Unterlassungsklage Boris Becker siegt vor Gericht: Chronologie seiner Fehde mit Oliver Pocher

Oliver Pocher und Boris Becker 2013 in der RTL-Show "Alle auf den Kleinen"
Oliver Pocher und Boris Becker 2013 in der RTL-Show "Alle auf den Kleinen"
© Rolf Vennenbernd/ / Picture Alliance
Spiel, Satz, Sieg für Boris Becker: Der Ex-Tennisprofi hat einen Rechtsstreit mit Oliver Pocher gewonnen. Anlass war ein TV-Beitrag aus dem Jahr 2020 – der Streit schwelt schon viel länger.

Aus den beiden werden keine Freunde mehr: Oliver Pocher und Boris Becker verbindet seit Jahren eine tiefe Abneigung. Mit immer neuen Sticheleien pflegt vor allem Pocher die Feindschaft zwischen ihm und der Tennislegende. Vor Gericht hat Pocher jetzt allerdings eine Niederlage kassiert. Das Oberlandesgericht Karlsruhe gab Becker in einem Berufungsverfahren Recht, das er gegen Pocher angestrengt hatte. Streitpunkt war ein Scherz, den sich Pocher im Oktober 2020 erlaubt hat. Was ist passiert?

In seiner RTL-Show "Pocher – gefährlich ehrlich!" machte sich der Comedian über Beckers Insolvenzverfahren lustig und startete unter dem Motto "Make Boris rich again" eine Spendenaktion. "Wir kriegen ihn mit seiner Eitelkeit", sagte Pocher in der Sendung. Tatsächlich kamen rund 500 Euro zusammen. Doch Becker wollte das Geld nicht haben.

Pocher überlegte sich eine List. Er rief einen Modepreis ins Leben, der Becker im Namen einer österreichischen Zeitschrift verliehen werden sollte. Das Problem: Sowohl die Zeitschrift als auch der Preis waren ein Fake. Doch Becker fiel darauf herein und nahm den "Fashion Brand Award" stolz entgegen. Auf Facebook veröffentlichte er sogar eine Dankesrede. Was der 55-Jährige nicht wusste: Im Sockel der Plastik-Trophäe befand sich das gesammelte Geld.

Boris Becker siegt vor Gericht gegen Oliver Pocher

Nach der Aktion sah Boris Becker seine Persönlichkeitsrechte verletzt und verklagte Oliver Pocher. 2022 scheiterte er in erster Instanz vor dem Landgericht Offenburg. Die Veröffentlichung sei möglich, "da es sich um Bildnisse der Zeitgeschichte handele", urteilte das Gericht. Becker wollte, dass der Beitrag nicht mehr gesendet und im Internet gelöscht wird. Aus Sicht des Gerichts überwiegen "die Belange der Meinungs- und Rundfunkfreiheit" gegenüber der Privatsphäre des Klägers. Gegen das Urteil legte Boris Becker Berufung ein – mit Erfolg.

Das Oberlandesgerichts Karlsruhe entschied nun anders als das Landgericht Offenburg und urteilte, dass Pocher Becker mit der Aktion bewusst getäuscht habe. Der frühere Tennisspieler habe nicht wirksam zugestimmt, dass die Aufnahmen verwendet werden dürften. Eine Verwendung ohne Zustimmung wäre "nur dann gerechtfertigt, wenn die strittigen Aufnahmen dem Bereich der 'Zeitgeschichte' zuzuordnen wären." Das sei hier nicht der Fall.

Becker sei "durch die Täuschung zu einem Objekt degradiert und zugleich dahingehend manipuliert worden, aktiv daran mitzuwirken, seine eigene Person ins Lächerliche zu ziehen." Mit Beckers Insolvenzsverfahren habe sich die Sendung nur marginal beschäftigt. Deshalb "müsse dem Persönlichkeitsrecht des Klägers der Vorrang eingeräumt werden", so das Gericht.

Der Prozess ist eine weitere Etappe im Streit zwischen Oliver Pocher und Boris Becker, der seit nunmehr 15 Jahren schwelt. Angefangen hat alles 2008 mit Alessandra Meyer-Wölden. Als die sich im Sommer 2008 mit Boris Becker verlobte, lästerte der Comedian in der Show "Schmidt & Pocher": "Für Sandy trifft die Redensart zu: Zu jung zum Sterben, zu alt für Lothar Matthäus." Oder auch: "Zwölf Seiten halbnackt in 'Maxim' oder wie Sandy sagt: Kontaktanzeige!"

