkeling, er werde nicht die Nachfolge von Thomas Gottschalk als "Wetten, dass ..?"-Moderator antreten. Ein Scoop in eigener Sache zur besten Sendezeit. Denn bis zum Samstag hatte Kerkeling in der Öffentlichkeit als großer Favorit gegolten, viele Umfragen, auch bei stern.de, hatten ihn zum Lieblingsnachfolger von Gottschalk gekürt.
Und auch das ZDF hatte sich lange Zeit auf Kerkeling als einzig möglichen Kandidaten festgelegt. Er sollte die Sendung bekommen. Es wurde verhandelt. Kerkeling stellte Bedingungen. Eine davon war nach Informationen von stern.de: Er wollte ohne Michelle Hunziker moderieren, an der das ZDF eigentlich festhalten wollte. Die Mainzer hätten es akzeptiert. Doch die Verhandlungen zogen sich und zogen sich. Kerkeling zögerte, was man beim ZDF zunehmend irritiert zur Kenntnis nahm. Es entstand der Eindruck eines komplizierten Verhandlungspartners. Auf beiden Seiten machte sich eine gewisse Erschöpfung breit.
Bereits vor ein paar Wochen sagte Kerkeling dem ZDF schließlich ab. Nach stern.de-Informationen machte er dann den Vorschlag, seine Absage publikumswirksam in der Sendung zu inszenieren, mitsamt Auftritt seines Alter-egos Horst Schlämmer, der über die "Hackfresse" Kerkeling gleich zu Beginn herzog. Beim ZDF fand man das originell, obwohl es den Sender düpiert dastehen lässt - wohl auch deshalb, weil die Verhandlungen ohnehin öffentlich schon viel zu sehr ausgebreitet waren.
Im schlechtesten Fall geht es erst September 2012 weiter
Der Wirbel war groß, für einen Moment sorgte die unklare "Wetten, dass ..?"-Zukunft für mehr Rauschen als die unklare Zukunft des Euro. Doch jetzt, am Montag, wird offenbar, dass das ZDF wieder am Anfang steht. Man hatte sich in Mainz allzu sehr auf Kerkeling festgelegt. Einen echten Plan B gab es lange nicht. Und die Zeit drängt. Spätestens im Januar, möglichst aber noch vor Weihnachten soll ein Gottschalk-Nachfolger präsentiert werden. Wunschtermin für einen Neustart von "Wetten, dass ..?" ist eine Frühjahrssendung im April oder eine Sommersendung im Juli. Im schlechtesten Fall würde es erst wieder im September losgehen.
Unangenehmer als der zeitliche Druck ist aber, dass durch die Fixierung auf Kerkeling jeder andere Kandidat als zweite Wahl dasteht. Topleute wie Stefan Raab wären unter diesen Bedingungen wohl nicht zu kriegen. Doch der dürfte ohnehin nicht sendungskompatibel sein.
Gerne möchte man beim ZDF mit Michelle Hunziker weiterarbeiten. Allerdings traut man ihr die alleinige Moderation nicht zu. Und wie die Verhandlungen mit Kerkeling zeigen: Notfalls kann sie geopfert werden, wenn eine überzeugende Moderatorenlösung nur ohne sie ginge.
Kaum vorstellbar erscheint, dass eine große Show von zwei Frauen (oder auch zwei Männern) moderiert wird; es müsste wohl immer ein gemischtes Doppel sein. Soll also Hunziker an Bord bleiben, bedeutet das, dass die nun auch gehandelten Anke Engelke oder Barbara Schöneberger eher nicht in Betracht kommen. Gegen Schöneberger spricht zudem, dass sie als Person zu stark polarisiert: Manche finden sie klasse, anderen schalten ab, wenn sie auf den Bildschirm kommt.
Daraus darf man folgern, dass eher ein Mann beste Chancen hat. Der Moderator muss Erfahrung haben und beim Familienpublikum vermittelbar sein. Viele Namen, darunter war auch mal der von Bully Herbig, werden ventiliert. Viele auch wieder verworfen. Und andere, die öffentlich genannt werden, spielen gar keine Rolle, etwa Johannes B. Kerner.
Pilawa galt schon im Februar als Favorit
So könnte es auf einen Moderator hinauslaufen, der bereits im Februar als aussichtsreichster Kandidat gehandelt worden war: Jörg Pilawa. Damals hatte die "Bild am Sonntag" von einer verbindlichen Zusage berichtet, die Pilawa bei seinem Wechsel von der ARD zum ZDF bekommen haben soll.
Auch die Chancen von Markus Lanz stehen gut. Beim ZDF ist man mit dem Moderator sehr zufrieden, er beschert dem Sender mit seiner Talkshow gute Quoten.
ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut ist nun gefordert, schnell eine Lösung zu präsentieren. Neben der Moderatorenfrage muss er auch die Konzeptfrage klären: Wie stark soll "Wetten, dass ..?" umgebaut werden? Hier gibt es theoretisch zwei Möglichkeiten: am bewährten Konzept festzuhalten und darauf zu bauen, dass die Sendung - noch immer die erfolgreichste Familienshow im deutschen Fernsehen - größer ist als Gottschalk. Oder das Konzept als überholt einzumotten und die Sendung zu renovieren. "Supertalent" bei RTL macht vor, in welche Richtung das gehen könnte: Hier sind die Kandidaten die Stars, Promis treten gar nicht auf.
Ein halbes Jahr ist es her, dass Thomas Gottschalk seinen Abgang verkündete. Viel weiter ist das ZDF seitdem nicht gekommen. Sicher ist nur dies: Kerkeling wird es nicht. Gottschalk wird es nicht. Und die Sendung wird fortgesetzt.
Das ZDF sucht den Supermoderator - eine Show, die weiter Unterhaltung verspricht.
Mehr zum Thema Fernsehprogramm finden Sie auch bei unserem Partner tvspielfilm.de