Der König fuhr Eisenbahn, immerhin eine englische Erfindung. King Charles III. und seine Frau Camilla sind am Freitag mit einem ICE der Deutschen Bahn von Berlin nach Hamburg gereist, zur letzten Station ihres Deutschlandbesuchs.
Das Bemerkenswerte: Das royale Paar legte die rund 290 Kilometer nicht in einem Sonderzug zurück, sondern in einem regulären – ein paar Extras gab es trotzdem. ICE 804 ("hohe Auslastung erwartet") fuhr fahrplanmäßig um 10.38 Uhr von Gleis 8 des Berliner Hauptbahnhofes ab. Der aus München kommende Zug hatte zwar schon am Freitagmorgen wenige Minuten Verspätung eingesammelt, konnte diese aber bis zur Hauptstadt wieder aufholen.
Charles III. und Camilla reisen im ICE von Berlin nach Hamburg
Am Abfahrtsbahnhof wurde Charles und Camilla der Rote Teppich ausgerollt, es herrschten erhöhte Sicherheitsvorkehrungen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Ehefrau Elke Büdenbender, die den britischen Monarchen und seine Gemahlin nach Hamburg begleiteten, nahmen die beiden gemeinsam mit Bahnchef Richard Lutz am Berliner Hauptbahnhof in Empfang, ehe es in den Zug ging.

Dort waren für die Delegation eineinhalb Wagen der ersten Klasse reserviert, wie das Nachrichtenportal T-Online aus einem internen Schreiben der Deutschen Bahn erfuhr. Das Königspaar hat die Zugfahrt demnach Anfang des Jahres gebucht und selbst bezahlt. Der reguläre Preis für die Verbindung liegt laut Auskunft der Deutschen Bahn bei 161,40 Euro pro Person, inklusive Sitzplatzreservierung (der König nahm in Wagen 14 auf Sitz 104 Platz). Ob Charles und Camilla einen Sparpreis in Anspruch genommen haben, ist nicht bekannt.
ICE 804 wird von den Triebzügen der neuesten Baureihe gefahren, dem Modell ICE 4. Die Züge sind bis zu 250 Stundenkilometer schnell und gelten als die Paradepferde der Deutschen Bahn.
Trainspotter haben schon vor der Abfahrt in Berlin ausgemacht, dass die Bahn für die royalen Passagiere ein besonderes Modell auf die Gleise gestellt hat. Der Triebzug mit der internen Nummer 9457 wurde anlässlich des Jubiläums "30 Jahre ICE-Verkehr in Deutschland" vor zwei Jahren auf den Namen "Bundesrepublik Deutschland" getauft. Statt des markanten roten Streifens ziert eine Banderole in Schwarz-Rot-Gold den 374 Meter langen Hochgeschwindigkeitszug.
Spezielle Teeauswahl für royale Passagiere
Früher hielt die Deutsche Bundesbahn spezielle Salonwagen für hochrangige Politiker bereit. Der sogenannte Kanzlerzug, genutzt unter anderem von Konrad Adenauer, Willy Brandt und Helmut Schmidt, war legendär. Doch die Zeit der Luxuszüge bei der Deutschen Bahn ist vorbei. Stattdessen, so berichtete der "Spiegel" im vergangenen Jahr, greift bei prominenten Fahrgästen an Bord die Konzernrichtlinie 199, Modul 1 ("Reisen nach Sondervorschrift"). Sie soll demnach sicherstellen, dass alle relevanten Stellen, vom Lokführer über die Angestellten im Bordrestaurant bis zu Mitarbeiterinnen in den Stellwerken und Leitstellen Bescheid wissen, wer sich an Bord befindet und dass der Zug mit Vorrang und Hingabe durchs Land geleitet wird. "Der betroffene Zug werde besonders getestet – Klimaanlage! – sowie grundgereinigt. Bestünden nur geringste Zweifel an seiner Funktionsfähigkeit, würde der Zug vor Abfahrt, wenn möglich, noch schnell ausgewechselt", schrieb das Nachrichtenmagazin. Die Bahn begründete diesen Extraaufwand unter anderem mit "dem besonderen Schutz- und Sicherheitsbedürfnis".
