Wie kann man als emanzipierte Frau, die Mann und Sohn zu Sitzpinklern erziehen wollte, einen Schauspieler gut finden, dessen schönster Ort jahrelang ein blubbernder Whirlpool war, in dem er sich mit sexuell aufgeschlossenen Girls vergnügte? Einen bekennenden Säufer, der nur drei Zustände kannte: besoffen, schwer besoffen, Delirium? Ist es nicht extrem frauenfeindlich, einen Kerl einfach geil zu finden, der seine Gagen in Puffs verdampfte, der wegen Drogen im Knast und keiner Frau treu war, der, kurz und schmerzlich gesagt, alles niet- und nagelte, was nicht bei drei auf den Bäumen war?
Ja, es gehört schon etwas Mut dazu, als Frau ein Heiner-Lauterbach-Fan zu sein. Sein Ruf ist Donnerhall im Quadrat. Sein Machoimage schwankt zwischen Dieter Bohlen, Dieter Wedel und Roberto Blanco. Seine Angriffsfläche ist so groß, dass sie eine eigene Postleitzahl braucht.
Trotzdem - ich bekenne mich. Ich mag Heiner Lauterbach, weil er mal ein richtig wilder Kerl war, der es krachen ließ, und keiner dieser Weichlinge, die beim Sex ständig: "Ist es schön so für dich, mein Engelshaar?" flüstern, während sie mit vor Aufregung klammen Fingern an einem herumzupfen. Heiner, da bin ich sicher, weiß, was Frauen wünschen. Er sieht aus wie ein Mann, der gut im Bett ist, und das ist sexy. So viele gibt es ja leider nicht von dieser Sorte.
Ich mag ihn
, weil er bis zum Anschlag gelebt, gesoffen und geraucht hat und mir Männer, die nur Wasser trinken und cholesterinbesessen an der Tofusprosse lutschen, zutiefst suspekt sind. Ich mag ihn, weil er kein Frauenversteher ist, denn Männer können uns sowieso nie verstehen. Er ist brutal ehrlich und keiner dieser zum Gähnen gutmenschigen Promis, die nur noch über ihre Stiftungen für Aidswaisen oder verprügelte Frauen quatschen. Heiner redet Tacheles, übers Ficken, übers Saufen und über Filme, die er besser nicht gemacht hätte, weil er vorher das Drehbuch nicht gelesen hat. Das finde ich wahnsinnig erfrischend.
Und außerdem mag ich ihn als Schauspieler, der mit seinem Gesicht einfach ein Schweineglück gehabt hat, denn es ist eines, in das man stundenlang hineinschauen kann, ohne sich zu langweilen, und dem man jede Rolle glaubt. Na gut, als Springer ("Der Verleger") war er eine Katastrophe, und auch den Priester ("Eine Liebe in Afrika") sollte er in Zukunft knicken. Geschenkt. Fehler machen wir alle. Und dass er zu seinem 50. Geburtstag Schröder und Kohl einlud, die natürlich beide nicht erschienen sind, kommt einen Hauch peinlich rüber. Seine öffentlichen Äußerungen legen manchmal den Verdacht nahe, er sei nicht der Allerschlaueste, aber im Fernsehen merkt man ja nichts davon. Wenn er dann auch noch mit Brille spielt, könnte man seinen IQ glatt für vierstellig halten. Das ist eben wahre Schauspielkunst, und nur darauf kommt es an. Inzwischen, nach rund 150 Filmen, wirkt er so entspannend wie ein guter Bourbon. Schief gehen kann nicht mehr viel, denn wenn Heiner mitspielt, ist er immer Quotengarant; die A-Liste aller Sender wird schon seit vielen Jahren von Veronica Ferres und ihm angeführt. Man spricht von 15000 Euro Gage pro Tag.
Dass er die meisten seiner Filme, so jedenfalls legt die Lektüre seines Buches nahe, in restlos verkatertem Zustand gedreht hat, ist ihnen nicht anzumerken. Ich finde das bemerkenswert: mit den Kumpels eine Horde Girls beglücken, dabei Drogen jeder Machart reinpfeifen, und frühmorgens dann des Drehbuchdialogs halbwegs mächtig in der Maske erscheinen. Und Action!
Wir wissen, dass diese Zeit für immer vorbei ist, und die Art, wie Heiner Lauterbach seine Lebenskrise gemeistert hat, soll ihm erst mal jemand nachmachen. Er hat die Vollbremse gezogen, erst mit Saufen, dann mit Rauchen aufgehört, ohne Klinik, ohne sich beim Psychiater auf die Couch zu legen, ohne öffentliche Jammerei. Dass ihm dabei ein quietschsauberes, knalljunges Mädel geholfen hat, ist natürlich ein Privileg, das gleichaltrige Frauen nicht haben, aber wir sind nicht neidisch, sondern wir danken ihr, dazu beigetragen zu haben, dass der Heiner jetzt mit 52 Jahren wirklich einen Superbody hat. Er sieht, auch so eine Ungerechtigkeit der Natur, in seiner sechsten Dekade einfach sensationell gut aus. Und immer noch sehr, sehr männlich. Jetzt wirbt er zwar nicht mehr für Potenzmittel, sondern für Bio-Kost und weiß, wie viele Kalorien ein Glas Wein hat (160), jetzt hebt er auf Fotos leider nicht mehr die Brüste von Jenny Elvers hoch, sondern schwenkt seine Tochter Maya durch die Luft, aber damit müssen wir Lauterbach-Fans weiterleben. Und dieses ganz leichte Funkeln hat er sich ja zum Glück bewahrt. Wie er es vermutlich ausdrücken würde: "Keine schwule Betroffenheit, Mädels."