Eine hyperaktive Blondine spricht in Halbsätzen, nimmt aus Wandfächern Teller mit Spaghetti und Soße, kündigt Gäste an, die kommen oder auch mal nicht kommen und quasselt, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Wer tief in den Nullerjahren das Wochenende schläfrig vor der heimische Röhre ausklingen ließ, der hatte gute Chancen, das Ganze mit Barbara Schöneberger zu tun. In der Twilight Zone zwischen Sonntagabend und blauem Montag irrlichterte die Endzwanzigerin durch eine Sendung namens "Blondes Gift", ihre Gäste so schillernd wie sie selbst. Von Bach bis Baxxter, Kesici, Korittke und Küblböck, von Wanders, Welke bis Walz kam zwischen 2001 und 2005 alles an Gästen, was B bis F vor dem Wort Promi stehen hatte und ließ sich nur allzubereit von ihr zutexten. Damals ein Insider-Liebling für Spätgucker, entwickelte sich die eigenwillige Schönheit mit den großen Augen und Ohren über die Jahre zu der Frau im deutschen Fernsehen schlechthin.
Am 5. März 1974 in München geboren, Vater Klarinettist, Mutter Hausfrau, wächst Barbara Schöneberger in Gröbenzell auf, einer 20.000 Einwohner zählenden Gemeinde, wenige Kilometer von der bayerischen Landeshauptstadt entfernt. Erste Karriereschritte als Model in einer Foto-Lovestory, Abitur mit Note 2,6, ihre Lieblingsband Frankie goes to Hollywood, Volontariat bei einer Münchner Modezeitung, später Studium der Soziologie, Kommunikationswissenschaften und Kunstgeschichte in Augsburg. Die Entscheidung, dass das vielleicht doch nicht so das Wahre ist, fällt spät - nach zehn Semestern bricht sie 1999 das Studium ab. Schon im Jahr zuvor hat sie erste Schritte in Richtung TV-Karriere unternommen.
Harald Schmidt erkennt Schönebergers Talent
In der Sat.1-Sendung "Bube, Dame, Hörig" dreht sie Spielkarten um, macht lustige Gesichter und ist mehrheitlich Schauwert, dem guten Harald Schmidt fällt ihr Talent als erstem auf, der Grandseigneur des deutschen Fernsehens legt ihr eine eigene Show nahe. Der Mann liest die Schönberger richtig: Sie hat die vogelwilde Neugier eines Praktikanten, die Chuzpe eines Löwenbändigers und eine positiv grundierte Scheißegal-Haltung, die sie bis heute auszeichnet.
Sie macht sich, das sagte sie einst, das betont sie heute, nicht allzu viel Gedanken vor Shows, Interviews, Sendungen. Sie zieht das einfach durch. Hoppla, jetzt komm' ich. Frühe Fehltritte wie die Sportsendung "Tiebreak" oder die Moderation der Fernsehfolter "Girlscamp" scheinen ihr wenig auszumachen, sie setzt stattdessen mit "Blondes Gift" einen erstes, nachhaltiges Ausrufezeichen. Danach scheint nichts sie aufhalten zu können, die ersten Gehversuche und Achtungserfolge bereiten den Boden für ihre Erfolgsgeschichte.
In "Frei Schnauze" improvisiert sie, Galas moderiert sie im Dutzend weg, anno 2007 erscheint ihr Album, das im Titel schon vorwegnimmt, wie nicht so arg Wohlgesonnene ihre multitaskende Karriere bewerten könnten: "Jetzt singt sie auch noch". Nicht nur das, fortan talkt sie auch noch. Das alte Schlachtross NDR-Talkshow landet einen Glücksgriff, macht mit der Kombi aus Beauty-Bigmouth und onkelhaftem Alt-Talker (Hubertus Meyer-Burckhardt), einem klassischen Odd Couple wie es im Buche steht, dem Freitagabend-Gequassel wieder ein wenig Dampf unterm Hintern.
Schönebergers Privatleben ist tabu
Die Jahre gehen ins Land, wo andere Kollegen sich langsam ins Nirvana senden, in Rente gehen oder das große Schlüpfen kommentieren, scheint das Feuer der mittlerweile 41-Jährigen bislang keine Halbwertszeit zu kennen. So offenherzig sie im Dekolleté-Bereich ist, so maulfaul ist sie dabei in punkto Privatleben. Es gab mal einen Paul, dann einen Mathias, seit 2009 ist sie verheiratet, hat einen Sohn und eine Tochter. Alle drei fristen ihr Dasein unter der Leitplanke der Verschwiegenheit.
Ob man das nun mag oder nicht, sie zu schrill findet, zu mopsig (was sie im echten Leben merkwürdigerweise ja überhaupt nicht ist) oder zu schmerzfrei - die Schöneberger macht ihren Stiefel weiter. Löffelt für Werbegelder Fleischsalat, tönt sich für den schnöden Mammon das Haar, verhökert Windeln, verliest Punkte beim Eurovision Song Contest, lässt sich vor laufenden Kameras auch mal vom Pferdeflüsterer durchkneten und als wäre das alles nicht genug, setzt sie sich auch noch bei Jauch auf den heißen Stuhl und beantwortet die Frage "Wer wird Millionär?" lauthals mit "Ich".
War noch was? Ach ja, als ein Team des Verlagshauses Gruner+Jahr* sie besucht, um ihr eine Zeitschrift mit ihrem Namen als Titel, mit ihr als "Editor in Large" vorzuschlagen, soll sie der Legende nach mit "darauf habe ich immer gewartet" geantwortet haben. Die Schöneberger und wartend - passt gar nicht so richtig ins Bild. Warten ist dennoch das Stichwort, erwarten besser gesagt, und da kann man von der Blondine at Large auch in Zukunft ganz sicher noch einiges. Wetten, dass ..?
*Der stern erscheint ebenfalls im Verlag Gruner+Jahr