Boris Becker und Oliver Pocher streiten sich seit 2008

Die Verlobung zwischen Meyer-Wölden und Becker zerbrach nach 83 Tagen – der Tennisspieler kehrte zu seiner Ex-Freundin Sharlely Kerssenberg zurück, die er im Juni 2009 heiratete. Nur einen Tag vor der im TV übertragenen Becker-Trauung ließ seine frühere Verlobte die Beziehungsbombe platzen: Alessandra Meyer-Wölden gab offiziell ihre Liaison mit Oliver Pocher bekannt.

Fast zeitgleich brachten Sharlely Becker und Alessandra Meyer-Wölden dann ihr jeweils erstes Kind zur Welt: Am 2. Februar 2010 wurde Meyer-Wöldens Tochter Nayla geboren, eine Woche später folgte der Becker-Sohn Amadeus. Per Videobotschaft gratulierte Boris Becker seiner früheren Partnerin zum Nachwuchs. "Herzlichen Glückwunsch Oliver, herzlichen Glückwunsch Sandy, das habt ihr gut gemacht. Ich hoffe, eurer Tochter geht's gut und sie ist putz und munter", sagte Becker.

Die Antwort von Oliver Pocher und Alessandra Meyer-Wölden ließ nicht lange auf sich warten. Beide stellten Beckers Videobotschaft nach und Pocher zeigte sie in seinem Sat.1-Format "Die Oliver Pocher Show". Dabei machte sich der Comedian vor allem über die vier Vornamen des jüngsten Becker Sohnes lustig. "Herzlichen Glückwunsch Boris, herzlichen Glückwunsch Lilly. Das habt ihr toll gemacht. Und dann gleich Vierlinge. Damit konnte keiner rechnen", sagte Pocher.

Einige Jahre herrschte Funkstille zwischen den Becker-Pocher-Lagern, bis Boris Becker 2013 seine Autobiografie "Das Leben ist kein Spiel" veröffentlichte. Kapitel für Kapitel rechnete er darin mit seinen Ex-Frauen ab. Auch Alessandra Meyer-Wölden bekam ihr Fett weg. "Wenn ich Tennis spiele, brauche ich morgens natürlich ein Frühstück. Meine zukünftige Frau Sandy zog es aber vor, lange zu schlafen. Also bin ich morgens in den Ort gefahren und habe mir selbst Frühstück besorgt", schreibt Becker. Oder: "Bei mir verstärkte sich der Verdacht, dass es darum ging herauszufinden, wie man denn nun den neuen Ruhm als Boris-Becker-Verlobte möglichst gewinnbringend und öffentlichkeitswirksam umsetzen könnte." Ein Jahr später räumte Boris Becker im Interview mit dem "Spiegel" ein, das Buch sei "ein Fehler" gewesen.

2013 duellierten sich Pocher und Becker in einer TV-Show

Oliver Pocher nutzte die Aussagen trotzdem, um die Fehde mit Becker fortzuführen. Der Comedian ergriff öffentlich Partei für Alessandra Meyer-Wölden – auch wenn die beiden zum Zeitpunkt des Erscheinens der Becker-Biografie längst getrennt waren. In einer Reihe hämischer Tweets lieferten sich Boris Becker und Oliver Pocher eine Auseinandersetzung in den sozialen Netzwerken. Der Beef endete mit der Aufforderung des Comedians, sich "gerne mal 1:1 auszutauschen, wenn du dich traust". Becker traute sich. Im Oktober 2013 duellierten sich Pocher und Becker in der RTL-Sendung "Alle auf den Kleinen". Der Comedian und der Sportler traten über zwölf Runden in albernen Spielen gegeneinander an. Für ein Spiel trug Becker eine Haube mit zwei Fliegenklatschen. Am Ende siegte Oliver Pocher. Ein Ende des Streits bedeutete die Show nicht.

