Zum Tod der Mode-Ikone Wie Jane Birkin Namensgeberin der begehrtesten Handtasche der Welt wurde

Jane Birkin war nicht nur eine bekannte Schauspielerin und Musikerin, sondern wurde auch durch Zufall Namensgeberin der begehrtesten Handtasche der Welt.

Es war 1981 auf einem Flug von Paris nach London, als Jane Birkin der gesamte Inhalt ihrer Handtasche auf den Boden fiel. Überall auf dem Teppich lagen ihre Sachen verstreut. Sie hatte an jenem Morgen nach irgendeiner Tasche gegriffen. Nur wenige Tage zuvor war ihr Mann, der französische Schauspieler Jacques Doillon, mit dem Auto über ihren geliebte Korbbeutel gefahren. Ein Missgeschick, ohne das die begehrteste Handtasche der Welt wohl nie entstanden wäre.

Denn wie der Zufall es wollte, saß Birkin während des Fluges neben Hermès-Chef Jean-Louis Dumas. Er half dabei, ihre Siebensachen wieder einzusammeln. "Sie sollten eine mit Innentaschen haben", soll er zu ihr gesagt haben, als er das Chaos darin sah. Jane Birkin wusste damals nicht, wer der Mann neben ihr war. Deshalb antwortete sie: "An dem Tag, an dem Hermès eine mit Taschen macht, werde ich sie kaufen." Darauf soll Dumas gesagt haben: "Aber ich bin Hermès, und ich werde diese Tasche für Sie einbauen."

Der Prototyp stand auf einer Spucktüte

Noch während des Flugs planten sie den Prototypen. Birkin hatte klare Vorstellungen: Die Tasche sollte größer sein als eine Kelly Bag, so der Name des nach Grace Kelly benannten Hermès-Klassikers, aber kleiner als einer der Koffer ihres Mannes. "Ich glaube, ich skizzierte sie auf einer Spucktüte", erinnerte sich Birkin vor einigen Jahren, als sie der "Vogue" ein Interview gab.

Das Leder-Modell, das sie später im Atelier in der Rue du Faubourg Saint-Honoré abholte, war trapezartig geformt und sportlicher als die elegante Kelly Bag. Es besaß zwei Henkel, eine Metallschließe, mehrere Innenfächer, darunter auch eine Halterung für Babyflaschen. Als die Schauspielerin die Tasche bezahlen wollte, lehnte Dumas ab. Er wollte kein Geld dafür, sondern erkannte ein lukratives Geschäft. Er bot Birkin an, nur mit ihrem guten Namen zu bezahlen. Zudem sicherte er ihr zu, ihr jährlich 30.000 Euro auszuhändigen, die sie für ihre verschiedenen Wohltätigkeitsorganisationen nutzen konnte. Die Schauspielerin willigte ein. Fortan hieß das Modell Birkin Bag.

Hermès HandtaschenHermès Birkin Bag
Birkins persönliche Birkin Bag, heute ein Design-Klassiker
© David Baum

Die Birkin Bag: Statussymbol und Sammlerobjekt 

Heute, 42 Jahre später, ist die Tasche eine der begehrtesten der Welt. Sie schmückt die Handgelenke von Stars wie Kim Kardashian, Heidi Klum und Victoria Beckham. Tamara Ecclestone, Tochter der britischen Formel1-Ikone, soll sogar einen eigenen Glas-Schrein für ihre 30 Modelle haben, auch Hiphop-Star Drake besitzt nach eigenen Angaben eine lukrative Sammlung.

Kostete die Tasche 1984 bei ihrer Einführung ins Hermès-Sortiment etwa 2500 Euro, beginnt der Einstiegspreis heute bei etwa 9.000 Euro. Je nach Leder, Größe und Ausstattung kann sie aber auch so viel kosten wie ein Einfamilienhaus. Denn ähnlich wie bei Luxusuhren kann man nicht in eine Hermès-Boutique spazieren und mit einem Modell am Handgelenk wieder rausgehen. Die Nachfrage ist riesig, seit Jahren kommen die Täschner in den Werkstätten nicht mehr hinterher. 15 Stunden dauert die Produktion eines handgemachten Modells. Vor einiger Zeit kündigte Hermès an, bis 2024 drei neue Produktionsstätten zu errichten.

Eine Tasche, so teuer wie ein Einfamilienhaus

Durch die Verknappung steigen die Preise der Vintage-Modelle. So wechselte 2016 ein Modell namens "Hermès Birkin 30 Niloticus Himalaya Blanc" für etwa 200.000 Euro den Besitzer. Gefertigt war es aus weißem Krokodilleder mit 18-karätigem Weißgold und Diamantbeschlägen. 2019 wurde ein ähnliches Modell der "Himalaya Birkin" für rund 500.000 US-Dollar versteigert.

Anders als viele Stars besaß Jane Birkin zu Lebzeiten nur wenige Birkin Bags. Fast so, als pralle der Hype, den die Modewelt um die Tasche zelebrierte, an der Schauspielerin ab. Sie brauchte kein Statussymbol, sie war es selbst. Die wenigen Modelle, die sie von Hermès geschenkt bekam, versteigerte sie oft für den guten Zweck.

Als die Luxusmarke vor einigen Jahren in Verruf geriet, Krokodile, die für die Handtaschenproduktion gezüchtet wurden, nicht artgerecht zu halten, scheute sich die Schauspielerin nicht, sich gegen Hermès zu wenden. Doch da Birkin ihren Namen nicht als Lizenz verkauft hatte, konnte sie der Marke die Verwendung ihres Namens nicht verweigern. Man einigte sich, um einen Skandal zu verhindern.

Als der stern Jane Birkin vor einigen Monaten zum Interview traf, sagte sie, sie besitze aktuell nur ein einziges Modell. Eine schwarze Tasche, mit deutlichen Gebrauchsspuren und vielen kleinen Ketten und Anhängern. Obwohl sie eine große Schauspielerin und Musikerin war, hatte sie eine Vorahnung, worauf man irgendwann einmal zurückblicken könnte. "Ich fürchte, am Ende wird es diese Tasche sein, deretwegen man sich an mich erinnert", sagte sie.

Tatsächlich könnte es so kommen. Dennoch ist es das Besondere an der Mode: Sie feiert das Ikonenhafte – auch über Generationen hinweg. Egal, ob man in 20 Jahren noch "Blow Up" schaut oder "Je t'aime...moi non plus" hört – an den Modestil von Jane Birkin wird man sich ewig erinnern. Ein bisschen mehr "Laissez-faire" – der Mode würde es gut stehen.

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