Zurück in den ICE 804. Während der knapp zweistündigen Fahrt konnten König Charles und Camilla es sich auf "großzügigen, komfortablen Sitzen" gemütlich machen, wie die Deutsche Bahn ihren Fahrgästen der ersten Klasse verspricht, sowie "ein innovatives tageszeitabhängiges Beleuchtungssystem" genießen und die "neueste WLAN und Telefonie-Technologie" nutzen.
Wie aus dem internen Bahnschreiben hervorging, sollte dem royalen Paar jedoch noch eine andere Annehmlichkeit bereitet werden. Statt der für gewöhnliche Reisende im Speisewagen oder beim Am-Platz-Service erhältlichen Teesorten (Spearminze und Earl-Grey-Mischung, ab 3,50 Euro) habe die Deutsche Bahn den beiden "extra eine Auswahl ihrer Lieblingstees zusammengestellt".
Die Ankunft des Zuges in Hamburg war um 12.32 Uhr geplant, der Zug traf pünktlich am Bahnhof Dammtor ein, ehe es für den ICE weiter Richtung Kiel ging. In der Hansestadt gab es eine weitere Extrabehandlung für den Herrscher des Vereinigten Königreichs und seine Frau. Denn planmäßig durchfährt ICE 804 den Bahnhof Hamburg-Dammtor, an diesem Freitag legte er dort einen Stopp ein, um der Delegation das Aussteigen zu ermöglichen. Vor dem Südausgang des Bahnhofs wollten König Charles und Camilla das Denkmal "Kindertransport – Der letzte Abschied" besuchen, das an die Rettung von rund 1000 als jüdisch geltenden Kindern aus Hamburg nach Großbritannien während der NS-Zeit erinnert.
Der König am "Kaiserbahnhof"
Auch am Dammtorbahnhof wurde den königlichen Staatsgästen zumindest sinnbildlich der Rote Teppich ausgerollt, für den 1903 eröffneten Prunkbau nichts Besonderes: Zweck des Bahnhofes war es von Anfang an auch, Staatsbesuchen zu dienen; er trägt den Beinamen "Kaiserbahnhof". Auch Charles' Mutter, Queen Elizabeth II., stieg hier schon aus. Anlässlich ihres ersten Staatsbesuchs in Deutschland 1965 wurde sie von Hamburgs damaligem Ersten Bürgermeister Paul Nevermann am Dammtor empfangen.
König Charles kommt nach Hamburg – und weckt Erinnerungen an einen legendären Queen-Besuch in der Hansestadt

58 Jahre später haben Nevermanns Nachfolger Peter Tschentscher und seine Ehefrau Eva-Maria ihre Gäste am Bahnhof begrüßt und sollten sie anschließend unter anderem ins Rathaus begleiten, wo ein Eintrag ins Goldene Buch der Stadt auf dem Programm stand. Später sollte eine Hafenrundfahrt folgen, ehe der Staatsbesuch mit einem Empfang auf Einladung der britischen Botschaft endet.
Die Abreise von König Charles III. und Camilla aus Deutschland erfolgt dann jedoch nicht mit der Bahn, sondern mit dem Flugzeug. In Großbritannien hat die royale Familie übrigens seit 1842 einen eigenen Zug: der bis zu 160 Stundenkilometer schnelle "Royal Train" für Reisen durch das Königreich. Der britische Monarch gilt als begeisterter Bahnfahrer. "Maximal neun Wagen stehen der Königsfamilie zur Verfügung, darunter Schlafzimmer, ein Esszimmer, private Salons und ein Arbeitszimmer. Der Zug ist in einem dunklen Bordeaux gestrichen, drinnen finden sich schlichte Polsterstühle, gemusterte Sofas, helle Teppichböden", schreibt das Betreiberunternehmen des Königszuges. Es ist seit 2004: die Deutsche Bahn.
Quellen: Fahrplan Deutsche Bahn, T-Online, Preisauskunft Deutsche Bahn, Deutsche Bahn zum ICE 4 "Bundesrepublik Deutschland", "Spiegel", Bundespräsidialamt, Hamburger Senat, Deutsche Bahn zum "Royal Train", Nachrichtenagenturen DPA und AFP.