Boris Becker
Boris Becker im Oktober 2013 in der RTL-Show "Alle auf den Kleinen" beim Spiel "Klatschkopf", ein Mix aus Tischtennis und Fußball
© DPA / Picture Alliance

In den folgenden Jahren stichelte Oliver Pocher immer wieder gegen Boris Becker oder dessen Ex-Frau, etwa 2017 als Pocher und Sharlely Becker gemeinsam in der ProSieben-Show "Global Gladiators" antraten. "Du musst mal kapieren, dass du für mich nicht lustig bist. Was du mit deinen Frauen machst, ist absolut scheiße. Bitte halt deine Klappe", sagte Sharlely Becker damals zu Pocher.

Ein Jahr später scheiterte die Ehe von Sharlely und Boris Becker, zudem steckte der Ex-Tennisprofi in einem Insolvenzverfahren – ein gefundenes Fressen für Pocher. In mehreren Interviews kommentierte er schadenfroh Beckers Situation. Das ließ der nicht auf sich sitzen und twitterte im Sommer 2018: "Oliver Pocher: Halte einfach deine Klappe und kümmere dich um deine eigene Familiengeschichte (kompliziert genug...) anstatt dumm unqualifiziert daher zu reden (fällt dir wohl schwer)." Damit verlagerte Becker den Streit mit Pocher zurück in die sozialen Medien.

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Pocher konterte in einem Facebook-Posting, das er inzwischen gelöscht hat: "Wenn man Schulden hat, ist es tendenziell so wie mit Junkies, man erzählt nicht die Wahrheit und tut alles, um an den nächsten Schuss (Geld) zu kommen." Vorwürfe, die Becker nicht auf sich sitzen ließ. Er twitterte zurück: "Schwierige Kindheit, Jehovas, kleinwüchsig, arbeitslos, eigene Kinder in Amerika, kämpft vor deutschen Gerichten um weniger Unterhaltszahlungen, leere Hallen ... echt dumm gelaufen". Auch diesen Tweet hat Boris Becker inzwischen gelöscht.

Becker verlor ein Berufungsverfahren gegen Pocher

Im Zuge seines Insolvenzverfahrens musste Becker über 80 persönlichen Gegenständen veräußern, darunter auch Trophäen und Pokale aus seiner aktiven Zeit als Tennisspieler. Zwei dieser Erinnerungsstücke ersteigerte 2019 ausgerechnet Oliver Pocher. "Er hat uns viele grandiose Nachmittage und Nächte vor dem TV geschenkt. Jetzt sollten wir auch mal was zurückgeben. Ich habe meinen Teil gern dazu beigetragen", kommentierte Pocher die Aktion. 26.500 Euro zahlte er für die beiden Pokale, die er für den guten Zweck versteigern wollte. Eine der Trophäen kam wenige Monate später bei einer Charity-Gala unter den Hammer – und ging an Sharlely Becker. Sie wolle den Pokal ihrem Sohn Amadeus schenken, sagte sie und bedankte sich bei Pocher, dass er geholfen habe, ihn zurück in die Familie zu holen – "wenn auch auf seltsame Weise". "Pocher, du hast wirklich ein gutes Herz. Danke dir", schrieb Sharlely Becker.

Aussagen, die Boris Becker so wohl nicht tätigen würde. Denn das aktuelle Gerichtsverfahren war nicht die erste juristische Auseinandersetzung mit Oliver Pocher. 2019 erwirkte Becker in einem anderen Fall eine einstweilige Verfügung gegen den Comedian. Pocher hatte Becker in einer Vox-Sendung "Insolvenzverschleppung" und "kriminelle Sachen" vorgeworfen. Diese Äußerungen wollte Becker unterbinden. Zunächst gelang ihm das erfolgreich, doch Pocher ging in Berufung und siegte 2021 vor dem Oberlandesgericht in Hamburg – die einstweilige Verfügung wurde von der Becker-Seite zurückgezogen.

In Karlsruhe hat Pocher dagegen verloren. Das Oberlandesgericht hat keine Revision zugelassen. Dagegen könnte Pocher aber noch eine Beschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen. "Das bedeutet, dass das Urteil tatsächlich Bestand haben wird", kommentierte Beckers Anwalt Samy Hammad. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. "Aus unserer Sicht sollte sich der BGH mit den hier aufgeworfenen Rechtsfragen befassen, da immerhin der Kernbereich der Satire und Meinungsäußerungsfreiheit betroffen ist", teilte Pochers Anwältin Cronemeyer mit.

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